Wir veröffentlichen hier einen der vielen Artikel aus dem KLASSENSTANDPUNKT Nr.19. Wir gehen davon aus das die Genossen der Roten Presse, sobald es ihnen möglich ist, die gesamte Ausgabe veröffentlichen werden.

 

Die ideologische Zersetzung des Imperialismus

Die ideologische Zersetzung des Imperialismus kommt zum Ausdruck in der immer weiter fortschreitenden ideologischen Degeneration der Bourgeoisie hin zu extremsten Formen des Individualismus. Diese hat zwei hauptsächliche Tendenzen.

Die „linke“ Form des

bürgerlichen Idealismus

Die „linke“1 Form des bürgerlichen Idealismus hat ihren Ausdruck in der sogenannten Identitätspolitik, Cancel-Culture, Dekolonisierung usw. Das Problem ist, dass unsere Genossen nicht den Prozess dieser Degeneration verstehen. Dieser Prozess der Degeneration hat einen Ursprung in der Frankfurter Schule, aber spezifischer noch bei Michel Foucault und der Diskursanalyse.

Von der Aufklärung zur Diskursanalyse – ein kurzer geschichtlicher Abriss

Die Grundlage bzw. grundlegende Methodik des Postmodernismus ist die Diskursanalyse, diese wurde maßgeblich durch Michel Foucault geprägt. Diese Methodik hat ihren Ursprung allerdings schon in der Aufklärung. Der Philosoph der Aufklärung Baruch de Spinoza2 entwickelte in seinem „Theologisch-politischen Traktat“ bereits im späten 17. Jahrhundert am Beispiel der Abhandlung der Bibel drei Grundregeln, die der Diskursanalyse in ihren Grundsätzen stark ähneln.3 Er stellt in der selben Schrift auch die folgenden Prinzipien auf:

Deshalb ist die allgemeine Regel für die Bibelerklärung, der Schrift keine Lehre zuzuschreiben, die aus der Geschichte der Bibel sich nicht klar ergiebt.“4

Aus Wundern kann dagegen Gottes göttliche Natur nicht bewiesen werden, wie ich schon dargelegt habe; nicht zu erwähnen, dass auch falsche Propheten sie verrichten konnten. Daher kann die Göttlichkeit der Schrift nur daraus sich ergeben, dass sie die wahre Tugend lehrt, und dies kann sich aus der Schrift allein ergeben. Wäre dies nicht möglich, so könnte man nicht ohne grosse Bedenken sie annehmen und ihre Göttlichkeit bezeugen. Somit muss die ganze Erkenntniss der Schrift aus ihr selbst entlehnt werden.“5

Hier zeigt sich ein idealistisches Verständnis von Schriftstücken (sei es auch die Bibel), denn der Text an sich beherbergt die Lehre, die aus ihm gezogen wird, losgelöst von der geschichtlichen Realität in der er entstanden ist. Zusätzlich wird offen deklariert, dass die Richtigkeit des Dokuments keinerlei praktischen Beweis („Wunder“) erfordert und die Erkenntnis nicht aus der Praxis kommt, sondern aus dem niedergeschrieben Text – also der Theorie – selbst.

Die grundlegenden Regeln der Abhandlung von Texten, die Spinoza aufgestellt hat, wurden aufgenommen vom Konzept der „immanenten Kritik“, das von Vertretern der „Kritischen Theorie“ der Frankfurter Schule voran gebracht wurde. Einer der wichtigsten Vertreter der Frankfurter Schule war Theodor Adorno6, der sich auch der „immanenten Kritik“ widmete. Bei diesem Konzept wird vor allem darauf zentriert Texte und ihre Aussagen zu kritisieren, indem die Aussagen eines Textes auf ihre Konsistenz geprüft werden, bzw. auf unzureichende Begründungen von Thesen und ähnlichem. Was sich hier weiter herauskristallisiert ist eine starke Loslösung von der Praxis, da es nicht mehr darum geht die Korrektheit einer Aussage mit tatsächlichen Ergebnissen (also in der Praxis) zu beweisen, sondern die Frage der Argumentation in den Vordergrund rückt. Dieses Konzept hat starke Überschneidungen mit dem Dekonstruktivismus7, ist aber deutlich eine Fortführung von Spinozas Regeln der Abhandlung von Schriftstücken.

Nach dem Tode Adornos war Jürgen Habermas8 einer der vorrangigen Vertreter der Frankfurter Schule, er brachte zusammen mit anderen die sogenannte „Konsenstheorie der Wahrheit“ voran. Diese konzentriert sich darauf, das Kriterium von Wahrheit zu attackieren. So wird auch hier nicht die Praxis zum Kriterium der Wahrheit erklärt, sondern das Argument. Ob eine Behauptung wahr ist, soll durch das „beste Argument“ herausgearbeitet werden, was auch bedeutet, dass eben keine Überprüfung in der Praxis erfolgen muss, sondern, nachdem das „perfekte Argument“ gefunden ist, soll von allen Seiten Einsicht geübt werden und die Einigung erfolgt. Derart soll die Wahrheit gefunden worden sein. Er formuliert das so:

Die Idee der Wahrheit lässt sich nur mit Bezugnahme auf die diskursive Einlösung von Geltungsansprüchen entfalten.“9

In diesem Prozess zeigt sich besonders mit der Entstehung des Imperialismus die zunehmende Degeneration der Ideologie der Bourgeoisie, und ihre enge Verknüpfung mit der Frankfurter Schule. Diese wurde maßgeblich geprägt und ihre Verbreitung in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg auch direkt gefördert, durch den Yankee-Imperialismus.10 Die entsprechende Verwirrung, die damit in der revolutionaristischen Bewegung hierzulande hervorgerufen wurde, dadurch, dass die Frankfurter Schule viele Anhänger unter den radikalen kleinbürgerlichen Intellektuellen fand,11 dient letztendlich dem Erhalt des sterbenden Systems des Imperialismus.

Eng verbunden oder zumindest gleichartige Ideen, wie sie die Frankfurter Schule besonders in ihrem späten Stadium entwickelte, fanden sich dann auch bei Michel Foucault und seiner Entwicklung der sogenannten Diskursanalyse.12 Diese stellt in ihrer Essenz ein Gegenstück zur materialistischen Dialektik dar. Die Diskursanalyse geht vom Begriff des sogenannten „Diskurs“ aus, darum ist es zunächst notwendig einen Überblick über diesen Begriff zu bekommen, der nämlich keine eindeutige Definition besitzt und besonders in der bürgerlich-politischen Öffentlichkeit („öffentlicher Diskurs“) zumeist verwirrt wird:

Der Begriff ‚discourse‘ meint im angelsächsischen Sprachalltag ein einfaches Gespräch, eine Unterhaltung zwischen verschiedenen Personen. In der französischen bzw. den romanischen Sprachen ist ‚discours‘ (‚discorso‘) eine geläufige Bezeichnung für eine ‚gelehrte Rede‘, einen Vortrag, eine Abhandlung, Predigt, Vorlesung und dergleichen mehr. Seit einigen Jahren taucht auch in der deutschen Alltagssprache der Begriff ‚Diskurs‘ auf, meist, um damit ein öffentlich diskutiertes Thema (z.B. der Hochschulreformdiskurs), eine spezifische Argumentationskette (z.B. ‚der neoliberale Diskurs‘) oder die Position/Äußerung eines Politikers, eines Verbandssprechers (etwa ‚der Gewerkschaftsdiskurs‘) usw. in einer aktuellen Debatte zu bezeichnen, zuweilen auch, um von organisierten Diskussionsprozessen zu sprechen. Dennoch ist ‚Diskurs‘ als nicht-wissenschaftlicher Begriff im Englischen und Französischen sehr viel geläufiger, und auf diesen Begriffsverständnissen beruht zum größten Teil seine wissenschaftliche Karriere. Dabei wird unter ‚Diskurs‘ auch in den Sozial- und Geisteswissenschaften sehr Unterschiedliches verstanden. Das gilt sowohl für die theoretische Konzeptualisierung im Hinblick auf disziplinspezifische Forschungsinteressen wie auch für die methodische Umsetzung in konkreten Forschungsprojekten.“13

Wichtig für die Entwicklung der Diskursanalyse ist die sogenannte Sprachtheorie von Ferdinand de Saussure (1967) zugrunde, der prägend für die philosophische Schule des Strukturalismus und Poststrukturalismus war. Auf diese beiden werden wir hier nicht tiefer eingehen, aber zusammengefasst und in einfachen Worten wiedergegeben, geht es im (Post)Strukturalismus14 darum, den Diskurs zu benutzen, um abstrakte und objektive Regelstrukturen in der Sprache bzw. im Zeichengebrauch zu entdecken („symbolische Ordnung“).

