Wir veröffentlichen heute am 12. April, dem Jahrestag der Guerilla von Araguaia, einer der bedeutendsten Erfahrungen der Kommunisten Brasiliens, den folgenden Text, der uns zugesandt wurde.
Proletarier aller Länder, vereinigt euch!
Die Guerilla von Araguaia
„Die Fahne des bewaffneten Kampfes, die sie so heldenhaft schwenkten und für welche sich die Genossen von Araguaia opferten, muss noch höher erhoben werden. Wenn es uns in der Tat gelingt uns mit den großen Massen des Landes und der Städte zu verbinden und sie für die Orientierung der Partei zu gewinnen, spielt das Ausmaß der Grausamkeit des Feindes keine Rolle, mit aller Sicherheit wird der Sieg unser sein.“1
Der bewaffnete Kampf in Araguaia, genannt Guerilla von Araguaia, ist einer der wichtigsten Momente in der bisherigen Geschichte der Kommunistischen Partei Brasiliens. Er ist Teil des Erfahrungsschatzes des internationalen Proletariats und ist nicht nur wichtig für das Verständnis des Prozesses der Revolution in Brasilien, sondern liefert auch Beispiele an Heldentum, Entschlossenheit, Selbstlosigkeit sowie weiteren wichtigen Lektionen für die Anwendung des Volkskrieges. Die Zeitschrift „A Nova Democracia“ beschreibt ihn 2017, in ihrer 187. Ausgabe, mit Anlass des 45. Jahrestages als „bis heute wichtigsten politischen und ideologischen Meilenstein des Klassenkampfes in Brasilien“2. Dieser Aufsatz hat das Ziel ein allgemeines Bild über den Ablauf und die Bedeutung dieser Kämpfe zu vermitteln. Es sei auch auf den Film „Araguaia, Presente!“3 verwiesen, der keine Dokumentation ist, aber ein Bild über den Prozess von Araguaia und den Kämpfen in der Partei vermittelt.
Die Guerilla von Araguaia beschreibt dabei den heldenhaften Kampf und Widerstand gegen drei Militärkampagnen des faschistischen Militärregimes, in den Jahren 1972-1974, durch 69 Militante der Kommunistischen Partei und Hunderten an Bauernmassen. Diese Kämpfe fanden statt im südlichen Teil des Bundesstaates Pará und in den Bundesstaaten Goiás (heute Tocantins) und Maranhão, im Bereich des Flusses Araguaia. Die Region erstreckt sich ungefähr in einem Bereich mit 50km Breite und 130km Länge, also ca. 6500km². Zu dieser Zeit mit einer Bevölkerung von ungefähr 20 000. Die hauptsächlichen Produkte der Region waren Paranüsse, Babussu (Palmenpflanze), Reis, Maniok (auch teilweise als Yucca bekannt) und Mais.
Hintergrund
Die Guerilla von Araguaia findet statt in der dritten Etappe der Entwicklung der Kommunistischen Partei Brasiliens, gegründet am 25.03.1922, zunächst als Sektion der Internationale. Unterschiedliche Analysen sehen auch den Kampf für die Rekonstitution der Partei als Teil der dritten Etappe.
„So entwickelt sich die Partei, durchlief Zersetzung und Reorganisierung, Zersplitterung und Wiederaufbau, bis zu ihrer Liquidation als revolutionäre Partei des Proletariats am Ende des Jahrzehnts der 1970er. Wir können die Entwicklung ihrer Positionen und ihrer entsprechenden Praxis in drei grundlegenden, historischen Etappen verstehen. Die erste, von der Gründung bis zum Anfang der 1930er. Die zweite, vom Anfang der 1930er bis 1960 und die dritte von 1960 bis 1976. Die dritte Etappe war diejenige, in welcher sich die Partei in Theorie und Praxis als marxistisch-leninistische Partei formierte.“4
Diese dritte Etappe beginnt mit dem Abspalten vom zeitgenössischem Revisionismus. Dieser war es repräsentiert durch Prestes5, welcher Teil der Führung der Partei war. Es war ihm zunächst gelungen seine rechten Positionen in der Partei durchzusetzen, als sie von der Niederschlagung des Aufstandes 1935 und der darauf folgenden Repression geschwächt war. Der Kampf gegen diesen Revisionismus wurde auch in der zweiten Etappe der Entwicklung der Partei geführt, was auch in den Erklärungen vom Januar 1948 und dem August 1950 zu sehen ist. In diesen übt die Partei eine Selbstkritik, die in der Erklärung von 1948 begonnen und 1950 vertieft wird. Es gelingt aber nicht Kampf zwischen Marxismus und Revisionismus richtig zu führen, zu vertiefen und den Revisionismus zu besiegen. Die drei grundlegenden Fragen dieser Zeit wurden gelöst durch die Revolution in China, diese wurde von den Kommunisten Brasiliens jedoch stark unterschätzt und nicht beachtet:
„1. Die Frage der nationalen Bourgeoisie und des richtigen Verhältnis zu ihr. Die KPB ersetzte die rechtsopportunistische Linie der blinden Einheit durch ihre komplette Negation. Sie charakterisierte die Bourgeoisie im Ganzen als feindliche Kraft, ohne zwischen der Großbourgeoisie (welche sich in Fraktionen aufteilt: Komprador und bürokratisch, Feinde), mittlere und kleine (wirkliche nationale Bourgeoisie, ihr linker Flügel ist verbündet mit dem Proletariat und der Bauernschaft). Ohne die unterschiedlichen Fraktionen zu differenzieren, fuhr die KPB fälschlicherweise fort die große, bürokratische Bourgeoisie, vertreten durch Vargas als nationale Bourgeoisie zu betrachten.
2. Das Verständnis der Frage der Agrarbauern. Obwohl sie viel stärker betont wurde, wurde ihre Rolle, sowie ihre Verbindung mit dem nationalen Problem, in der brasilianischen Revolution nicht richtig definiert, sodass sie eine zweitrangige Rolle in der Strategie der Partei spielte, was in dem Problem endete die Beseitigung des Latifundiums nur als Bedingung für die kapitalistische Entwicklung gesehen wurde und nicht hauptsächlich als Bedingung für Bildung des Arbeiter-Bauernbündnis, für die Befreiung der Produktivkräfte auf dem Land, für die Führung des Proletariats in der revolutionären Einheitsfront und für den ununterbrochenen Übergang der demokratischen Revolution neuen Typs zum Sozialismus.
