Urlaub in der Türkei, das bedeutet für viele Menschen in Deutschland, die das Privileg haben, in einer imperialistischen Nation zu leben, Erholung von Ausbeutung und Unterdrückung, und für nicht wenige auch Urlaub in der Heimat. Für die Türkei ist der Tourismus eine existentielle Einnahmequelle. Daher bereitet sich die Branche mit umfangreichen Mitteln darauf vor, dass die ausländischen Urlauber ein möglichst volles Programm bekommen können, ohne dass die Hygiene abhanden kommt. So erhielt z.B. der Flughafen Istanbul am 12.08. als erster weltweit eine Gesundheitsakkreditierung vom Airports Council International (ACI), dem Internationalen Dachverband der Flughafenbetreiber. Das ist eine Art Bestätigung, dass der Flughafen für ein ausreichend Hygienemaßnahmen gewährleistet, die den Anforderungen der angeschlagenen internationalen Luftfahrtbranche in der Pandemie entsprechen.

Außerhalb der Strände und Hotels ist die Situation ganz anders. Erst Sonntag verkündete das Innenministerium die Einberufung sogenannter „Nachbarschafts-Inspektionsteams“ – staatliche Kräfte in Zusammenarbeit mit jeweiligen lokalen Reaktionären –, die die Einhaltung der „Hygienemaßnahmen“ kontrollieren. Zudem würden „alle erforderlichen Maßnahmen – einschließlich elektronisch gesteuerter Optionen“ – ergriffen werden, um die Isolationsregeln für unter Quarantäne stehende Menschen durchzupeitschen. Und allein für über 65-jährige gilt als Risikogruppe eine Ausgangssperre vor 10 und nach 20 Uhr. Deutsche Touristen sind davon übrigens ausgenommen, für deren Hygiene soll ja bestens gesorgt sein.

Das Auswärtige Amt des deutschen Staates hat im Juni für die Türkei eine offizielle Reisewarnung ausgegeben, die jetzt in Teilen aufgehoben wurde, obwohl die Türkei noch als „Risikogebiet“ gilt. Und auch wenn es Firmen gibt, die mit direkter zweiwöchiger Quarantäne bis hin zu Entlassungen drohen (eigentlich ein massiver Eingriff in die „Persönlichkeitsrechte“, aber Ausnahmezustand macht‘s möglich), ist die allgemeine Tendenz der deutschen Bourgeoisie doch, mit ein bisschen Augenrunzeln Urlaube in der Türkei zu genehmigen, um die Leute ruhig zu halten, indem sie sich erholen können. Somit haben sowohl die Imperialisten, als auch die Türkei, die finanziell am Tourismus hängt, ein Interesse an der Erhaltung der Urlaubsmöglichkeiten trotz der Pandemie. Außenminister Heiko Maas (SPD) bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, entscheidend sei allein die Sicherheit der Reisenden. Das Volk in einer unterdrückten Nation hat mal wieder das Nachsehen, wenn es darum geht, in imperialistischen Ländern den „sozialen Frieden“ aufrechtzuerhalten.