Am Ausgangspunkt der Entwicklung des Strukturalismus steht zunächst die durch den Ethnologen Claude Lévi-Strauss vermittelte Rezeption der Sprachtheorie des Genfer Sprachwissenschaftlers Ferdinand de Saussure in den französischen Sozial- und Geisteswissenschaften. Saussure entwarf einen wissenschaftlichen Begriff von Sprache, der diese als System von Zeichen – die „langue“ – begreift, das dem konkreten Sprechen und Schreiben, d.h. dem praktischen Sprachgebrauch der Individuen zugrunde liegt. Dieses Sprachsystem wird als eine historisch entstandene soziale Institution – vergleichbar dem politischen System oder dem Recht – verstanden, deren Genese auf die sprachlichen Interaktionen innerhalb einer Sprachgemeinschaft zurückgeführt werden kann. Allerdings handelt es sich dabei um ein emergentes Phänomen, das sich als Ganzes aus der Summe der einzelnen Beiträge ergeben hat, ohne damit identisch zu sein.15

Zum besseren Verständnis und stark vereinfacht könnte man die Diskursanalyse also auch als „Sprachanalyse“ bezeichnen, wobei die Methodik der Diskursanalyse sich deutlich von der herkömmlichen Sprachwissenschaft unterscheidet. Denn dem Konzept der Diskursanalyse liegt zugrunde, dass Sprache Realität schafft (bzw. „konstruiert“, um den akademischen Begriff zu verwenden) und diese anhand ihrer Symbolik und Zeichen interpretiert. Hierdurch wird bereits deutlich, wo die heutige Political-Correctness-Sprachakrobatik ihre Wurzeln hat. Doch zurück zur Diskursanalyse. Der französische Intellektuelle und Säulenheilige des Postmodernismus Michel Foucault entwickelte diese Methode bereits in seinem Werk – auch wenn er das Gegenteil behauptete – maßgeblich, wendete diese an und verhalf dieser zu zuvor ungeahnter Prominenz, vor allem mit seinem Werk „Archäologie des Wissens“.16 Doch um den Zweck der Diskursanalyse und ihren Hintergrund vollständig zu verstehen, ist es notwendig einen kurzen Blick auf die Biographie Foucaults zu werfen.

Der französische Intellektuelle war ein direkter Schüler von Louis Althusser17 und prägte seinerseits wiederum bekannte Vertreter des Postmodernismus, wie z.B. Jacques Derrida18. Er war in den 1950er Jahren eine Zeit lang Mitglied der bereits auf revisionistischen Wegen wandelnden Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF). Hier wurde er allerdings aufgrund seiner Homosexualität ausgeschlossen (bzw. wurde gegangen). Dieses Ereignis im Leben Foucaults hat eine besondere Bedeutung, in der Prägung der Diskursanalyse. Wie bereits geschildert geht die Diskursanalyse davon aus, dass die Sprache Realität schafft, entsprechend ist es nicht wichtig, was jemand in der Praxis macht oder vertritt, sondern was er sagt. So konnte dann auch Foucault behaupten, etwas zu sein, was er nicht war: nämlich Marxist (auch wenn er später davon abrückte).

Die ganze Degeneration dieses Individuums zeigte sich aber vor allem in seiner Position zur Pädophilie. Er war der Meinung, dass Kinder einvernehmliche sexuelle Beziehungen zu Erwachsenen haben könnten und setzte sich zusammen mit anderen französischen Intellektuellen für eine Legalisierung dieser ein.19 20 Im März diesen Jahres trat der Publizist Guy Sorman vor und beschuldigte Foucault 1969 in Tunesien Jungen im Alter von acht bis zehn Jahren missbraucht zu haben.21 22 Auch wenn diese Anschuldigungen nicht abschließend bewiesen sind, passen sie nur zu gut in das degenerierte Weltbild Foucaults. Dies prägt auch sein Werk, das sich mit einer Vielzahl von Schriften vor allem mit der Frage der Sexualität beschäftigt. Sein vierbändiges Werk „Sexualität und Wahrheit“ umfasst auch zwei Bücher mit den Titeln „Der Gebrauch der Lüste“ und „Die Geständnisse des Fleisches“. Dieser Fokus auf die Frage der Sexualität findet seinen Widerhall unter anderem in der heute weit verbreiteten Identitätspolitik, die ebenfalls einen starken Fokus auf diese Frage legt, doch dazu später mehr.23 Sein erstes Buch, das Teil des Werkes werden sollte, mit dem Titel „Geschichte der Sexualität“, vernichtete Foucault übrigens auf einem LSD-Trip in den USA im Death Valley.2425 In die USA unternahm Foucault auch längere Vortragsreisen in den 70ern und 80ern, vor seinem Tod.26 Es ist kein Zufall, dass sich von hier aus auch die Diskursanalyse weiter zu verbreiten beginnt, das heißt von Anfang an verbunden mit dem Yankee-Imperialismus. Die Bedeutung Foucaults in der heutigen akademischen Welt und den bürgerlichen Sozialwissenschaften sind überdeutlich oder wie es einer eben jener Akademiker selbst ausdrückte: „[…] überall sind konzeptuelle und methodische Anregungen Foucaults mit Händen zu greifen.“27

Nach diesem kurzen Abriss über das Leben und vor allem das (Nach)Wirken Foucaults gehen wir nun tiefer in die von ihm geprägte Methodik der Diskursanalyse, die notwendige Voraussetzung für den heutigen Postmodernismus war. Da wie bereits erwähnt schon hier ein höchst ungreifbarer und nach Belieben interpretierter Begriff vorliegt ist es notwendig nicht die Unterschiede der verschiedenen Auslegungen des Begriffs und der Methodik endlos zu erklären, sondern diese auf ihre allgemeinen Gemeinsamkeiten zusammen zu führen und entsprechend zu subsumieren28, damit wir nicht in einem ebenso akademischen „Diskurs“ die Orientierung verlieren. Die Ungreifbarkeit und Schwammigkeit der Diskursanalyse findet seinen Ursprung ebenfalls bereits bei Foucault, der „[…] sein Werk bekanntlich gern als ‚Werkzeugkiste‘ beschrieben [hat], aus dem sich die jeweilige Analytikerin nach Belieben die für sie nützlichen Instrumente ausborgen solle.“29 Es liegt also alleine vom pragmatischen Standpunkt eine äußerst eklektizistische Grundlage vor.

Bei der Lektüre von Foucaults „Archäologie des Wissens“ wird deutlich, wie dieses Werk prägend war für die Schaffung der Diskursanalyse. Was er als „Archäologie“ bezeichnet, ist nichts anderes, denn er schildert in dem Werk sein Vorgehen bei der Analyse der unterschiedlichen Diskurse, in diesem Zusammenhang wird auch die idealistische Natur dieser Methode offenbar. Denn die Geschichte wird analysiert auf Grundlage der Ideen. Erinnern wir uns, dass der Materialismus das Bewusstsein als Widerspiegelung der objektiven und unabhängig vom Menschen existierenden Realität versteht, der Idealismus wiederum behauptet die Welt existiere als eine Widerspiegelung des Bewusstseins. Letzteres trifft auf Foucaults „Archäologie“ zu, die vor allem versucht die Geschichte der Ideen nachzuvollziehen, aus der die Realität sich formiert bzw. „konstruiert“ wird, sprich: Idealismus. So führt es dazu, dass „Denksysteme“ untersucht werden:

Wiederum kann man ein Denksystem nur ausgehend von einer bestimmten Menge von Diskursen bestimmen. Aber diese Menge wird so behandelt, daß man jenseits der Aussagen selbst die Absicht des sprechenden Subjekts, seine bewußte Aktivität, das, was es hat sagen wollen, oder auch das unbewußte Spiel, das gegen seinen Willen in dem, das es gesagt hat, oder in den fast unwahrnehmbaren Bruchstellen seiner manifesten Worte ans Licht gekommen ist, wiederzufinden sucht; auf jeden Fall handelt es sich um die Rekonstruktion eines anderen Diskurses, um das Wiederfinden des stummen, murmelnden, unerschöpflichen Sprechens, das von innen die Stimme belebt, die man hört, um die Wiederherstellung des kleinen und unsichtbaren Textes, der den Zwischenraum der geschriebenen Zeilen durchläuft und sie manchmal umstößt. Die Analyse des Denkens ist stets allegorisch im Verhältnis zu dem Diskurs, den sie benutzt.“30

In die gleiche Kerbe schlägt Foucault mit seinem Satz (bzw. „Slogan“) vom „Tod des Autors“. Damit meint er, dass jedes geschriebene Wort, jeder Text nicht vom Autor selbst (eigenständig) entstand, sondern das Denken und Schreiben des Autors selbst bereits geprägt ist durch sein eigenes Leben, durch seine eigene Ansammlung von Wissen, das wiederum von anderen (älteren) Autoren verfasst wurde, welche wiederum ihr Wissen von anderen Autoren erhielten und darauf aufbauend entwickelten. In Summe heißt es also, dass es keine Wahrheit gibt, sondern nur eine Verkettung von verschiedenen Betrachtungen und Interpretationen, und unsere Vorstellung eines Autors mit eigenen Gedanken, der die Welt objektiv (bzw. sich der Objektivität annähernd) spiegeln könnte, falsch sei.