3. Die Frage des Hauptweges und -form des Kampfes, das heißt dem bewaffneten Kampfes. Es ist hier, in der Frage der Militärlinie, die die Aufgaben der Revolution konkretisiert und beim Aufbau des zweiten Instruments der Revolution, der Volksguerillaarmee (Es gibt drei Instrumente der Revolution: die Partei, die revolutionäre Volksarmee und die revolutionäre Einheitsfront, von denen die Partei das Hauptsächliche ist), wo die Probleme am klarsten zu Tage treten.“6
Unter dem Einfluss des revisionistischen Putsches durch Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU gelang es den Revisionisten um Prestes dennoch den Revisionismus dieser Zeit in Brasilien, ausgedrückt in der Erklärung von 1958, zu systematisieren:
„In dieser Erklärung verteidigen die Revisionisten der Partei, dass die ‚antiimperialistische und antifeudale Revolution‘ ‚durch die allmähliche, aber unaufhörliche Anhäufung von tiefgreifenden und konsequenten Reformen in der Wirtschaftsstruktur und in den politischen Institutionen bis hin zur vollständigen Verwirklichung der radikalen Umgestaltungen‘ kommen wird. Sie verteidigen ganz offen die Zusammenarbeit mit den herrschenden Klassen: ‚Unter den gegenwärtigen Bedingungen unseres Landes entspricht die kapitalistische Entwicklung den Interessen des Proletariats und des gesamten Volkes‘, und sie gehen sogar so weit zu erklären, dass es notwendig sei, eine Einheitsfront ‚mit den Sektoren der Besitzer des Latifundiums, die in Widerspruch zum US-Imperialismus stehen‘ zu bilden, ohne etwas Konkretes für den Kampf der Bauern zu sagen.“7
Pedro Pomar8 kämpft bereits auf dem V. Parteitag 1960 gegen diese These, der revisionistischen Fraktion gelingt es aber die revisionistische Linie von Prestes zu garantieren und sie schreiten voran die Partei zu legalisieren und gehen dabei sogar soweit die Partei zu „Partido Comunista Brasileiro“ (Brasilianische Kommunistische Partei) umzubenennen um die Legalisierung zu erleichtern. 1962 beginnt der Wiederaufbau und die Spaltung der Partei, in der sich der revolutionäre Flügel der Partei, welcher von Kadern wie Maurício Grabois9, Pedro Pomar, Carlos Danielli10, Lincoln Oest11, Calil Chadi12 angeführt wurde, von der revisionistischem Partei abspalteten. Die Partei begann das erste Mal sich – unter dem Akronym KPvonB (portugiesisch: PCdoB) - als wahrhaft marxistisch-leninistische Partei zu konstituieren und sich dem Mao-Tse-Tung-Denken (wie der Maoismus zu dieser Zeit verstanden wurde) anzunähern.
Pedro Pomar
Nach dem Brechen mit dem Revisionismus gab es in der Entwicklung der Partei jedoch Probleme in der Handhabung der internen Widersprüche, welche die Fortschritte und die Entwicklung der Partei behinderten und verlangsamten. So wurden mehrfach Gruppen, die linke Positionen vertraten isoliert und teilweise ausgeschlossen. Dazu kam zu dieser Zeit der Einfluss der Revolution in Kuba, in der Partei, so wie vor allem auch bei Gruppen, die aus der nunmehr völlig zum Stillstand gekommenen Partei um Prestes austraten. Es war wichtig diese Tendenz zum bewaffneten Revisionismus zu bekämpfen, zu differenzieren und die „Theorie der kontinentalen sozialistischen Revolution“ als Ausdruck des Revisionismus zu entlarven:
„Noch im Jahr 1968 veröffentlichte die KPvonB das Dokument ‚Einige ideologische Probleme der Revolution in Lateinamerika‘, in welchem sie die Einflüsse der Theorie des Fokismus, ausgestrahlt von Kuba, bekämpfen. […] Im Januar 1969 schritt die Führung der KPvonB in ihren Formulierungen voran, wovon der hauptsächliche Ausdruck die Ausarbeitung des Dokumentes ‚Volkskrieg, Weg des bewaffneten Kampfes in Brasilien‘ ist […] Es weißt dennoch einige nicht weniger wichtige Schwächen auf, wie die Unklarheit darüber, ob das Problem des Militärs eine von der ganzen Partei und nicht nur von einigen Experten zu behandelnde Frage ist. Eine weitere ist die Ungenauigkeit über die Form in der der Volkskrieg entwickelt werden sollte. Es wird zwar definiert, dass das Land das Hauptsächliche ist und die vorrangige Rolle der großen Städte des Landes, aber ist wird nicht festgestellt, dass der Krieg auf dem Land und der Stadt stattfindet, das Land hauptsächlich und die Städte als komplementierend. Auch der Weg der Einkreisung der Städte vom Land aus wird nicht festgestellt. Während die Notwendigkeit der Errichtung von Stützpunktgebieten ernannt wird, bleibt die Bedeutung dieses Ziels vage und ohne jeden strategischen Sinn ihrer Rolle im Verhältnis zur Frage der Macht, dem Hauptsächlichen im Maoismus.“13
So stellt die Partei 1968, trotz der Probleme ihres Verständnis in dem Dokument „Einige ideologische Probleme der Revolution in Lateinamerika“ gegen den Revisionismus unter anderem richtig fest:
„Die Behauptung einiger linker Strömungen, die Revolution in den Ländern Lateinamerikas sei sozialistisch, ist ohne Grundlage und völlig falsch. Auch diejenigen, die wenn sie die nationalen und demokratischen Aspekte der Revolution nicht negieren können, versuchen sie mit den sozialistischen Zielen zu mischen, haben Unrecht. Sie behaupten es sei die sozialistische nationale Befreiung – wie einige linke Gruppen Katholiken es tun – oder sie definieren den Charakter als ‚der Kampf für die nationale Unabhängigkeit, für die Emanzipation im Bezug auf die Oligarchien und den sozialistischen Weg für ihre ökonomische und soziale Entwicklung‘ – wie zum Beispiel in der Erklärung der Ersten Lateinamerikanischen Solidaritätskonferenz14.
Den Sozialismus als Aufgabe der aktuellen Etappe der Revolution zu postulieren, heißt den revolutionären Prozess zu behindern, weil es das Feld der revolutionären Kräfte einschränkt und die Aktion des Feindes erleichtert. Es bedeutet die Rolle der Bauern zu negieren. Unter den aktuellen Umständen in Lateinamerika, der Bauernbewegung, der hauptsächlichen Massenbasis der Revolution, ist der Charakter der Revolution hauptsächlich demokratisch. Sie zielt hauptsächlich darauf das Latifundium zu liquidieren und das Problem der Verteilung des Landes an die Bauern zu lösen. Sie hat daher keinen sozialistischen Charakter […] Das zeigt, dass die Kubanische Revolution eine ausgeprägte bürgerlich-demokratische Etappe hatte. Es ist zu bedauern, dass diese Erfahrung von den kubanischen Führern aufgegeben wurde, sogar vom Autor des Artikels, einem mutigen und bewährten Revolutionär, der kurz vor sein Tod den Charakter der Revolution in den Ländern Lateinamerikas als sozialistisch beschrieb.“15
Die Partei zeigt auf, dass die Revolution in den unterdrückten Nationen den Weg der neu-demokratischen Revolution gehen muss und wie dieses Verständnis von der Führung in Kuba, sowie Kräften die sich an ihnen orientieren, negiert wird. In diesem Dokument behandeln sie unter anderem auch die Haltung zur nationalen Bourgeoisie und die Notwendigkeit der Führung des Proletariat, auch mit ihren Beschränkungen des Verständnisses. Auf Basis dieses Verständnisses und Entscheidung leitet die Partei eine Kampagne zur „Revolutionierung der Partei“ ein, in welcher die Vorbereitungen der Guerilla von Araguaia eine zentrale Rolle spielen:
„Mit diesen Definitionen der KPvonB macht die kommunistische Bewegung des Landes ihren wichtigsten Schritt in der Geschichte des Kampfes auf dem revolutionären Weg, mit der Vorbereitung der Guerilla von Araguaia. Das ist ein großes und transzendentes Ereignis in der Geschichte unseres Landes, nicht nur wegen dem einzelnen Heldentum ihrer Militanten, sondern weil es den Weg des Volkskriegs in Brasilien öffnete, wovon wir wertvolle Lektion lernen müssen.
