Seit Monaten kocht ein alter Konflikt in den Provinzen der Südosttürkei/Nordkurdistans wieder hoch. Konkret geht es um die Auseinandersetzung zwischen der Dicle Elektrizitätsverteilungsgesellschaft auf der einen Seite und der Bauernschaft auf der anderen Seite. Gründe dafür gibt es reichlich.

Der Hauptkonflikt mit der DEDAŞ wie die Elektrizitätsgesellschaft meistens genannt wird, dreht sich darum das diese mit verschiedenen Mitteln „Schulden“ von den Bauern eintreibt. Dabei geht die DEDAŞ rigoros mit eigenen Mannschaften unter Mithilfe der alten türkischen Armee gegen die arme Landbevölkerung vor.

Im Juli drangen Mitarbeiter der DEDAŞ zusammen mit Soldaten in die ländlichen Viertel von Qesra Qenco der Provinz Mardin ein um „unbezahlte Schulden“ mit der Demontage von vier Transformatoren einzutreiben. Nach einem Streit zwischen Bauern und Soldaten wurden die Transformatoren abgebaut und die Bauern blieben ohne Strom.

dedasjuli

Vor einigen Tagen kam es in Mardin wieder zu einer regelrechten Razzia von DEDAŞ-Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit hunderten Soldaten der türkischen Armee. Dieses Mal wurde der Sürgücü-Bezirk morgens durch eine Kolonne gepanzerter Militärfahrzeuge regelrecht besetzt, mit dem Ziel die Stromzähler aus den Häusern zu entfernen. Doch dieses Mal traf die Razzia auf Widerstand aus den Reihen der lokalen Bevölkerung, welche die Straße blockierte und Soldaten wie dem DEDAŞ-Team den Eintritt zum Viertel verweigerte. Nach einem Streit zwischen Anwohnern und Soldaten, attackierten die Soldaten die protestierenden Anwohner mit Pfefferspray und Wasserwerfern, wodurch sich die Lage weiter aufheizte. Die Spannungen wurden jedoch durch das Eintreffen und die Intervention einer Delegation der DEM-Partei beschwichtigt und der Strom nach weiteren Verhandlungen wiederhergestellt.

dedasprotestmardin

Protestierende Einwohner in Mardin.

Doch auch danach kam es wieder zu Angriffen von Soldaten auf die Dorfbewohner, welche ihrerseits mit Steinen zurückschlugen. Dabei sollen Soldaten angefangen haben mit scharfer Munition in die Luft zu schießen, was ein Feuer in einem benachbarten Waldgebiet ausgelöst hat. Aktuell blockieren die Einwohner weiterhin die Straßen, was zum temporären Rückzug der Soldaten geführt hat.

Heute ist auf der Nachrichtenseite der demokratischen und revolutionären, türkischen Zeitung „Yeni Demokrasi“ ein Artikel erschienen, der von einer weiteren DEDAŞ-Razzia mit Beteiligung von Soldaten in einem Bezirk der Provinz Diyarbakır berichtet. Im Zuge dessen soll eine große Anzahl an Soldaten erneut in gepanzerten Fahrzeugen das Viertel Hacîya Kûrda gestürmt haben, um ebenfalls die Stromzähler aus den Häusern zu entfernen. Die Soldaten drohten den Bewohnern des Viertels bei Widerstand mit der gewaltsamen Abstellung des Stroms. Die Besonderheit bei dieser Razzia war, dass die DEDAŞ selber nicht anwesend war, um die Aktion durchzusetzen, sondern ein Soldat vorgab die Interessen der Stromgesellschaft zu vertreten. Dieser drohte aufgrund des Widerstandes der Anwohner an mit weiterer Verstärkung wiederzukommen, bevor sich die Soldaten zurückzogen.

dedasbismil
Bilder der Razzia im Bezirk Bismil in Diyarbakır


Alle Bilder sind den jeweiligen verlinkten Artikeln entnommen.