Dieser Satz Foucaults vom „Tod des Autors“ gibt einen guten Einstieg in das Verständnis des Postmodernismus. Er trennt den Text vom Autoren, das bedeutet es ist nur wichtig was gesagt wird, nicht wer es sagt. So wie er auch versucht hat das Dilemma seines eigenen miserablen Individuums zu lösen. Die gesellschaftliche Praxis des Klassenkampfes wird von der Theorie getrennt. „Sprache schafft Wirklichkeit“ bedeutet am Anfang steht die Theorie31 nicht die Praxis, die marxistische Erkenntnistheorie wird auf den Kopf gestellt und das ist schlicht und ergreifend purer Idealismus. Mit seiner „Archäologie“ schafft Foucault eine Art „historischen Idealismus“, der dem Marxismus vollkommen entgegen steht, auch wenn er versucht sich teilweise marxistische Maskierungen anzulegen.

Bevor wir uns mit dem aus der Diskursanalyse hervorgehenden Postmodernismus beschäftigen, blicken wir aber noch auf eine der heutigen Anwendungen der Diskursanalyse in der Gesellschaftswissenschaft, um den Subjektivismus, der dieser Methode innewohnt, besser nachzuvollziehen. In der Geschichtswissenschaft geht die Diskursanalyse davon aus, dass Geschichte „doppelt vermittelt“ wird. Gemeint ist damit die Vermittlung zum einen durch Quellen (das bedeutet anwesende bzw. zu der Zeit lebende Personen, die über das jeweilige Ereignis oder die Periode schreiben) und zum anderen durch ihre Darstellung (das bedeutet Geschichtsbücher usw.) und zwar in der Form von „Zeichensystemen“. Diese Grundannahme führt zu der Schlussfolgerung, dass Geschichte immer „konstruiert“ sei. Das bedeutet in der konsequenten Weiterführung dieses Konzepts, dass es keine wirkliche faktische Geschichtsschreibung gibt. Hier ist sichtbar, wie sich diese Methode ein dialektisches Antlitz geben will, denn dass die Geschichtsschreibung geprägt ist von der Klasse, die die Geschichte schreibt, also herrscht, ist korrekt, dass also die Beleuchtung und Deutung geschichtlicher Ereignisse unterschiedlich ist, ist korrekt. Oder wie es eine Binsenweisheit ausdrückt: Geschichte schreibt immer der Sieger.32 Nichtsdestotrotz gibt es eine objektive Geschichte33, die nicht davon abhängig ist, wie die subjektive Wahrnehmung einzelner Individuen war, die nicht von ihren „Narrativen“ abhängt (ein Begriff der im Postmodernismus starkes Gewicht gewinnt). Denn auch wenn es der Dialektik entspricht, die den Dingen innewohnende Widersprüchlichkeit zu untersuchen, bedeutet das nicht, dass es keine übergeordneten Wahrheiten und (geschichtliche bzw. gesellschaftliche) Gesetze gibt, die unabhängig von der Erkenntnis der Menschen existieren. Gerade, weil sie existieren und aus den materiellen Fakten hervorgehen ist es eben eine materialistische Dialektik. Die Diskursanalyse hingegen gleitet vollständig in die Metaphysik ab. Sie betrachtet die Dinge (bzw. die Ideen bzw. die Ideen und ihre materielle Grundlage) als voneinander isoliert und zwar so weit, dass eine Geschichtsschreibung, die Entwicklungsgesetze herausarbeitet, völlig unmöglich wird, sie verkommt zu einer Art Ultra-Subjektivismus. Wie sich das in der Vermittlung geschichtlicher Kenntnisse äußert, kann heutzutage eindrücklich beobachtet werden in neueren Geschichtsdokumentationen, in denen neben einer losen Beschreibung der geschichtlichen Vorgänge vor allem darauf zentriert wird unterschiedliche Einzelschicksale zu schildern, die sich in dieser geschichtlichen Periode zugetragen haben und durch z.B. Tagebücher überliefert wurden, diese sind mal mehr, mal weniger mit den prägenden Ereignissen der geschichtlichen Periode verbunden. Da diese Einzelschicksale oft durch Schauspieler in sehr emotionaler Art und Weise dargestellt werden, bekommt man den Eindruck man würde eine Folge „Game of Thrones“ oder eine mittelalterliche (bzw. andere menschliche Epoche) Seifenoper gucken. Was man tatsächlich über die geschichtliche Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und wie diese mit der gesamten Entwicklung zusammenhängt lernt, wird einem in dieser Hinsicht nicht wirklich klar, auch wenn das Interesse mancher Zuschauer durch diese Form vielleicht gesteigert wird.

Nachdem wir jetzt die Diskursanalyse in ihren allgemeinen, gemeinsamen Zügen sowie ihre praktische Bedeutung geschildert haben, gehen wir nun weiter zum aus ihr folgenden Postmodernismus.

Der Postmodernismus – eine idealistische Philosophie eines sterbenden Systems

Aus der metaphysischen Methode der Diskursanalyse und Foucaults „Tod des Autors“ geht der Postmodernismus hervor. Aufgrund der Diffusität und Beliebigkeit mit der die Diskursanalyse arbeitet, ist der Postmodernismus selber in beinahe unzählige Einzelrichtungen zersplittert, darum ist es notwendig sich nicht in den unzähligen einzelnen Richtungen zu verlieren, in denen jeder Akademiker seinen Stempel aufdrückt, so wäre es unmöglich überhaupt eine philosophische Richtung auszumachen und diese konzentriert zu erfassen, stattdessen ist es notwendig die Gemeinsamkeiten all dieser Richtungen und Strömungen zusammenzufassen und die Kritik hieran zu entwickeln. Ansonsten wäre es eine Übung, die dem Schattenboxen gleichkommt. Dabei beziehen wir uns auf den Postmodernismus als Teil der verrotteten Philosophie des sterbenden imperialistischen Systems und nicht auf die sogenannte „Postmoderne“ als Periode der bürgerlichen Geschichtsschreibung, dieser Begriff ist bereits über 150 Jahre alt, der Postmodernismus hingegen ist eine relative Neuschaffung der bürgerlichen Akademiker.

So publizierte Francois Lyotard 1979 sein Buch „Das Postmoderne Wissen“. Lyotard postuliert darin das „Ende der großen Erzählungen“ für Philosophie, Kunst, Kultur, sowie den Gesellschaftswissenschaften. Seine These in komprimierter Form lautete treffend:

In äußerster Vereinfachung kann man sagen: ‚Postmoderne‘ bedeutet, dass man den Meta-Erzählungen keinen Glauben mehr schenkt.“34

Unter Meta-Erzählungen versteht Lyotard die Aufklärung, den Idealismus und den Historismus. Unter Idealismus begreift Lyotard jedoch nicht den philosophischen Idealismus als philosophisches Gegenstück zum Materialismus, sondern das „Selbstbewusstsein nach Hegel“, das in einer „Ganzheitsideologie“ mündet. Anders gesagt: Lyotard lehnt rundweg allgemeingültige Wahrheiten ab (und folglich auch den Marxismus), indem er den Idealismusbegriff ablehnt. Dasselbe gilt hinsichtlich seines „Historismus“-Verständnisses. Lyotard lehnt nämlich zugleich eine fortwährende Entwicklung bzw. „Fortschritt“ ab, ganz konkret gar jedwede „Utopie, Freiheit und Sozialismus“.35

Stattdessen zielt der Postmodernismus als akademische Disziplin vollumfänglich auf die Sprache bzw. sogenannte Sprachspiele und lehnt zugleich andererseits sämtliche Konzepte, Anschauungen und (allgemein) Ideologien ab, die von sich meinen, anhand von empirischen Methoden und theoretischen Konzepten die Welt bestmöglich objektiv begreifen, beschreiben, beweisen und folglich praktisch verändern zu können. Alles in der Welt sei dem Postmodernismus nach subjektiv und letztendlich eine Aneinanderreihung von unterschiedlichen „Narrativen“ (d.h. (Nach)Erzählungen), also eine Verkettung von subjektiven Anschauungen.