Für die Vorbereitung der Bedingungen für die Entfesslung des Volkskrieges, wurden die ersten Militanten, unter der Führung des historischen, kommunistischen Führers Mauricio Grabois, in der Mitte der 1960er in die südliche Region von Pará, bekannt als ‚Papageienschnabel‘[‚Bico do Papagaio‘] umgesiedelt. Dutzende revolutionäre Militante, die meisten von ihnen jung, aus verschiedenen Regionen des Landes. Einige von ihnen hatten an Kursen in Volksrepublik China teilgenommen. Diese Militanten verbunden sich tief mit den Massen der Region, arbeiteten, lebten und kämpften mit ihnen. Im Laufe der Jahre schlossen sie Erkundungen des Gebiets, militärische Übungen und Vorbereitungen ab für den Ausbruch des Widerstands, durch Guerillakrieg.“16
Die Situation im Land zu dieser Zeit war geprägt vom Putsch vom 01.04.1964, welches für 21 Jahre ein Militärregime an die Regierung brachte.
„Der 1. April 2014 markiert den 50. Jahrestag des Militärputsches, der das faschistische System, installierte, das unser Volk für 21 Jahre quälte (1964 bis 1985). […] Dieser Kampf, der während des Militärregimes begann, bleibt gültig und notwendig. Der Repressionsapparat der während des Militärregimes tätig war, bleibt intakt. Die Gorillas, wie die Militärleiter genannt werden, blieben frei und ungestraft, viele von ihnen bekleiden hohe Posten im Staat oder großen Unternehmen. Die Familien der Toten oder politisch Verschwundenen suchen unermüdlichen nach ihren Geliebten, von denen viele in Massengräbern verscharrt wurden, ins Meer geschmissen wurden oder sogar in den Folterkammern, klandestinen Häusern des faschistischen Regimes, im Dschungel enthauptet und abgeschlachtet wurden.“17
Region von Araguaia
Ablauf
Vorbereitung
Auf Basis dieser Situation und Notwendigkeiten war es vorgesehen eine Guerilla in Araguaia zu etablieren und diese zu nutzen um den Volkskrieg im Land einzuleiten:
„Ich denke, das Konzept, die allgemeine Idee, die die Vorbereitung und im Folgenden das Ausbrechen des Kampfes, sowie den Kampf in Araguaia selbst anleitete, war es, ab einem bestimmten Zeitpunkt, am Besten gewählt durch die Militärkommission, den Kern der eingesetzten Genossen und Organisationen in Guerillaabteilungen zu verwandeln, als Funken einer bewaffneten Bewegung, die sich schrittweise und systematisch, schließlich im ganzen Land ausbreitet. Auf Basis dieser Konzeption haben wir 1966-1967 gearbeitet. Die Sache begann mit der Untersuchung geeigneter Bereiche, die Genossen zu stationieren, die freiwillig, aber ordnungsgemäß ausgewählt und unterrichtet dorthin geschickt werden sollten.
Durch das intensive und priorisierte militärische Training, die Erkundung des Geländes, die ideologische und politische Schulung, das Studium der lokalen Probleme usw. wurden diese Genossen, in einem bestimmten Zeitraum (entsprechend der Kriterien der Militärkommission), zu einer kleinen Guerillagruppe transformiert – Keimzelle [célula-máter] der Volksarmee, der Stärkung der Partei, der Befreiung des Landes usw. Der Aufbau der Gruppe entsprach schon der einer Miniaturarmee, geführt von der Militärkommission des ZK, als diese ins Gebiet gezogen war und dort ihre Aktivität konzentrierte. Im Verhältnis zu den lokalen Massen war das Kriterium, mit ihnen Freundschaft zu schließen, ihre Probleme kennenzulernen und ihnen Hilfe anzubieten. Jeder Genosse sollte als freundliche, ernsthafte, arbeitsame Person auftreten, die aber nichts über die Welt der Politik oder Ähnliches sprach. Die genannte Massenarbeit bestand darin dem Volk zu dienen, in Form der medizinischen und pharmazeutischen Unterstützung, der Hilfe für die kollektive Arbeit [mutirões] und anderer Aktionen dieses Typs. Sowie die Situation und Probleme der Bewohner studiert waren, sollte ein Programm formuliert werden, das dem Volk und dem Land erst bekannt gemacht werden sollte sobald der Kampf ausbrach, wie es auch gemacht wurde. Nicht einmal ihr Exekutivkomitee kannte es davor, da diese Arbeit streng geheim gehalten wurde.“18
Die Umsiedlung der Kader, beinhaltete vor allem junge Genossen, des gesamten Landes, von denen einige an Volksschulen in China teilnehmen konnten und dort auch teilweise militärische Ausbildung erhielten.
„Trotz all der Geheimhaltung der Vorbereitung wurde sie denunziert und aufgedeckt. Der Feind entschied sich sofort die Guerillakerne, mit einem Überraschungsangriff zu liquidieren. Diese Möglichkeit war vorhersehbar. Wie reagierte also die Militärkommission? Der Genosse J.19 beschreibt die Frage in Form von Optionen, den Bereich zu verlassen oder sich zu wehren. Die Wahl war Widerstand. Genosse J. fügt hinzu, das sei gut, weil wir als Opfer erschienen. Aber er erklärt die unmittelbaren und zukünftigen Ziele des Widerstands nicht. Und zwar weil diese Ziele schon sehr klar waren. Ich möchte sagen, dass, in Wirklichkeit, die Wahl des Widerstands schon lange getroffen war, folgend aus dem gesamten Konzept der realisierten Arbeit: der Zahl der im Gebiet zur Verfügung gestellten Elemente, ihrer Organisierung, dem allgemeinen Plan des Kampfes. Die Konzentration der Kräfte und die Zentralisierung des Kommandos waren integraler Bestandteil dieser Konzeption. Auf Grund derartiger Vorbereitung und der vorherrschenden politischen Ideen wäre es für die Militärkommission schwierig gewesen, die andere Option, oder auch andere Formen des Kampfes, wie im Dokument des Volkskriegs für die bewaffneten Propagandisten empfohlen, zu wählen.“20
Erste Kampagne
Der Feind deckte die Vorbereitungen auf, beschloss seine erste Kampagne einzuleiten. Die Kampfhandlungen begannen am 12.04.1972 als die reaktionäre Armee eingriff. So begann der bewaffnete Kampf der Guerilla von Araguaia, was wie Maurício Grabois in seinem Tagebuch festhielt, den Anfang des Volkskriegs markierte.
