Gerade einmal sechs Monate ist der Opportunist Pedro Castillo Präsident des alten peruanischen Staates. Schon von Anfang an befand sich sein Regime in einer starken politischen Krise, als Ausdruck der Krise der Demokratie. Schon in der Wahl zeigte sich die starke Ablehnung des peruanischen Volkes der Wahlfarce und der möglichen Präsidentschaftskandidaten (vor allem Castillo und die Tochter des ehemaligen faschistischen Machthabers Fujimori). In der ersten Runde der Wahlen erhielt Castillo nur knapp 11 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten (2,7 Millionen Stimmen von insgesamt über 25 Millionen Wahlberechtigten). In der zweiten Runde, einer Stichwahl zwischen ihm und Keiko Fujimori, waren es 35 Prozent (mit nicht einmal 50.000 Stimmen Vorsprung vor seiner Konkurrentin).

Erschwerend für das neue Regime kam hinzu, dass Castillo nie der Wunschkandidat seiner Partei war. Die beiden wichtigsten Figuren der Partei „Peru Libre“ sind die Brüder Vladimir und Waldemar Cerrón, ersterer ist Generalsekretär und letzterer Sprecher der Partei im Parlament. Nur konnte der Generalsekretär nicht als Präsidentschaftskandidat antreten, da er durch einen Korruptionsverdacht vorbelastet war. So war der – wie so oft in der bürgerlichen Presse betont – unerfahrene und unbekannte Castillo an der Reihe, da diese Partei anscheinend nicht in der Lage war einen bekannteren Kandidaten zu finden, der nicht im Korruptionssumpf steckt. Castillo trat an als Kandidat einer Partei, die er nicht wirklich hinter sich hat und die selber auch vergleichsweise jung ist. Erst 2016 wurde sie als offizielle Partei registriert, gegründet wurde sie offiziell 2008. „Peru Libre“ hat entsprechend keine gefestigte Basis und so auch ihr Präsident.

Somit hatte die Regentschaft des aktuellen Präsidenten unter keinem guten Stern das Licht der Welt erblickt. So ist auch die peruanische Regierung unter diesen schwierigen Vorzeichen zustande gekommen. Das führte von Anfang an zu Problemen und Castillo war Anfang Februar diesen Jahres gezwungen sein Regierungskabinett zum dritten Mal in sechs Monaten umzubilden. Darunter auch der dritte Ministerpräsident in seiner Amtszeit Héctor Valer1, der nun schon nach drei Tagen im Amt wieder das Handtuch warf, angeblich wegen Vorwürfen häuslicher Gewalt gegen seine inzwischen verstorbene Frau und seine Tochter. Er selber lehnte die Vorwürfe ab, gab den Posten aber trotzdem auf.

Wirft man einen Blick auf das dritte Kabinett der peruanischen Regierung (also vor Valers Rücktritt), dann sind gerade einmal zwei Minister (für Entwicklung und soziale Inklusion und für Arbeit) von der Partei des Präsidenten besetzt, zwölf (inklusive Valer) sind als „unabhängige“ ausgewiesen und fünf kommen von anderen politischen Parteien. Von einer einheitlichen, stabilen Regierung ist also nicht zu reden. Mehrere zurückgetretene Minister sprachen von der Existenz eines „Schattenkabinetts“, in dem öffentliche Verträge und staatliche Positionen verhandelt und verteilt werden. Und nun hat Castillo das vierte Kabinett seiner Präsidentschaft benannt. Der ehemalige Minister für Justiz und Menschenrechte, Aníbal Torres, wurde zum Ministerpräsidenten berufen. Vier Minissterposten sind jetzt mit Mitgliedern von „Peru Libre“ besetzt, drei von anderen Parteien und weiter zwölf von „unabhängigen“.2 Doch es ist unwahrscheinlich, dass mit dieser vierten Regierung Stabilität einkehrt, denn in der bürgerlichen Presse Perus wird bereits davon berichtet, dass gegen den neuen Gesundheitsminister, Hernán Condori, wegen Korruption ermittelt wird.3 Eine weitere Erneuerung des Kabinetts ist also nur eine Frage der Zeit.

Ein weiteres Problem für den Reaktionär Castillo besteht im Parlament. „Peru Libre“ hat hier mit 37 Sitzen nicht einmal 30 Prozent aller Sitze im Parlament, das heißt „Peru Libre“ (und entsprechend Castillo) hat keinerlei Kontrolle im Parlament. Insgesamt ist das peruanische Parlament stark fragmentiert die insgesamt 130 Sitze verteilten sich nach der letzten Wahl auf zehn Parteien. Es gibt also keine starke Mehrheit überhaupt, die einer Regierung erlauben würden ihre Vorhaben in parlamentarischer Gesetzgebung eigenständig umzusetzen. Was bleibt ist entweder Ränkeschmieden – also Deals mit bestimmten Parteien – oder das gleiche wie es die herrschenden Klassen seit Jahrzehnten in Peru praktizieren, Dekretgesetzgebung durch den Präsidenten. Allerdings benötigte Castillo dafür zumindest den Rückhalt seiner eigenen Partei und ihrer tatsächlichen Machthaber, den Cerrón Brüdern, um langfristig bestehen zu können. Doch nun wird der Opportunismus Castillos bei der Zusammenstellung seiner Kabinette, der durch die andauernde instabile politische Situation noch zusehends verstärkt wird, auch für die Machthaber von „Peru Libre“ zum Problem. So äußerte sich Vladimir Cerrón kürzlich darüber, dass die Entscheidungen Castillos „falsch“ seien und er inzwischen „rechts“ sei.4 Er scheint Castillo los werden zu wollen.5