Nach diesem kurzen Abriss über die Entstehung und die Grundthesen des Postmodernismus kommen wir nun dazu einige seiner zentralen Aspekte zusammenzufassen. Wie gesagt geht es hierbei darum die unterschiedlichen, beinahe unbestimmbaren Ausformungen dieser idealistischen Philosophie in ihrer Schnittmenge zu greifen, um jene auf diese Art und Weise fassbar zu machen. Zentrale Aspekte des Postmodernismus sind:

Erstens. Eintreten für einen radikalen Pluralismus, der sich darin äußert den „Dissens“ zur unantastbaren Hoheit zu machen, da er „strukturell im Sprechen verankert“ sei. Das bedeutet unterschiedliche Meinungen und Positionen stünden „untilgbar“ nebeneinander, was wiederum bedeutet Einheit in einer Frage herzustellen sei unmöglich. Dazu kommt aber nicht nur, dass sozusagen der Kampf der Meinungen (entgegen dem marxistischen Prinzip über Einheit und Kampf: Einheit – Kampf – höhere Einheit; entsprechend dem Kampf als absolut und der Einheit als relativ) banalisiert wird – d.h ein subjektivistischer und einseitiger Fokus auf das simple Gegen- bzw. Nebeneinanderstellen der Ideen gelegt wird –, sondern auch, dass diese Ideen, Positionen, Meinungen alle die gleiche Existenzberechtigung haben, alle sind grundlegend gleich legitim. Daher kommt das große Gewicht, dass der Postmodernismus auf die Kommunikation legt, alle sollen / müssen ihren „Narrativ“ erzählen, da jedoch alle Meinungen grundlegend gleich seien, bedeutet das auch, dass sich nie eine Meinung durchsetzen wird (der Beweis in der Praxis zählt sowieso nicht), das resultiert in der Negation von Entwicklung, obwohl angeblich Kampf geführt werde, das ist in seiner Essenz anti-dialektisch, da es die nie endende Weiterentwicklung durch den Kampf der Widersprüche negiert, wie Lyotard es bereits getan hat.

Zweitens. Starke Betonung der Emotionalität. Was die Stellung eines Ergebnisses und einer Ursache zugleich einnimmt, für die Negation der objektiven dialektischen materialistischen Betrachtung unterschiedlicher Postionen. Der Postmodernismus hat somit eine Tautologie36 geschaffen, die es ihm erlaubt auf der Basis der Gefühle eines Menschen die Existenz einer höheren Stufe der Wahrheit zu negieren. Denn, weil eine höhere Wahrheit nicht existiere, könne eine Meinung auch auf Basis der Gefühle eines anderen Menschen verworfen bzw. negiert werden. Im allgemeinen Negation, dass auf Grundlage der Praxis als Wahrheitskriterium eine höhere Wahrheit anerkannt werden muss. Der Hund beißt sich in den Schwanz. Die Gefühle eines Menschen werden zum Argument erklärt, wer kennt es nicht, der sich einmal innerhalb der „linken Szene“ bewegt hat, wenn die politische Diskussion auf einmal kastriert wird, weil jemand „Bauchschmerzen“ mit etwas hat.

Drittens. Ultra-Individualismus. Stehen das Individuum und seine vermeintlichen subjektiven Bedürfnisse und Befindlichkeiten im Vordergrund, folgt daraus eine vulgäre „Ich-Ich-Ich-Mentalität“. Insbesondere wird es als unmöglich empfunden sich einer höheren Sache zu verschreiben, die wichtiger ist als das eigene Ego, was auch bedeutet, dass man sich nicht den Härten des Kampfes, die dieses hehre Ziel erfordert, aussetzt, z.B. einer demokratisch-zentralistischen Organisation, in der man nur so viel mitbestimmen kann, wie man tatsächlich bereit ist zu arbeiten (nicht nur in Wort, sondern auch in Tat).

Dies sind einige der wichtigsten Kernelemente des Postmodernismus. Aus den bereits gemachten Anmerkungen geht deutlich hervor, wie er sich gegen den dialektischen Materialismus (und dessen Anwendung auf die Geschichte) wendet und einen krassen Idealismus hervorruft, der mit der Widerspiegelung der materiellen Realität rein gar nichts mehr gemein hat. Er versucht aus seiner Idee der Welt eine neue Realität zu schaffen, indem besonders auf die Sprache konzentriert wird, doch Sprache schafft keine materielle Realität.

Genosse Stalin entwickelt dazu folgendes: „Die Sprache ist ja gerade dazu da, sie ist ja gerade dazu geschaffen, der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit als Werkzeug des menschlichen Verkehrs zu dienen, eine für die Mitglieder der Gesellschaft gemeinsame und für die Gesellschaft einheitliche Sprache zu sein, die den Mitgliedern der Gesellschaft, unabhängig von deren Klassenlage, in gleicher Weise dient. Die Sprache braucht nur von dieser Position, der Position einer Sprache des gesamten Volkes, abzugehen, die Sprache braucht nur die Position der Bevorzugung und Unterstützung irgendeiner sozialen Gruppe zum Schaden anderer sozialer Gruppen der Gesellschaft zu beziehen, und sie büßt ihre Eigenschaft ein, sie hört auf, ein Mittel des Verkehrs der Menschen in der Gesellschaft zu sein, sie wird zum Jargon irgendeiner sozialen Gruppe, sie degradiert und verurteilt sich zum Verschwinden.“ Dabei leugnet Genosse Stalin nicht, dass „alles in der Welt einen Klassencharakter hat“, wenn er ausführt: „Für niemand ist die Tatsache ein Geheimnis, dass die russische Sprache vor der Oktoberumwälzung dem russischen Kapitalismus und der russischen bürgerlichen Kultur ebenso gut diente, wie sie heute der sozialistischen Ordnung und der sozialistischen Kultur der russischen Gesellschaft dient.“ Und weiter: „Wem ist damit gedient, wenn ‚Wasser‘, ‚Erde‘, ‚Berg‘, ‚Wald‘, ‚Fisch‘, ‚Mensch‘, ‚gehen‘, ‚tun‘, ‚herstellen‘, ‚kaufen‘ usw. nicht Wasser, Erde, Berg usw. heißen, sondern irgendwie anders? Wem ist damit gedient, wenn die Beugung der Wörter in der Sprache und die Verbindung der Wörter im Satz nicht nach der vorhandenen, sondern nach einer ganz anderen Grammatik erfolgen? Welchen Nutzen hätte die Revolution von einer derartigen Umwälzung in der Sprache? Die Geschichte tut überhaupt nichts Wesentliches, ohne dass dafür eine besondere Notwendigkeit vorliegt. Es fragt sich, welche Notwendigkeit für eine solche sprachliche Umwälzung vorliegt, wenn erwiesen ist, dass die bestehende Sprache mit ihrer Struktur im wesentlichen durchaus geeignet ist, die Bedürfnisse der neuen Gesellschaftsordnung zu befriedigen. [...] wie aber könnte man die bestehende Sprache vernichten und im Laufe einiger Jahre an ihrer Stelle eine neue Sprache aufbauen, ohne in das gesellschaftliche Leben Anarchie hineinzutragen, ohne die Gefahr eines Zerfalls der Gesellschaft heraufzubeschwören? Wer außer einem Don Quichotte könnte sich eine solche Aufgabe stellen?37

Postmodernismus in der Praxis

Da die menschliche Gesellschaft an sich, wie alles was existiert, sich bewegende Materie ist, kommt auch der Postmodernismus nicht an der Praxis vorbei. Allerdings versucht er aus der reinen Idee heraus, mithilfe der Sprache Realität zu „konstruieren“, was bedeutet, dass die Praxis nicht das Kriterium der Wahrheit ist, sondern lediglich ein Zeichen dafür, ob die Idee bereits in vollem Maße umgesetzt wurde. Ausgehend vom postmodernistischen Denken folgt dann in der Praxis, dass das Problem nicht hauptsächlich der Klassenkampf ist, denn wo es keine „Meta-Erzählungen“ gibt, da existieren auch die Klassen nicht als hauptsächliche Form der Spaltung der Gesellschaft, sondern es wird eine „neue“ Form von Gesellschaftsordnung herbei fantasiert.

Die kommt zum Ausdruck in der Frage von „Empire“ und „Multitude“ von Antonio Negri38 und Michel Hardt39– diese Verbindung zu ziehen ist wichtig. Und erinnern wir: Foucault kommt ursprünglich aus der revolutionären Bewegung, Negri und Hardt kommen von aus der autonomen Bewegung und Negri wird oft fälschlicherweise ein Bezug zu den Roten Brigaden angedichtet.