„30.04. - Anfang des Volkskrieges am 12.04. Der Feind, möglicherweise von einem Denunzianten, griff überraschend zwischen 15 Uhr und 16 Uhr Peazão (in Faveira, am Ufer des Araguaia) an. Einige Stunden vorher von den Massen gewarnt zog sich die Abteilung ‚A‘ organisiert in den Wald zurück. Die Gruppe dieser Abteil und, die in Peazão stationiert war, ging angesichts der Übermacht des Feindes kein Gefecht ein, sondern rettete ihre Zahlen, ihre Waffen und diverse Materialien.“21
Die reaktionäre Armee begann den Angriff auf diesem Weg fortzusetzen:
„Am 12. April 1972 begann der Guerillakampf in Araguaia. Ungefähr 20 Soldaten griffen „ Peazão“ (Hauptstützpunkt der Abteilung A) auf dem Wege von São Domingos an. Am 14. griffen ungefähr 15 Soldaten den Stützpunkt Pau Preta (von Abteilung C), auf dem Wege von São Geraldo an. In den ersten Tagen des Aprils hatten schon einige Polizisten die Bereiche der Abteilungen A und C durchkämmt auf der Suche nach Informationen über die ‚Paulistas‘ [Name für Menschen aus der Großstadt São Paulo; Anmerkung des Übersetzers] […] Am 12. April wurde die Abteilung A angegriffen. Das Kommando entsandte einen Genossen um die Abteilung B zu warnen. Abteilung C, nachdem sie am 14. angegriffen wurde, warnte ihrerseits die Militärkommission (MK), als sie eins der Mitglieder trafen. Die MK ergriff Maßnahmen um Abteilung B und auch Abteilung A zu warnen (da sie von dem Angriff auf diese Abteilung noch nichts wussten).“ 22
Der Zustand der Vorbereitung der Guerilla war zu diesem Zeitpunkt noch:
„Die erste Offensive der Armee erfüllte sich, als die Vorbereitung der drei Abteilungen auf den Kampf noch nicht abgeschlossen war. Die Situation der Abteilungen war wie folgt: In A gab es 22 Elemente, Kommandant: Zé Carlos (André Grabois), Vice: Piauí (Antonio de Pádua Costa); In B, 21, Kommandant: Osvaldo (Osvaldo Orlando Costa); Vice: Zeca (José Huberto Bronca); In C, 20, Kommandant: Paulo (Paulo Mendes Rodrigues); Vice: Vitor (José Toledo de Oliveira). In der MK gab es neben den 4 Mitgliedern noch zwei Wachelemente. Insgesamt gab es 69 Elemente. Für die Erfüllung der Zahlen fehlten 13 Elemente. Alle Abteilungen hatten Reserven am Nahrung, Kleidung, Medikamenten und Munition. Es fehlten allerdings unverzichtbare Dinge. In A und in C gab es keine Mehlreserven. Die verfügbaren Waffen waren prekär. In Abteilung A hatten sie vier Fuzi-Gewehre, vier 44er Gewehre, ein dort hergestelltes Maschinengewehr, ein INA-Maschinengewehr, sechs 20er Espringada-Schrotflinte und zwei 22er Karabiner; die Abteilung B hatte ein Gewehr, eine INA-Maschinenpistole, sechs 44er Gewehre, ein dort hergestelltes Maschinengewehr, 16 zweiläufige und eine einläufige Espingarda-Schrotflinte, sechs Espingarda 20, eine Espingarda 36 und zwei 22er Karabiner; in C gab es vier Fuzi-Gewehre, einige 44er Gewehre, Espingarda 20 und 22er Karabiner; in der MK, gab es zwei Espingarda 20. Der Großteil dieser Waffen war alt und wies Mängel auf. Alle Kombattanten hatten 38er Revolver mit jeweils mehr als 40 Schuss. Obwohl alle Elemente Fortschritt im Kennenlernen des Territoriums gemacht hatten, gab es noch große Defizite. Viele Genossen hatten noch Schwierigkeiten sich im Wald zu orientieren und jagten schlecht. Es gab auch kein Informations- und Kommunikationsnetz. Es gab keine Parteiorganisationen in den Peripheriebereichen, auch nicht in den angrenzenden Bundesstaaten. Die MK und die Abteilungen A und B verfügten über wenig Geld.“23
Die Kämpfer waren in drei Abteilungen (A,B,C) unter der Führung der Militärkommission (MK) aufgeteilt. Durch die Angriffe im Laufe der ersten Kampagne ging der Kontakt zur Abteilung C, der noch schwächsten Abteilung, in der auch die meisten neuen Elemente waren, verloren. Es gab während der ersten Kampagne bereits mehrere Gefechte mit Verlusten. Bei der Gruppe C war das noch vermehrt der Fall und sie hatten die meisten Verluste zu beklagen. Die reaktionäre Armee begann auch schon zu diesem Zeitpunkt die Massen anzugreifen, einige von ihnen festzunehmen, zu foltern, sie dazu zu zwingen als ortskundige Führer zu fungieren. Andere versuchten sie zu bestechen und für sich zu rekrutieren. Diese Kampagne erstrecke sich bis zum Juli. Die Antwort der Guerilla fasst der Bericht so zusammen:
„- Sich in die Sicherheitsgebiete zurückziehen;
- Kontakt zu den Massen suchen; und
- versuchen Aktionen der Verfolgung des Feindes und des Hinterhalts durchzuführen.“24
Reaktionäres Militär
Zweite Kampagne
Damit gelang es die erste Kampagne zurückzuschlagen und zu überstehen. Der alte Staat begann allerdings bereits eine zweite Kampagne vorzubereiten. Der Militärkommission gelang es nicht, den Feind ausreichend und richtig zu studieren und ihre Fehler zu überwinden. Die zweite Kampagne begann im September 1972 unter Einsatz von 8000 bis 10000 Soldaten. Der alte Staat hatte mit dieser neben direkten Angriffen, auch das Ziel der Vorbereitung der dritten Kampagne. Zusätzlich versuchten sie mit psychologischer Kriegsführung die Massen gegen die Guerilla zu stellen, sie mit staatlichen Hilfen zu bestechen und die Guerillas zu demotivieren:
