Die repräsentative Demokratie ist – laut bürgerlicher Auffassung – in Gefahr. Im Zuge der kapitalistischen Überproduktionskrise und der infolge steigenden Arbeitslosigkeit, gemengt mit Lohnkürzungen und Sozialabbau, birgt der Klassenkampf für die Bourgeoise eine explosive Sprengkraft, welche die alte Wirtschaftsordnung zu Fall bringen kann, d.h. in erwartbarer Zukunft zu Fall bringen wird.
Den Herrschenden ist vermittels dieser Erkenntnis klar, dass besonders das Ansehen der „repräsentativen Demokratie“ hierunter leide. In Deutschland resultiert das im hohen Nichtwähleranteil zu Landtags-, Bundestags- und Europawahlen1 sowie der sich stetig entwickelnden „antiestablishment“-Bewegung, sowie dem erstarken von revolutionären Kräften.
Und das ist gut. Denn wie Lenin in „Staat und Revolution“ schrieb, dient die bürgerlich-demokratische Fassade nur dem herrschenden Machterhalt und verdeckt die Ausbeutung:
„Die demokratische Republik ist die denkbar beste politische Hülle des Kapitalismus, und daher begründet das Kapital, nachdem es (durch die Paltschinski, Tschernow, Zereteli und Co.) von dieser besten Hülle Besitz ergriffen hat, seine Macht derart zuverlässig, derart sicher, dass kein Wechsel, weder der Personen noch der Institutionen noch der Parteien der bürgerlich-demokratischen Republik, diese Macht erschüttern kann.“2
Bzw. in „Über den Staat“
„In welche Formen immer die Republik sich hüllt, mag sie die allerdemokratischste Republik sein, wenn sie jedoch eine bürgerliche Republik ist, wenn in ihr das Privateigentum am Grund und Boden, an den Fabriken und Werken bestehengeblieben ist und das Privatkapital die ganze Gesellschaft in Lohnsklaverei hält. (...) dann ist dieser Staat eine Maschine, um die einen durch die anderen zu unterdrücken.“3
Denn:
„(…) solange es Ausbeutung gibt, kann es keine Gleichheit geben."4
Und erinnern wir uns stets der Worte Genosse Stalins, dass „[d]er Staat (..) eine Maschine in den Händen der herrschenden Klasse zur Unterdrückung des Widerstands ihrer Klassengegner. [ist]“5 bzw. Lenin „Der Staat (...) eine Maschine zur Aufrechterhaltung der Herrschaft einer Klasse über eine andere. [ist]“.6 Denn jeder Staat ist ein Klassenstaat, im Interesse und unter Herrschaft einer Klasse.
In der bürgerlichen Gesellschaft regiert und herrscht die Bourgeoisie und nicht die absolute Majorität des Volks, die Arbeiterklasse, wie es uns die Bourgeoisie gerne einzureden versucht. Gleichwohl in großen Lettern in allen Ländern der Welt prangt, dass Demokratie die Herrschaft des Volkes sei, steht eigentlich zwischen den Zeilen Herrschaft über das Volk.
Die Folge von alldem ist Misstrauen gegenüber den bürgerlichen Institutionen und seinen Organen. Dasselbe folgert auch der economist, jedoch unter falscher Lesart, was aus der bürgerlichen Analyse der Gesellschaft resultiert, die keine Klassen und Klassenkämpfe kennt. Am Beispiel der USA erklären sie:
„Whether you support them or not, Mr Trump and his fellow populists came to power as a response to the failings of democratic governments. In rich countries working-class voters came to believe that politicians did not care about them, after their living standards stagnated and they became worried about immigration. In central and eastern Europe governments seeking to join the EUpaid more heed to Brussels than their own voters. In developing countries corruption sent the message that the ruling classes were chiefly interested in their own bank accounts.“7
Die Ungleugbarkeit des Scheitern ihrer Wirtschaftsordnung muss nun selbst die Bourgeoisie eingestehen. Sie weigern sich freilich beharrlich anzuerkennen, dass sich ihre Ausbeutungsordnung selbst bereits überlebt hat und versuchen durch Sozialdemokratie einen Klassenfrieden herbeizuführen, werden damit jedoch zwangsläufig scheitern. Denn der Staat ist ein Klassenstaat. Und der Klassenkampf lässt sich nicht aufhalten. Das ist ein Gesetz, denn solange Ausbeutung existiert, und diese ist existentiell für die Ausbeuterklasse, können keine sozialen Reformen oder Veränderungen an der Form des Staates sein Wesen (den Inhalt) abändern. Somit existiert die Ausbeutung fort und der Repressionsapparat des Staates wird die Ausgebeuteten fortan weiter unterdrücken. Doch da Unterdrückung stets Widerstand hervorruft, kann der Klassenkampf niemals gänzlich unterdrückt werden.
1 Nichtwähler EU 2014 51,9%, 2019 38,6% https://de.wikipedia.org/wiki/Nichtw%C3%A4hler#/media/Datei:Europawahlen_in_Deutschland_Nichtw%C3%A4hleranteile_und_Aussch%C3%B6pfungsquoten_seit_1979.svg Nichtwähler Bundestagswahlen 2013 28,5%, 2017 23,8% https://de.wikipedia.org/wiki/Nichtw%C3%A4hler#/media/Datei:Bundestagswahlen_seit_1949_unter_Beachtung_der_Nichtw%C3%A4hler.svg
2Lenin, Werke, Bd.25, „Staat und Revolution“
3Lenin, Werke, Bd.29, „Über den Staat“
4Ebd.
5Stalin, Werke, Bd.6, „Über die Grundlagen des Leninismus“
6Lenin, Werke, Bd.29, „Über den Staat“
7https://www.economist.com/leaders/2020/11/26/democracy-contains-the-seeds-of-its-own-recovery