Dann kommt die Tripple-Opression-Theorie. Diese hat sich Anfang der 90er in der sogenannten autonomen Linken in der BRD ausgebreitet, sie kommt in ihren Anfängen in den 70ern aus den USA, verbreitete sich vor allem durch die kleinbürgerliche feministische Bewegung auch in Europa und war auch verbunden mit Gruppen, die bewaffneten Kampf geführt haben, und mit dem Revisionismus. Es gibt laut dieser Theorie drei Formen der Unterdrückung: Rasse, Geschlecht und Klasse. Und dazwischen gibt es keinen Unterschied, d.h. eine Frau (egal welche) ist genau so revolutionäres Subjekt, wie ein proletarischer Mann und deswegen müssen diese Unterdrückungsformen gleichzeitig bekämpft werden. In dem Buch „Drei zu Eins“ wird diese Theorie folgendermaßen zusammengefasst:

Nicht die Getrenntheit von Unterdrückungen ist wesentlich, sondern ihre Artikulation zueinander. Keine wird völlig auf eine andere zurückgeführt oder völlig vereinnahmt von anderen, sie bilden eine zusammenhängende Wirklichkeit. Das Denkmodell einer netzförmig angelegten Herrschaft ist als Vorstellungsbehelf gar nicht schlecht:

Die Maschen des Netzes sind weiter (Metropole) oder enger (Trikont). Die Fäden älter (Patriarchat) oder neuer (Kapitalismus). Stabiler (in der BRD z.B.) oder schwächer (in Mittelamerika z.B.). Die Fäden bilden unterschiedliche Knoten (Rassismen sind anders mit Kapitalismus verbunden als das Patriarchat usw.) und das Netz wird von manchen repariert und neu geknüpft (Kapital, Staat, Weiße, Männer), um andere zu fesseln (Frauen, Schwarze, ArbeiterInnen) und sie zerreißen es, so gut sie können.

Die Vorstellung einer netzförmigen Herrschaft, in der jeweils bei jedem Faden und Knoten Oben und Unten erhalten bleibt, aber keine alleinige Ursache, kein Hauptwiderspruch mehr vorausgesetzt wird, berührt auch die Frage nach dem revolutionären Subjekt.“40

Hier zeigt sich bereits der Einfluss des Postmodernismus, mit seiner Negation der materialistischen Dialektik. Alles ist gleich wichtig, man muss keine hauptsächliche Seite eines Widerspruchs herausfinden, sondern überall gleichzeitig doll zuschlagen. In der revolutionären Bewegung in der BRD findet diese Theorie ihren Ausdruck bis heute in der Parole „Kämpfe verbinden“. Die „gleich wichtigen“ Kämpfe müssten gleichzeitig geführt werden und dann könnten diese „Teilkämpfe“ verbunden werden. Aber letztendlich ist jeder individuell seiner Unterdrückung ausgeliefert. Doch damit dreht man sich im Kreis und die logische Konsequenz aus dieser Theorie war die Intersektionalität, die teilweise in einem absurden Wettbewerb mündet, in dem es darum geht, wer aufgrund unterschiedlicher „Unterdrückungsmechanismen“ am meisten unterdrückt wird.

Auf die Tripple-Oppression-Theorie folgen Leute wie Judith Butler41, die die Frage von „Gender“ auf die Tagesordnung setzen. Während die Tripple-Oppression-Theorie noch vom Patriarchat spricht, geht es bei der Gender-Theorie nicht mehr um das Patriarchat, sondern es geht um den Sexismus, also um die Frage des Geschlechts als eine Idee, nicht eine materielle Realität. Der Begriff des „Sexismus“ ist ein Ersatz für das Patriarchat. Wer Sexismus sagt, negiert patriarchale Unterdrückung, denn es geht nicht um die Unterdrückung der Frau durch den Mann, sondern um die Unterdrückung aller Formen der „Genders“, die auch wieder nur „Konstrukte“ seien.42 Also nur auf der Grundlage der zuvor geschaffenen Idee existieren.

Diese Gender-Theorie spielt dann eine entscheidende Rolle in dem was mit LGBT usw. kommt. Es gipfelt in der heute so weit verbreiteten und inzwischen auch in bürgerlichen Kreisen wild diskutierten Identitätspolitik, die ebenfalls eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Konzepten hervorbringt. Da kommen auch die Fragen von Dekolonisierung bzw. Postkolonialismus oder „Black Lives Matter“ auf, was viel von diesem Gedankengut beinhaltet. Unbeabsichtigter Begründer der Postkolonialismus-Studien war Edward Said mit seinem bekannten Werk „Orientalismus“. Er sieht die Ursache der Unterdrückung der halbkolonialen und halbfeudalen Länder in einem ominösen „Eurozentrismus“, der durch seine „westliche Wissenschaft“ den Orient vom Okzident trennen und besonders durch seine Sprache Dominanz ausüben würde. Entsprechend müsste man sich „dekolonisieren“. Das Problem mit dieser Dekolonisierung ist, dass sie den real existierenden Imperialismus negiert. Denn ihr Problem ist nicht den nationalen Befreiungskampf der unterdrückten Nationen zu fördern, sondern vor allem die Ideen der Menschen in den imperialistischen Ländern zu ändern, also die Durchsetzung der Veränderung auf Basis der Ideen. Im gleichen Atemzug wird den Völkern der unterdrückten Nationen auch das Recht auf die tatsächliche Lösung zur Beseitigung ihrer Ausbeutung und Unterdrückung abgesprochen. Denn sie dürften sich nicht an den Marxismus wenden bzw. ihn anwenden, denn auch dieser sei angeblich von der westlichen Aufklärung geprägt. Der postmodernen Prämisse von der Beseitigung der „Meta-Erzählungen“ folgend wird die universelle Anwendbarkeit des Marxismus negiert. Dieser hat sich nebenbei gesagt besonderes in den unterdrückten Nationen als lebhaft und unverzichtbar für den Befreiungskampf gezeigt, dafür ist die siegreiche Revolution in China das beste Beispiel, aber auch der Befreiungskampf Koreas und Vietnams und die heutigen Volkskriege in Peru, Indien, der Türkei und auf den Philippinen verweisen die Postkolonialisten in die Schranken. Denn wir erinnern an eine der Grundthesen des Marxismus: Das Problem ist nicht die Welt zu interpretieren, sondern sie zu verändern. Die Kommunisten setzen den Marxismus durch, indem sie die Realität ändern und der Volkskrieg ist die radikalste Form die Materie zu ändern. Und Gedanken sind auch Materie. Was die Postkolonialisten sagen ist, dass die Dekolonisierung ein ideologischer Kampf ist, ein „Kulturkampf“ mit anderen Worten. Das führt dann in der politischen Praxis dazu, dass vor allem diskutiert wird, wer was sagen dürfe. Auf einmal dürfen sich die Kommunisten und progressiven Kräfte in den imperialistischen Ländern nicht mehr solidarisch zeigen mit den Kämpfen der Völker der unterdrückten Nationen, dürfen keine Parolen in deren Sprachen benutzen, weil das angeblich „kulturelle Aneignung“ wäre. Gleichzeitig wird das Konzept der „Communities“ voran gebracht, dann gibt es die afrikanische Community, die Latino-Community, die kurdische Community usw. usf. Doch dieses Konzept schafft bzw. „konstruiert“ etwas, was es auf diese Art und Weise überhaupt nicht gibt, denn es ignoriert die Klassenunterschiede innerhalb dieser angeblichen Communities, doch auch unter Afrikanern, gibt es Bourgeoisie, Kleinbürger, Arbeiter, Intellektuelle usw. Diese haben oftmals nicht besonders viel gemeinsam (dazu kommt, dass es nicht „die Afrikaner“ gibt). Es gibt unter diesen unterschiedliche weltanschauliche und politische Meinungen, unterschiedliche Klasseninteressen, Klassengefühle, Klassenstellungen und Weltanschauungen, es gibt unter ihnen Faschisten, Kommunisten, Progressive, usw. Es gibt unter ihnen Atheisten, Christen, Muslime, Agnostiker usw. Was hier dann dann zum Merkmal der Vereinigung gemacht wird, ist das, was eigentlich keine Rolle spielen soll: Die Herkunft bzw. die angebliche „Rasse“, die Hautfarbe.