„Während der Kampagne, verteilte die Armee in der Gegend Flugblätter, die die Guerilleros aufforderten sich zu ergeben. Sie verteilten auch das Faksimile eines Briefes von Geraldo, adressiert an Glênio (Glênio Sá), aus B, in welchem behauptet wurde er sei vom Militär gut und mit Würde behandelt worden und er ihn bat sich zu stellen. Der Brief trug die Po rtrais von Geraldo und auch von Miguel (der in C verhaftet wurde). Die Massen sagten auch, sie haben einen Brief von Baianinha und einen von Lena gesehen, aber wir haben darüber keine Bestätigung. Auf dem Flugblatt stand unter Anderem, dass ‚das Volk die Guerilleros nicht unterstützt‘, dass ‚die Nachschubquellen der Guerilleros blockiert sind‘, dass ‚die Parteiorganisationen in den Städten gefallen sind, und dort wo sie nicht gefallen sind kurz davor stehen‘, dass ‚der Kampf in Araguaia nicht die Auswirkungen hatten, die sich die Guerilleros erhofften‘, dass ‚die Fluchtwege blockiert sind‘, dass ‚die Stadtguerilla gescheitert ist und es sinnlos ist auf dem eingeschlagenen Weg zu bleiben‘ und dass ‚es kein anderer Weg bleibt als sich zu ergeben‘. Zur selben Zeit realisierten sie die zweite große Operation, die Streitkräfte entwickelten eine parallele Aktion unter den Massen. Sie fuhren mit der Operation Aciso (soziale Zivilaktion [Ação Cívico Social]) fort, verteilten Medikamente und machten ärztliche und zahnärztliche Beratungen, brachten Patienten mit Hubschraubern und Flugzeugen in die großen Städte. Sie führten auch eine Aktion mit der INCRA [Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária; deutsch: Nationales Institut der Kolonisation und Agrarreform, 1970 gegründet] durch. Diese kündigte an sie würde Land verteilen und den Besitz der Bauern legalisieren. Die Militärkampagne streckte sich bis Ende Oktober.“25
Ein Beispiel für das Heldentum der Guerillas in den Kämpfen während der zweiten Kampagne findet sich im Tagebuch des Kommandanten Maurício Grabois, der eine Kämpferin der Gruppe A beschreibt:
„Im Kampf gegen die Streitkräfte der Diktatur, starb am 29. September 1972 die tapfere Kombattantin der Guerillakräfte von Araguaia, Helenira Rezende Nazareth, bekannt unter ihren Genossen unter dem Namen Fátima und in den Städten wie sie ihre Aktivitäten entwickelte unter dem Namen Preta.
Am 28. September ging Helenira mit der Abteilung zu der sie gehörte durch den Dschungel, um an einer Aktion gegen den Feind teilzunehmen. Als sie den Weg überquerten, der zur kleinen Ortschaft S. José führte, stellte der Führer ihrer Gruppe sie als Wache oben an einer Schlucht auf um das Durchqueren der ganzen Guerillaeinheit zu überwachen. Nachdem die erste Gruppe passiert hatte und sie auf das Passieren der zweiten wartete, sah sie das Erscheinen von 16 Soldaten des Militärs. Der Vorangehende, möglicherweise der Kommandant hielt den Trupp an und beschloss mit zwei Weiteren das Terrain zu durchsuchen. Er ging auf die Seite der jungen Kämpferin zu. Diese entschied sich die Gegner zu konfrontieren, mit dem Ziel ihre Genossen zu warnen. Mit einem Jagdgewehr traf sie den mit einem FAL-Gewehr und Granaten bewaffneten Sergeant tödlich. Als sie sich zurückzog wurde sie an den Beinen verwundet. Dann verschanzte sie sich so gut sie konnte und tötete mit einem 38er-Revolver einen schwerbewaffneten Soldaten, der sich ihr näherte. Bis ihr die Munition ausging kämpfte sie mit dem Großteil der Truppen der Regierung.
Gefangen, hielt sich Helenira mit der richtigen Würde der großen Revolutionäre. Die Militärs misshandelten sie brutal, um sie dazu zu bringen zu sagen, wo die anderen Kombattanten seien. Sie sagte sie könnten sie töten, aber sie würde nichts sagen. Am folgenden Tag wurde sie, nach dem Erleiden brutalster Folter, von ihren Peinigern kaltblütig ermordet.
Helenira war, bevor sie in die Wälder des Araguaia kam, eine herausragende Studentenführerin. Als Studentin der Philosophie in São Paulo nahm sie aktiv an den großen Massendemonstrationen von 1968 teil. In jüngerer Zeit gehörte sie zur Leitung der Nationalen Studentenunion [União Nacional de Estudantes] und in verschiedenen Bundesstaaten agierend. Schließlich schloss sie sich der Guerillabewegung an um, mit der Waffe in der Hand, gegen die despotische Regierung der Generäle zu kämpfen. Sie genoss hohe Beliebtheit unter den Studenten von São Paulo, Bahia und Ceará.
Das Leben von Helenira ist ein Beispiel, für Tapferkeit, Selbstlosigkeit und Hingabe für die Sache des Volkes. Es ist Quelle der Inspiration für die gesamte Jugend, für alle Demokraten und Patrioten. Die Geschichte Brasiliens kennt wenige so heldenhafte Haltungen einer Frau, wie die dieser mutigen Guerillera. Drei Momente markieren ihren Werdegang als Freiheitskämpferin und Kämpferin für die nationale Emanzipation. Der erste war ihre freiwillige Inkorporation in die FF GG von Araguaia26, eine Sache, die auch schon allein großen Mut beweist. Der zweite war die Entscheidung sich allein einer zahlreichen Kraft zu stellen um die Sicherheit ihrer Geschwister in Idealen zu garantieren, indem sie, in enormer Waffenunterlegenheit, zwei Feinde liquidierte. Der dritte drückte sich in der klaren Haltung aus Folter und Tod dem Verrat ihrer Genossen vorzuziehen.
Das Opfer von Helenira war nicht vergeblich. Ihre Haltung wird eine immer größere Zahl der Jugend wecken für den Kampf gegen die Diktatur, für Demokratie und die Befreiung von Brasilien von dem Spiel der Imperialisten. Sie wird den Kampfgeist derjenigen, die sich schon gegen die Tyrannei und die Beherrschung der Nation durch ausländische Monopole stellen, vorantreiben. Sie wird der Revolution helfen voran zu schreiten. Der Platz den Helenira in den Reihen der Guerilla hinterlässt wird, im Laufe der Zeit, von Tausenden und Abertausenden neuen Kämpfern gefüllt werden. Eine Sache die Person mit so hohen moralischen Qualitäten, wie diese entschlossene Revolutionärin kann nur, früher oder später, siegreich sein.