Castillo steht offensichtlich mit dem Rücken zur Wand. Seine eigene Regentschaft zu erhalten zwingt ihn dazu immer neue Leute, mit ihren eigenen Interessen in die Kabinette zu berufen, was wiederum dazu führt, dass es noch mehr Unstimmigkeiten innerhalb der Regierung selbst gibt. Eine Spirale die sich, mit der Ernennung eines vierten Kabinetts in sechs Monaten, immer weiter beschleunigt. Ein letzter Ausweg bleibt dem Tollpatsch Castillo noch in diesem Moment, das Parlament muss ihn aus dem Amt entfernen oder er braucht eine Situation in der laut rufen kann „Putsch!“, um damit eine Massenbewegung auf die Straße zu bringen, um „die Demokratie zu verteidigen“. Castillos Wahl war für die herrschenden Klassen Perus ohnehin nur akzeptabel, um die Volksbewegung und die Proteste unter Kontrolle zu bekommen. Unter den Staatsbeamten und der Armee hatte seine Wahl nie Rückhalt, sie sind eher Anhänger des Fujimori-Clans.

Es zeigt sich wie sich die politische Krise in Peru verschärft, als ein Ausdruck der Krise des bürokratischen Kapitalismus, der nicht in der Lage ist ein stabiles politisches Regime zu generieren, was ein Ausdruck der Krise der Demokratie, konkretisiert in den halbfeudalen und halbkolonialen Ländern, ist. Alles innerhalb der Zersetzung des Imperialismus, der seinem endgültigen Ende entgegen geht, so auch in dem halbkolonialen und halbfeudalen Land, in dem sich ein bürokratischer – d.h. vom imperialistischen Finanzkapital abhängiger – Kapitalismus entfaltet. Es ist eine Krise des politischen Systems, die nicht erst seit der Präsidentschaft Castillos besteht. Seit 2015 hatte Peru sechs Präsidenten (siehe Grafik). Das System ist dem Untergang geweiht.

 

Presidents of Peru Timetable 2022

 

Wieder einmal bestätigt sich, dass die Oben nicht mehr so weiter machen können wie bisher und, dass die Unten nicht mehr so weiter leben können wie bisher hat sich mit dem Ausbruch der Überproduktionskrise und in der Corona-Pandemie wieder gezeigt. Es herrscht eine stark entwickelte revolutionäre Situation in Peru vor. Die Massen konnten ihre Kraft in dieser Situation bisher nicht voll entfalten, weil ihnen die notwendige Führung fehlt, die Allgemeine Reorganisierung der Kommunistischen Partei Perus ist eine ausstehende Aufgabe, die die Kommunisten des Landes zu erfüllen haben und erfüllen werden, um dem Volkskrieg neue Impulse zu geben. Sie haben die notwendige ideologische Bewaffnung dafür, den höchsten Ausdruck des Marxismus heute, gegeben vom Vorsitzenden Gonzalo: das Gonzalodenken.

 


1Valer ist Anhänger der ultrareaktionären Sekte der katholischen Kirche „Opus Dei“. Früher war er Mitglied der Partei APRA, dessen Präsident verantwortlich war für den Genozid in den Leuchtenden Schützengräben des Kampfes am 19. Juni 1986. Valer war Mitglied in unterschiedlichen anderen Parteien, sein Mandat als Ministerpräsident hat er erhalten als durch die ultrarechte Partei „Renovación Popular“, von der er sich allerdings vor Amtsantritt distanzierte, sowie die Partei sich von ihm. Mit einigen anderen (vor allem ehemalige „Peru Libre“ Mitglieder) gründete er gerade eine neue Partei, die „Perú Democrático“.
3La Republica, „Nuevo ministro de Salud, Hernán Condori, es investigado por presuntos actos de corrupción“, 09. Februar 2022
4Caretas, „Vladimir Cerrón: ‚Si el Gobierno se desvía, el partido rectifica la línea‘“, 07. Februar 2022
5In der zitierten Stellungnahme spricht Cerrón auch davon, dass es seit dem Kabinett von Bellido (Premierminister des ersten Kabinetts unter Castillo) kein „linkes“ Kabinett mehr gegeben hätte. Es muss daran erinner werden, dass es dieses Kabinett war, das mit Beteiligung einiger Vertreter der Ratten der zweiten Rechtsopportunistischen Linie (ROL) – geführt von der Ratte Miriam – war, das die Ermordung des Vorsitzenden Gonzalo nach fast 30 Jahren Kriegsgefangenschaft und die anschließende Vertuschung, realisiert hat. Nachdem sie ihre dreckige Tat vollendet hatten, wurden die Ratten der ROL aus ihrem Henkerdienst entlassen und ein neues Kabinett zusammen gestellt. Das ist das „linke Kabinett“ von Cerrón spricht.