Rückwärtsrolle in der Frauenbewegung

Der schädliche und reaktionäre Einfluss des Postmodernismus bzw. der Identitätspolitik zieht auch seine deutlichen Spuren in der Frauenbewegung. In der Entstehung der progressiven Frauenbewegung vor allem in den 60er Jahren war einer der zentralen Punkte die Negierung der traditionellen Frauenrolle. Man sollte keinen BH mehr tragen, sich nicht die Beine rasieren, keine „weiblichen“ Vorbilder bzw. Schönheitsideale mehr akzeptieren. Zwar war diese Bewegung stark kleinbürgerlich geprägt, aber auch die Kommunistischen Parteien hatten hier ihren Einfluss. Der Postmodernismus sagt dann das alles, die Rolle der Frau in der Gesellschaft, das Geschlecht an sich, das seien alles Konstrukte. Wie weiter oben beschrieben entsteht die Gender-Theorie, in der die Frage eines angeblich konstruierten Geschlechts eine wichtige Rolle spielt.

Das führt heute in der Identitätspolitik zu einem Problem, denn wenn es keine biologischen Geschlechter gibt, was definiert dann, was eine Frau ist? Die Antwort zu der die Identitätspolitik kommt ist: Frau ist wer „weiblich“ ist bzw. aussieht (oder schlicht behauptet Frau zu sein). Der Kampf der Frauenbewegung ging vormals darum, dass es diese Unterschiede in den Äußerlichkeiten nicht geben sollte. Das sieht man daran, wie „kokett“ die Genossinnen in der Kulturrevolution waren. Sie hatten die gleiche Mütze und die gleiche Jacke wie die männlichen Genossen, einen etwas anderen Haarschnitt vielleicht und mal einen Rock an, aber das war es dann auch. Und das war auch gut so. Sie machten dann auch die gleichen Berufe wie die Männer und standen ihnen in nichts nach.43 Das ist das marxistische Verständnis von der Befreiung der Frau. Heute mit der Identitätspolitik wird eine Frau definiert, ob sie sich wie eine Frau bewegt, kleidet und schminkt. Ein transsexueller Mann, der behauptet eine Frau zu sein, wird als Frau zelebriert, weil er „weiblich“ ist und sich wie eine Frau bewegt, kleidet und schminkt. Das hat den ganzen Kampf um die Befreiung der Frau der letzten Jahrzehnte negiert, das ist eine Rückwärtsrolle in der Frauenbewegung. Dazu kommt noch, dass eine Idee der Identitätspolitik ist, dass sich eine marginalisierte Minderheit degradierende und stigmatisierende Begriffe zu eigen machen und ihrem Sinne umdeuten, „positiv besetzen“ kann. Das führt dazu, dass es auf einmal Menschen in der Frauenbewegung gibt, die behaupten wenn sich Frauen die ganze Zeit gegenseitig als „Nutte“ oder „Bitch“ bezeichnen, statt Zuhältern und patriarchalen Schweinen eine auf den Kopf zu geben, ist das Teil der Befreiung der Frau. Diese aus der Diskursanalyse hervorgehende postmoderne Position, die der Sprache die Fähigkeit der Schaffung von Realität zuspricht, äußert sich dann auch in der Gender-Sprachakrobatik mit all ihren Sternchen, Doppelpunkten und Binnen-I. Wozu führt das? Zu einer Änderung der Situation der Frau? Zur Zerschlagung des Patriarchats? Leider nicht, das erfordert nämlich den Kampf gegen das imperialistische System. Wozu es tatsächlich führt, ist die eine ewig andauernde, akademische Diskussion darum welche Schreibweise denn die meist „inklusive“ wäre um Frauen „sichtbar“ zu machen, aber in der Realität geht es im Kampf gegen Imperialismus und Patriarchat keinen Schritt voran, sondern die Frauenbewegung wird noch weiter zersplittert und diejenigen, die nicht „gendern“ werden zum vorgezogenen Ziel moralapostolischer Zurechtweisungen. Wenn Frauen wirklich „sichtbar“ werden sollen, dann müssen sie selbst dafür sorgen in der unmitelbaren kämpferischen Aktion, geführt von der Ideologie des Proletariats.

Abschließend sei zusammengefasst: Um seine Idee zu realisieren, hat der Postmodernismus die Identitätspolitik hervorgebracht. Besser gesagt ist die Identitätspolitik der nächste Schritt in der zunehmenden Verrottung des bürgerlichen Idealismus in seiner „linken“ Erscheinungsform, als Ausdruck der ideologischen Zersetzung des Imperialismus, in einem langen Strang der zunehmenden Zersetzung. Sie ist idealistisch, weil er in der Tradition von Diskursanalyse und Postmodernismus, die Idee an die erste Stelle stellt und nicht die tatsächlich existierende materielle Realität der menschlichen Gesellschaft, die durch den Klassenkampf verändert wird. Wenn sich heute angebliche kommunistische Gruppen, Organisationen und Parteien Aspekte dieses bürgerlichen Idealismus zu eigen machen, ist das nichts anderes als Revisionismus. Denn sie schmuggeln bürgerliche Standpunkte in die Ideologie des internationalen Proletariats und verwerfen sie dadurch als in sich geschlossenes, harmonisches System, allmächtig weil sie wahr ist.44 Wahr, weil sie sich in der Praxis immer und immer wieder bestätigt.

Die „rechte“ Form des bürgerlichen Idealismus

Nachdem wir uns der „linken“ Form des bürgerlichen Idealismus zugewendet haben, kommen wir nun zur anderen Seite der Medaille, der „rechten“ Form45. Dieser kommt in einer Wiedererstarkung des religiösen Obskurantismus (Religiosität gehört zu den Gefühlen der Massen, die wir ausdrücklich respektieren müssen, um sie in einem langen ideologischen Kampf zu verändern) zum Ausdruck. Dabei ist es hier wichtig zu betonen, dass wir über den Imperialismus als Weltsystem sprechen. Denn wir können sehen, wie in den unterdrückten Nationen massive Kampagnen in diesem Sinne dazu durchgeführt werden – da ist der IS vor allem in arabischen Ländern, Modi in Indien, vor allem die Evangelikalen in Afrika und Lateinamerika. All diese Kräfte haben – trotz ihrer offensichtlichen Unterschiede – eine große Gemeinsamkeit: Sie entsprechen (mehr oder weniger und mehr oder weniger offensichtlich) den Interessen des Imperialismus, indem sie die nationale Befreiungsbewegung spalten, dies ist so obschon Teile dieser Kräfte zu einem bestimmten Zeitpunkt durch „Zufall und Notwendigkeit“ (hauptsächlich durch die Mängel der Kommunisten, die ihrer Rolle und ihren Aufgaben nicht entsprechen) in die Lage versetzt sind an der Spitze der nationalen Befreiungsbewegung zu stehen und in diesem Moment den antiimperialistischen Kampf der Volksmassen anzuführen. Ihr größter gemeinsamer Nenner ist der Antikommunismus bzw. Antimaterialismus. Dieser Umstand konkretisiert sich auch hier in der BRD in unseren Vierteln, den Arbeitervierteln, wo alle diese Kräfte ihre Wirkung entfalten.

Diese Religiosität müssen wir als Obskurantismus verstehen, also den Zweck die Menschen absichtlich in Unwissenheit zu halten, oft aber nicht immer, verbunden mit dem Glauben an eine unerklärliche höhere Macht, wie z.B. einem „Gott“. Dieser Obskurantismus äußert sich aber nicht nur in der Religiosität, denn immer weniger Menschen sind Mitglieder in den großen Kirchengemeinden (in der BRD hauptsächlich protestantischem und katholischem Ursprungs).46 Aber gleichzeitig wird Homöopathie in Apotheken verkauft und die Krankenkassen in Deutschland bezahlen das in einem gewissen Grad.47 Schützenhilfe erhalten die Hersteller der Mittelchen, die nachweisbar keine medizinische Wirkung haben, dabei nicht nur aus den Reihen der grünen Partei48, sondern auch aus der Chefetage des Gesundheitsministeriums. So entschied Jens Spahn die Kostenübernahme von Homöopathie durch Krankenkassen nicht abzuschaffen, er könnte, er will aber nicht.49 Und wie gesagt Homöopathie heißt, das ist keine Medizin und es ist bewiesen, dass das nicht funktioniert. Trotzdem ist dieser Obskurantismus ein akzeptierter Teil der Gesellschaft und bekommt sogar Unterstützung in der Verbreitung durch die höchsten Ebenen der deutschen Regierung. Die sogenannte „New Age“, die Esoteriker, kompensieren – vielleicht nicht in der Anzahl ihrer Mitglieder bzw. Anhänger, aber in ihrem Wirken mehr als genug – den Verlust der zahlenden Kirchenmitglieder im politischen Sinne.