Das FF GG von Araguaia ist stolz eine Kämpferin wie Helenira in ihren Reihen gehabt zu haben. Deshalb wird die Abteilung, in der sie inkorporiert wurde von nun an ihren ehrenhaften und glorreichen Namen tragen.
Irgendein Ort im Dschungel des Amazonas, 20. Oktober 1972
Das Kommando der Guerillakräfte von Araguaia“27
Der Guerilla gelang es, auch diese zweite Kampagne zurückzuschlagen, nach den Kämpfen war der Stand der Guerillas:
„Am Ende der zweiten Kampagne des Militärs, hatten die Guerillakräfte folgende Genossen verloren: In Abteilung A, Helenira; in B, Flávio und Gil; in C, Cazuza, Vitor, Antonio und Zé Francisco; im MK, Juca. Hinzu kam das Verschwinden von Glênio. Vom Beginn des Kampfes am 12. April bis Ende Oktober betrug die Zahl der Opfer 18 (Tote und Gefangene). Die Gesamtzahl der Kämpfer betrug damals 50 (mit der Abreise der Genossin in den Süden). Die Abteilung A verblieb mit 19 Elementen, B mit 14, C mit 9 und die MK mit 8.“28
Im November 1972 zogen sich dann große Teile der reaktionären Armee zurück, es blieben Kontrollposten der Militärpolizei und verdeckte Agenten der föderalen Polizei, vor allem auch Vorbereitungen für die dritte Kampagne (die Guerilla rechnete mit dieser, zu diesem Zeitpunkt ungefähr in der Mitte 1973) wie Bauprojekte für Kasernen Kasernen wurden eingeleitet. Die Guerilla nutze diese Zeit ebenfalls für ihre Vorbereitung, sowie für Massenarbeit. So gründeten sie in dieser Zeit 13 Keimzellen der ULDP (União pela Liberdade e pelos Direitos do Povo, deutsch: Vereinigung für die Freiheit und für die Rechte des Volkes), in denen sie bis zu 90% der Bevölkerung der Region organisierten. Der Kontakt zur Gruppe C wurde Januar 1973 wiederhergestellt. Die MK systematisierte die gemachten Erfahrungen und zog unter anderem folgende Schlüsse und Festlegungen:
„Die Sicherheitsnormen der Massenarbeit wurden auf Basis der Erfahrungen ausgearbeitet, die aus den Bedingungen folgten unter denen einige Kombattanten, Jorge, Maria und andere starben. Es wurde gesagt, dass jeder Besuch der Häuser der Einwohner als Militäroperation zu betrachten ist. Vor dem Betreten der Häuser ist es notwendig sie aus der Ferne zu beobachten, um sicherzustellen, dass sich dort keine Soldaten oder fremden Personen aufhalten. Während des Besuchs, muss an allen Zugängen der Häuser Wache gehalten werden. Während des Besuches darf niemand das Haus verlassen. Wenn sich jemand dem Haus nähert, lasst ihn passieren wenn er ein Freund ist, oder haltet ihn auf wenn er keine bekannte Person oder ein Freund ist. Legt die Waffe nicht ab, erklärt den Einwohnern die Gründe und bittet um Verzeihung. Bei den Massenbesuchen dürfen die Guerilleros keine persönlichen Dokumente bei sich haben, oder solche die die Guerilla kompromittieren. Vor dem Betreten der Häuser sollten die Genossen sich auf einen Treffpunkt einigen, falls sie sich schnell aufteilen müssen (einen Treffpunkt in der Nähe und einen weiter entfernten). Wenn mit Elementen Verabredungen gemacht werden, sollten sie nicht den genauen Tag erfahren, an dem ihr Haus besucht werden wird. Beim Verlassen des Besuches sollte nicht klar gemacht werden in welche Richtung sie gehen. Es sollte auch nicht in den Häusern der Massen geschlafen werden.“29
In dieser Zeit gab es mehrere Massen die sich der Guerilla anschlossen. Auch wurde das Material der Guerilla von den Massen enthusiastisch angenommen, so rezitierten ein von den Guerillas geschriebenes Buch und nahmen an größeren und kleineren Massenveranstaltungen teil. Es wurden auch Aktionen gegen Unterstützer der reaktionären Armee sowie Polizeiposten durchgeführt wie dieser:
„In der zweiten Hälfte des Septembers führte Abteilung A eine Operation gegen einen Posten der Militärpolizei von Pará, am Transamazônica[Fernstraße BR-230 durch das Amazonasgebiet; Anmerkung des Übersetzers] (an der Kreuzung nachSão Domingos). Der Posten wurde von Guerilleros umzingelt, die die Soldaten aufforderten sich zu ergeben. Sie gingen auf die Einschüchterung nicht ein und das Strohdach wurde angezündet. Die Soldaten ergaben sich. Bei der Aktion wurden sechs Fuzi-Gewehre, ein 32er Revolver, Kleidung und etwas Munition erobert. Die Soldaten wurden verhörten und anschließend frei gelassen, mit der Warnung, dass sie vor Gericht stellten würden, sollten sie weiter Gewalt gegen die Massen verüben.“30
Dritte Kampagne
Die dritte Kampagne begann am 7.10.1973, der Stand der Guerilla war zu diesem Zeitpunkt:
„Zu diesem Zeitpunkt stellte sich die Situation der Guerillakräfte wie folgt dar: Abteilung A verfügte über 22 Elemente, B über 12, C über 14 und die MK über 8, insgesamt also 56 Guerilleros. Abteilung A verfügte über acht Fuzi-Gewehre und eines in Reparatur, fünf 44er Gewehre, ein INA-Maschinengewehr, acht Espingarda-Gewehre, 22 38er Revolver und ein 32er Revolver. Die Abteilung B hatte ein Gewehr, eine Royal-Maschinenpistole, drei 44er-Gewehre, zwei 44er-Espingarda-Gewehre mit zwei Läufen, ein 16er-Espingarda-Gewehr, ein 32-20er-Karabiner, zwei 20er-Espingarda-Gewehre, ein 22er-Karabiner, 12 38er-Revolver. Die Abteilung C hatte zwei Fuzi-Gewehre, sieben 44er-Gewehre, fünf 20er-Espingarda-Gewehre und 14 38er-Revolver. Mehr als zehn Langwaffen waren in Reparatur. Es gab im Durchschnitt 40 Schuss für jeden 38er-Revolver. Es gab nicht genügend Patronen für die 20er-Espingarda-Gewehre und keine Patronen für das Kaliber 22 mehr. Die Lebensmittelvorräte garantierten eine Versorgung von etwa 4 Monaten. Auch Medikamente existierten in ausreichenden Mengen. Der Großteil der Kombattanten hatten wenig Kleidung hatten schon keine Schuhe mehr. Ein Teil nutzte Motorradreifen und einige Genossen gingen barfuß. Kompasse, Feuerzeuge, Messer, Petroleum und Batterien waren nicht in ausreichender Menge vorhanden. Viele Genossen hatten kein Plastik um sich vor dem Regen zu schützen, auch fehlten Plastiktüten um Essen und Kleidung zu schützen. Das einzige Geld, das es gab, waren 400 Cruzeiros [Auf Grund der mehrfach enormen Inflation und des Austauschs der brasilianischen Währung ist der Wert nur ungenau abzuschätzen, aber entspricht ungefähr einigen Hundert Euro; Anmerkung des Übersetzers]. Die Mehrheit der Genossen, 80 %, orientierte sich ziemlich gut im Wald. Das gesamte Gebiet war im Grunde bekannt. Die Moral der Genossen war sehr gut. Alle waren zuversichtlich und enthusiastisch.“31
Es gab also 3 Neuinkorporationen in Abteilung A und 3 Neuinkorporationen in die neu aufgeteilten Abteilungen B und C. Neben den weiteren Versorgungsproblemen reichten auch die eroberten Waffen, mit den jeweils verlorenen, nur ungefähr aus, um den Stand vor der ersten Kampagne zu erhalten (insgesamt ungefähr 60 Langwaffen, sowie ein Revolver pro Kombattanten), inzwischen war aber ein noch größerer Teil als zu Beginn reparationsbedürftig.