Wie die Religiosität verbreitet und befördert wird, zeigt sich auch in den USA, dort kann jeder eine Kirche gründen und muss dann keine Steuern zahlen. Und es geht so weit, dass die Negation des Rechts auf Abtreibung vorwärts gebracht wird, immer mehr und immer wieder. Beispiele dafür sind u.a. Länder wie Polen, die USA u.dgl.m. Durch die katholische Kirche vor allem, aber in Verschwörung mit der protestantischen Kirche und ihren meist radikalen Abspaltungen, den Evangelikalen. So hat die katholische Kirche z.B. gemeinsame Krankenhäuser mit nicht-katholischen Trägern gebildet und dort wird dann als „Kompromiss“ das Recht abzutreiben abgeschafft.50 Im Malteser-Diako-Klinikum, Deutschlands erstes ökumenisches Krankenhaus, eine Fusion zwischen dem Franziskus-Hospital der Malteser und dem Diakonissen-Krankenhaus in Flensburg, werden nach einem Bericht der „taz“ keine Abtreibungen durchgeführt.51

Der Obskurantismus wird auch verbreitet durch die sogenannten Verschwörungstheorien, die es in mannigfaltigster Ausführung gibt. Besonders hoch im Kurs stehen derzeit UFO-Mythen und sogenannte „Urban Legends“ aller Art, die auch aktiv verbreitet werden und anerkannter Teil der Gesellschaft sind. Beispielhaft sind die UFO-Mythen, die inzwischen in diversen Fernsehformaten nicht mehr als bloße Theorien oder Möglichkeiten präsentiert werden, sondern als bare Münze. Besonders hervor sticht hier die TV-Serie „Ancient Aliens“, sie läuft inzwischen in der 16. Staffel mit 193 Folgen. In Deutschland läuft sie auf dem Sender KabelEinsDoku rauf und runter. Produziert wird sie seit 2009, das heißt seit zwölf Jahren wird dieser Schund verbreitet. Grundprämisse und in jeder Folge wiedergekäut wird, dass Aliens in der Vergangenheit wiederholt die Erde besucht haben und alle alten Kulturen durch sie gegründet oder beeinflusst sind. Auch ihr Antimaterialismus ist mehr als offensichtlich. Denn wie Religionen behaupten auch diese Theorien, dass die Grundvoraussetzung der menschlichen Gesellschaft nicht in den Widersprüchen der Gesellschaft selbst liegen, also im Klassenkampf, sondern, dass eine höhere Macht von Außen eingreifen musste, um die menschliche Gesellschaft so weit zu bringen, wie sie heute ist. Das ist genau so Obskurantismus und manchmal machen sich Genossen darüber lustig, aber es ist die Ideologie des Imperialismus und sie wird auch von höchster Stelle des Yankee-Imperialismus verbreitet, wie erst kürzlich der ehemalige US-Präsident Obama durch einige nebulöse Kommentare wieder eine Debatte über den Besuch von Aliens auf der Erde ausgelöst hat, mit der sich sogar in offiziellen Dokument der Regierung auseinandergesetzt wurde.52 53

Das ist die „rechte“ Form des bürgerlichen Idealismus, die genau wie seine „linke“ Variation, jede Art des Materialismus negiert.

Die Antwort des Revisionismus und Opportunismus

Was ist die Antwort des Revisionisten und Opportunisten jedweder Art, wenn sie nicht sowieso Anhänger des Postmodernismus und der Identitätspolitik sind? Ihre Antwort ist, einen extrem mechanischen Materialismus hochzuhalten. Und das ist in der Pandemie sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, aber auch schon vorher. Was hat Greta Thunberg gesagt, die Jeanne d‘Arc der Klimabewegung: „Listen to the scientists“54. Das heißt vergesst den Klassenkampf und hört auf die Naturwissenschaftler, sie sollen angeblich losgelöst vom Klassenkampf existieren und ihre Ideen sollen nicht den Stempel einer Klasse haben. Doch so funktioniert die Welt nun einmal nicht. Und was erleben wir jetzt in der Pandemie? Da sitzen Drosten, Lauterbach und wie sie alle heißen und diktieren, wie wir leben sollten. Und was macht die Jugend in weiten Teilen? Anstatt dass sie rebelliert, macht sie mit. Das ist „Listen to the scientists“. Was ist Zero-Covid? Ebenfalls „Listen to the scientists“, es ist der Ruf „Vergesst den Klassenkampf und hört auf die Wissenschaftler, die zeigen wo es lang geht!“ Aber in der menschlichen Gesellschaft sind auch ihre Ideen mit den Interessen unterschiedlicher Klassen verbunden, entsprechend können und dürfen wir den Klassenkampf nicht vergessen.

Die Aufgabe ist entsprechend nicht den „Materialismus“, sondern den DIALEKTISCHEN MATERIALISMUS hoch zu halten, wie wir es in dieser Darstellung der Zersetzung der Ideologie des Imperialismus zeigen. Diese Misere, die der Imperialismus sich geschaffen hat, die Fahnen, die er erhoben hat, weil er ein sterbendes System ist, das sind Fahnen, die noch nicht einmal etwas mit der Aufklärung zu tun haben. Aber unsere Aufgabe ist es nicht die Fahnen der Aufklärung dagegen hochzuhalten, nicht mit Diderot zu kommen, sondern mit dem Marxismus, heute Marxismus-Leninismus-Maoismus, hauptsächlich Maoismus mit den universell gültigen Beiträgen des Vorsitzenden Gonzalo, d.h. Gonzalodenken. Das heißt wir müssen die Stärke der marxistischen Philosophie und ihre Lebendigkeit zeigen, dass sie kein Mysterium ist, sondern den Massen gehört. So wie es die chinesischen Genossen in vielen Dutzend niedergeschriebenen Beispielen getan haben, in denen die Arbeiter, Bauern, Soldaten zeigen, wie sie den dialektischen Materialismus auf ihre Realität anwenden um sie weiter zu verändern.55 Die Klassiker haben uns dafür entsprechend bewaffnet und Genossen müssen entsprechend vor allem die Werke des Vorsitzenden Mao „Über die Praxis“ und „Über den Widerspruch“ wie das ABC beherrschen und das muss an die Massen weitergegeben werden.

Identitätspolitik, Verschwörungstheorien oder „Hört auf die Wissenschaftler“ sind Ausdruck der Verrottung, des Niedergangs, der Zersetzung des Imperialismus, sie sind Ausdruck seiner rückständigen Ideologie und nichts Neues. Das Neue muss das Alte ersetzen. Entsprechend wird die marxistische Philosophie die bürgerliche Philosophie ersetzen. Das ist ein Gesetz, allerdings braucht es dafür Anstrengungen, die zu leisten sind, und was für eine Freude es doch ist mit einer allmächtigen, weil wahren und immer wahrer werdenden, wissenschaftlichen Ideologie den ganzen reaktionären Dreck, den großen Haufen Abfall hinwegzufegen.

1  Nota bene: Links entspricht nicht unserem Verständnis der Charakteristika imperialistischer Bourgeoisideologie, es handelt sich hier um eine bestimmte Variation, die einem vulgären Verständnis nach, dem zugesprochen wird, was umgangssprachlich „linke (Szene)“ genannt wird. Zumeist handelt es sich dabei um etwas, das derjenigen Fraktion der imperialistischen Bourgeoisie, die sich im allgemeinen auf die staatlichen Monopole basiert, entspricht. Unserer Leserschaft entsprechend ist dieser Abschnitt der weitaus umfassendere, weil das Behandelte eben hier deutlich mehr Einfluss entfaltet.

2  Baruch de Spinoza (1632 – 1677); niederländischer Philosoph

3  Baruch de Spinoza, „Theologisch-politischer Traktat“, 1670

4  Ebenda

5  Ebenda

6  Theodor W. Adorno, vormals Theodor Ludwig Wiesengrund (1903 – 1969); deutscher Philosoph, Soziologe, Musikphilosoph und Komponist

7  Dekonstruktivismus oder Dekonstruktion bezeichnet eine Reihe von Strömungen in Philosophie, Hermeneutik, Literatur- und Sprachwissenschaft, von Derrida als Bezeichnung für ein Analyseverfahren von Texten geprägt: „Was ich Dekonstruktion nenne […] ist […] keine Methode und auch keine wissenschaftliche Kritik. […] Dekonstruktion setzt die Umwandlung selbst des Begriffes des Textes und der Schrift voraus.“ (Derrida)

8  Jürgen Habermas (geboren 1929); deutscher Philosoph und Soziologe, zweite Generation der Frankfurter Schule

9  Jürgen Habermas, „Wahrheitstheorien“, 1973

10  1931 wurde das Stiftungsvermögen des Instituts für Sozialforschung (IfS) in die Niederlande transferiert, der Hauptsitz 1933 nach Genf verlegt. Im weiteren Verlauf wechselte das IfS erst nach Paris, dann in die USA. Horkheimer baute dort das Institut für Sozialforschung an der Columbia University in New York neu auf. 1950 kehrten Adorno und Horkheimer zurück, das IfS wurde mit Geldern der Yankees und der BRD wieder aufgebaut. Vgl. Emil Walter-Busch: „Geschichte der Frankfurter Schule. Kritische Theorie und Politik“, 2010

11  Die heutige sogenannte linke Szene in Deutschland ist ihrem ganzen Charakter nach grundlegend eine studentisch dominierte Bewegung, entsprechend wirken die Ideen der kleinbürgerlichen Intellektuellen hier.

12  Auch wenn er den Begriff Diskursanalyse nicht für sich reklamierte, ist es doch er, der die Grundzüge dieser Methodik hervorbrachte und deutlich prägte.

13  Reiner Keller, „Diskursforschung – Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen“, 2011

14  Poststrukturalismus werden unterschiedliche geistes- und sozialwissenschaftliche Ansätze und Methoden genannt, besonders wird dabei die Ansicht vertreten, dass Sprache die Realität nicht abbildet, sondern diese konstruiert, basiert bzw. bezieht sich auf Dekonstruktion und Diskursanalyse.

15  Reiner Keller, „Diskursforschung – Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen“, 2011

16  Vgl. Marianne Pieper: „Vor allem die Rezeption der Arbeiten Michel Foucaults hat dem Diskursbegriff in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu erheblicher Popularität verholfen.“, in „Diskursanalysen – kritische Analytik der Gegenwart und wissenspolitische Deutungsmusteranalyse“, in „Foucault: Diskursanalyse der Politik – eine Einführung“, 2006

17  Louis Althusser (1918 – 1990); französischer Philosoph, ermordete seine Frau und konnte sich nicht daran erinnern, Lehrer u.a. von Alain Badiou, Michel Foucault, Jacques Derrida, Maurice Godelier und Nicos Poulantzas.

18  Jacques Derrida, (1930 – 2004); französischer Philosoph, gilt als Begründer und Hauptvertreter der „Dekonstruktion“

19  theguardian.com, „Calls for legal child sex rebound on luminaries of May 68“, 24. Februar 2001

20  zeit.de, „Gabriel Matzneff: Es war verboten, zu verbieten“, 22. Januar 2020

21  Vgl. spiegel.de, „Intellektueller wirft Michel Foucault Kindesmissbrauch vor“, 07. April 2021

22  „der Freitag“, Ausgabe 15/2021: „Foucault verbieten?

23  Dies hat seinen Widerhall auch in der revolutionären Bewegung, denn einige Genossinnen und Genossen zentrieren immer wieder stark auf die Frage der Sexualität.

24  deutschlandfunkkultur.de, „Kalifornischer Roadtrip zum Death Valley: Michel Foucault auf LSD“, 02. Juni 2019

25  tagesanzeiger.ch, „«Der Himmel ist explodiert, und Sterne regnen auf mich herab»“, 02. Juni 2019

26  faz.net, „Foucaults Vermächtnis: Fortan wird er die Wahrheit sagen“, 12. Februar 2009

27  Hans-Herbert Kögler, „Michel Foucault“, 2004

28  Nach dem Duden: „einem Oberbegriff unterordnen, unter einer Kategorie einordnen; unter einem Thema zusammenfassen“. In den Werken von Marx werden Kategorien menschlicher Tätigkeit und Gesellschaft als „unter dem Kapital“ beschrieben, weil Subsumtion (mit der Bedeutung Unterwerfung, Beherrschung, Unterordnung) einen Prozess beschreibt, bei dem die konkrete Arbeit unter dem Verwertungsprozess des Kapitals subsumiert wird.

29  Hans-Herbert Kögler, „Michel Foucault“, 2004

30  Foucault, „Archäologie des Wissens“, 1969

31  D.h. letztlich Gott oder eine anderweitige übermenschliche, übernatürliche, metaphysische Entität, in Konvergenz mit dem christlichen Credo „Im Anfang war das Wort [...] und das Wort war Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“, Evangelium nach Johannes

32  Vgl. Bertolt Brecht in „Die Verurteilung des Lukullus“, 1938/39: „Immer doch schreibt der Sieger die Geschichte des Besiegten. Dem Erschlagenen entstellt der Schläger die Züge. Aus der Welt geht der Schwächere und zurück bleibt die Lüge.“

33  Auf Grundlage der materiell existierenden Gesellschaft, d.h. außerhalb des und unabhängig vom Bewusstsein der Individuen auf dem Entwicklungsstand der Produktivkräfte und der daraus hervorgehenden soziale Produktionsbeziehungen, der daraus resultierende Spaltung der Gesellschaft in Klassen, weil es nicht das soziale Bewusstsein ist, was das soziale Dasein bestimmt, sondern umgekehrt. Marx rechnet so mit der idealistische Dialektik Hegels ab.

34  Jean-François Lyotard, „Das Postmoderne Wissen“, 1979

35  Ebenda

36  In der „Logik“ eine allgemein gültige Aussage, z.B. „Wenn es regnet, dann regnet es“

37  Stalin, „Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft“, 1950

38  Antonio Negri (geboren 1933); italienischer Politikwissenschaftler

39  Michael Hardt (geboren 1960); US-amerikanischer Literaturtheoretiker

40  Klaus Viehmann u.a., „Drei zu Eins“, 1993

41  Judith Butler (geboren 1956); US-amerikanische Philosophin

42  In den letzten Jahren hat der Begriff des Patriarchats auch in der kleinbürgerlich-feministischen Bewegung in der BRD wieder Verbreitung gefunden, nicht zuletzt auch aufgrund des Kampfes der proletarischen Vorhut in Formierung um einen proletarischen Feminismus als Abgrenzung zu den anderen Strömungen in der Frauenbewegung. Allerdings wurde der Begriff in diesen zumeist kleinbürgerlich-akademischen Kreisen auf postmodernistische Art umgedeutet, sodass angeblich Patriarchat jetzt nicht mehr nur für die Unterdrückung der Frau durch den Mann steht, sondern allgemein für die Unterdrückung der unterschiedlichen „Gender“.

43  Vgl. u.a. Claudie Broyelle, „Die Hälfte des Himmels – Frauenemanzipation und Kindererziehung in China“, 1974

44  Vgl. Lenin in: „Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus“, LW Band 19: „Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist. Sie ist in sich geschlossen und harmonisch, sie gibt den Menschen eine einheitliche Weltanschauung, die sich mit keinerlei Aberglaube, keinerlei Reaktion, keinerlei Verteidigung bürgerlicher Knechtung vereinbaren läßt.“

45  Unsere Anmerkung zu „links“ gilt entsprechend auch an dieser Stelle.

46  Die Missbrauchsskandale, die sich immer wieder häufen, vor allem in der katholischen Kirche, und der Umgang dieser damit tragen zu dieser allgemeinen Tendenz bei.

47  In der BRD bezuschussen zahlreiche Krankenkassen den Erwerb homöopathischer Produkte. Der „Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte“ listet auf seiner Website 80 Krankenkassen. Die DHU, das Schlachtschiff der deutschen Homöopathielobby (Deutsche Homöopathie-Union DHU-Arzneimittel GmbH & Co. KG, Teil der Schwabe-Gruppe, klagte u.a. gegen die Stiftung Warentest und ließ das Erscheinen des Buchs „Die Andere Medizin“, in dem DHU-Produkte und andere Pseudomedikamente als unwirksam beschrieben werden, verbieten, bezahlte u.a. Rufmord-Kampagnen gegen Journalisten und Mediziner; vgl. sueddeutsche.de, „Schmutzige Methoden der sanften Medizin“, 30. Juni 2012) stellt eine Liste von 65 Krankenkassen auf ihrer Website zur Verfügung.

48  Die grüne Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche bezeichnete die Homöopathie als „Komplementärmedizin“, die „eine wichtige Ergänzung zur Schulmedizin“ sei. Siehe aerzteblatt.de, „Spahn will Homöopathie auf Kassenkosten nicht antasten“, 18. September 2019

49  aerzteblatt.de, „Spahn will Homöopathie auf Kassenkosten nicht antasten“, 18. September 2019

50  usatoday.com, „Worried about abortion laws? Catholic hospital mergers also seen as threat to women’s health care“, 27. Dezember 2019

51  Vgl. taz.de, „Keine Abtreibungen in Flensburger Klinik: Fusion mit Folgen“, 04. November 2019

52  tagesschau.de, „Was der Senat über UFOs wissen muss“, 25. Juni 2021

53  swr.de/swr2, „Sogar Obama glaubt an UFOs“, 08. Juni 2021

54  theguardian.com, „‘Listen to the scientists’: Greta Thunberg urges Congress to take action“, 18. September 2019

55  Siehe u.a. die Schriften „Eins teilt sich in zwei“ und „Philosophy is no Mystery“