Der Feind wandte bei dieser Kampagne mehr denn je Angriff gegen die Massen an:
„Die feindlichen Truppen drangen über verschiedene Punkte ein. Transamazônica, São Domingos, Metade, Brejo-Grande, São Geraldo und möglicherweise über Palestina und Santa Cruz. Sie begannen die Kampagne mit intensiver Repression gegen die Massen. In den Gebieten, in denen wir aktiv waren, verhafteten sie fast alle arbeitsfähigen Männer. Auf den Feldern hinterließen sie nur Frauen und Kinder. Auch einige Frauen wurden verhaftet. Die Armee versuchte, die Massen in Angst und Schrecken zu versetzen. Sie schlug viele Menschen. Es gab Elemente, die von so vielen Schlägen in den Wahnsinn getrieben wurden. Wenn sie die Bewohner nicht antrafen brannten sie die Häuser und Vorratsräume nieder. Auch Dutzende kleinere und mittlere Händler wurden verhaften. Die Truppen zwangen Elemente der Massen als Führer zu agieren. Die Zahl der Soldaten wurde nach und nach erhöht. Sie besetzten Plantagen, Nussfarmen, Gärten, Straßen, Höhlen usw. Auch in der Peripherie gab es eine große Anzahl Soldaten. Sie richteten mitten im Wald Operationszentren ein, nutzten Plantage, Gärten und Nussfarmen. Sie wurden mit Helikoptern und Flugzeugen unterstützt. Der Großteil der Truppen war auf den Kampf im Dschungel spezialisiert. Sie brachten gute Buschmänner mit.“32
Plakat mit Verschwundenen
In Reaktion auf diese Offensive wurden die Truppen zunächst zusammengezogen und dann in kleineren Gruppen bewegt, dabei gelang es der reaktionären Armee aber immer wieder Zusammenstöße herbeizuführen, wodurch die Guerillas zerstreut wurden und ihr Kontakt nicht mehr zu garantieren war. Viele der Kämpfer sind bis heute „verschwunden“. Die dritte Kampagne beinhaltete ungefähr 20000 Truppen, also so viele wie die gesamte Bevölkerung des Aktivitätsbereichs der Guerilla, die größte Militärkampagne Brasiliens seit dem zweiten Weltkrieg. Darunter waren Experten und Spezialisten unterschiedlicher Art und es gab verbreitete Einsätze von Flugzeugen und Hubschraubern. Die Massen wurden angegriffen, gefoltert und ermordet, im Versuch unter ihnen Terror zu verbreiten, sie gegen die Guerilla zu mobilisieren oder sie zu verraten. Ungefähr 15 Genossen, darunter Mitglieder der Militärkommission und ihr Kommandant Maurício Grabois wurden laut der reaktionären Armee am 25.12.1973 im Kampf getötet, bei einer Aktion, die die reaktionäre Armee „Weihnachtssuhlen“ („chafurdo de natal“) nennt. Die Guerilla war zu diesem Zeitpunkt für eine Versammlung zusammengezogen.
Im Buch „Das Gesetz des Dschungels“ wird an einer Stelle ein Beispiel geliefert, wie die Guerilleros auch am Ende von 1973 nach schweren Verlusten weiterhin mit Heldenmut und Entschlossenheit kämpften:
„Sie überlebte was die Militärs ‚Weihnachtssuhlen‘ nennen: eine Militäroperation, die darauf zielte die Guerilleros und die Militärkommission auszulöschen, die sich im Dezember 1973 als einzelne Gruppe trafen. Laut dem Militär, der ihr Tagebuch mit den letzten Eintragen in die Hände bekam, durchbrach sie die Einkreisung der Repression und marschierte kilometerweit durch den Dschungel überlebende Kombattanten zu finden und ihnen eine wichtige Botschaft zu übermitteln.
Lia hielt in ihrem Tagebuch fest, dass sie tagelang mit Hunger und Durst konfrontiert war. Geschwächt, gab sie nicht auf. In ihren letzten Worten schreibt sie, dass sie nicht sterben durfte, dass sie noch Aufgaben zu erfüllen hatte und, dass sie im Angesichts des Hungers, Dursts und Erschöpfung, wieder zu Kräften kam, indem sie das Lied der Guerilleros sang: ‚Ein Guerillero fürchtet nichts, er gibt nicht auf, er stellt sich der Kugel um zu dienen. Er liebt das Leben, verachtet den Tod und geht der Zukunft entgegen.‘
Lia kämpfte bis zum Schluss. Sie ist ein weiteres Beispiel für das Heldentum und die Selbstaufopferung der besten Kinder unseres Volkes, die großzügig ihr Blut für die Sache unserer Befreiung vergossen haben.“33
"Weihnachtssuhlen"
Auswertung der Erfahrungen
Nach der Niederlage der Guerilla von Araguaia und der Ermordung der Guerilleros durch den alten Brasilianischen Staat stand die Auswertung der Erfahrungen von Araguaia als dringendste und unmittelbare Aufgabe auf der Tagesordnung der Partei. Die Linke in der Führung war jedoch geschwächt, durch die in Araguaia gefallenen Kader und die Verhaftungen und das zu Tode foltern von den Führern des Zentralkomitees Oest, Luís Guilhardini34, Lincoln Bicalho Roque35 und Carlos Nicolau Danielli (letzterer damals Sekretär der Organisation des Zentralkomitees), was der Rechten in der Partei zunächst ermöglichte die Auswertung der Erfahrungen der Guerilla von Araguaia zu verschleppen.
Diese Auswertung wurde damitauf Ebene des Zentralkomitees erst Juni 1976 begonnen.
Sie basierte auf dem oben stellenweise zitierten Bericht von Ângelo Arroyo, der selbst an den Guerillakämpfen teilnahm und im Allgemeinen Teil der Linken in der Partei war, geschrieben im Jahr 1974. Dieser Bericht schätzte die Niederlage der Guerilla von Araguaia jedoch als nur teilweise und temporär an und sah die Gründe dafür in Fehlern taktischer Natur. Pedro Pomar dagegen vertrat die korrekte Einschätzung, dass die Niederlage total war und auf strategischen, grundlegenden und ideologischen Fehlern basierte, ohne dabei seinen gerechtfertigten revolutionären Optimismus schwächen zu lassen:
„Genossen:
Die Diskussion, auf Ebene des ZK, der Erfahrungen des Guerillakampfes von Araguaia werden, meiner Meinung nach, die Ergebnisse liefern, die wir alle anstreben. Zweifellos brauchen wir schon viel zu lange, die grundlegenden Lektion daraus zu ziehen. Die gegenwärtigen politischen Bedingungen, die zügellose Verfolgung von Patrioten, unsere Unerfahrenheit und andere Schwächen behindern und verzögern die Bemühungen in dieser Richtung. Aber wenn wir der Höhe unserer Anforderungen entsprechen wollen müssen wir die kritische und selbstkritische Auswertung dieses Kampfes durchführen.
Wo immer die Nachricht von dieser bemerkenswerten Leistung eintraf, rief sie Bewunderung, Sympathie und Unterstützung hervor. In unseren Reihen entfachte sie Enthusiasmus, Hoffnungen. Es ist der bewaffnete Kampf von Araguaia, der so eloquent zeigte, dass die KP von Brasilien die Fahne der Freiheit und der nationalen Unabhängigkeit ist, überzeugter Feind der militär- faschistischen Diktatur, konsequenter Verteidiger der Demokratie für die Volksmassen. Bei den patriotischen Strömungen des Landes und unseren ausländischen Freunden wurde das Ereignis mit Jubel und Demonstrationen der freudigen Erwartung begrüßt. Was die Auswirkungen bei den Feinden betrifft, reicht es zu sehen wie mobilisiert haben um den bewaffneten Kampf im Keim zu ersticken, jegliche Veröffentlichung über die Guerilla zu behindern und erbarmungslos jeden zu verfolgen, der sie unterstützte.
Das ist, sagen wir, die allgemeinere, politische Bedeutung von Araguaia. Es besteht kein Zweifel, dass es den Wert einer historischen Initiative hatte. Es stellt eine selbstlose, blutige Kraft da um den Weg aus der Sackgasse in der das Land lebt zu öffnen, um dem Volk die Bahnen ihres Kampfes zu zeigen.[…]
Wenn wir die Niederlage vom Standpunkt der, von der Partei verfolgten und von Genossen J. Begründeten, strategischen und taktischen Zielen betrachten, kann die Niederlage von Araguaia nicht als temporär gesehen werden. Welche Ziele waren das? Erstens, das Gebiet zu entflammen [conflagrar, den bewaffneten Kampf in dem Gebiet zu entfachen]; Zweitens, es zu befreien; Drittens, es mit, mit der Zeit, in ein solides Stützpunktgebiet zu verwandeln. Man kommt also nicht an der bitteren Feststellung vorbei: Am Ende des organisierten Widerstandes wurde keins der vorgeschlagenen Ziele erreicht, die Guerilla hat, trotz der vorgestellten positiven Resultate, eine totale und nicht temporäre Niederlage erlitten. Und selbst wenn es uns gelingt den 1972 eingeleiteten bewaffneten Prozess wieder aufzunehmen, ist die Zeitspanne so groß geworden, dass die sich zeigenden Bedingungen so anders sind usw., dass diese Wiederaufnahme nicht auf dem selben Niveau wäre, oder der selbe Prozess, wie der alte, selbst wenn die Charaktere die selben wären – Wald, Massen, Partei und feindliche Truppen. Es ist daher notwendig, den Beginn eines anderen Prozesses zuzulassen, auch wenn er von der vorangegangenen schmerzhaften Erfahrung profitiert, die uns nützlich sein wird. [...]
Trotz der Kenntnis der erlittenen Niederlage, nimmt Genosse J. die im Kampf von Araguaia vorherrschende Konzeption an. Er glaubt wir sollten sie weiter befolgen. Offen gesagt, bin ich mit dieser Meinung nicht einverstanden. Sicherlich, wie bereits gesagt, hat die Erfahrung von Araguaia wertvolle Aspekte, die systematisiert und angewandt werden sollten. Der Kampfgeist, genauso das Heldentum, die Anstrengungen sich den Bedingungen der Umgebung anzupassen, die Kapazität für Widerstand, müssen hervorgehoben und gebührend gewürdigt werden, sie dienen als Beispiel. Unsere Partei wird immer stolz sein auf diesen Kampf, auf das Opfer der Genossen, die dort gefallen sind, um den Weg für den Sieg unserer Sache zu öffnen.“36
Pomar sieht die Erfahrungen von Araguaia also bereits in ihrer historischen Perspektive, dass die Guerilla von Araguaia den Weg des bewaffneten Kampfes zeigte und öffnete. Er betont das Heldentum der Genossen, die diese Perspektive errungen haben. Er betont aber auch, dass die Guerilla von Araguaia eine Niederlage war, die sowohl auf strategischen, ideologischen, als auch taktischen Fehlern basierte und keines der planmäßigen Ziele erfüllte, also nicht nur eine militärische oder temporäre Niederlage war. Pomar beginnt mit seiner Auswertung diese Fehler im Verständnis der Partei, sowie in ihrer Anwendung zu analysieren, was zu diesem Zeitpunkt die dringendste Notwendigkeit der Partei war.
„Die Anzahl der für die Guerilla gewonnen Massenelemente war unbedeutend, vor allem wenn man die Dauer des bewaffneten Kampfes als beachtlichen Erfolg betrachtet. Trotzdem wurde nicht gewusst mit diesen Elementen zu arbeiten. Auch die politische Arbeit der Kerne der ULDP ist nicht klar. Alles deutet darauf hin, dass die Guerilla als Einzellkampf der Kommunisten gegen die Truppen der Militärdiktatur begann. Und so ging es auch fast die ganze Zeit weiter. Darin liegt meines Erachtens der größte Fehler, das Negativste an der Erfahrung von Araguaia. Denn die politische Eroberung der Massen darf nicht erst nach der Bildung der Guerillagruppe durchgeführt werden. Sie darf auch nicht nur und ausschließlich, sei es auch anfangs, von Kommunisten gebildet werden. Und es soll nicht gesagt werden, die in den Dokumenten und Resolutionen der Partei enthaltene Orientierung in dieser Hinsicht nicht glasklar wären. In Wort und im Geist zeigen ,die Parteidokumente gegen die klein-bürgerlichen und fokistischen Thesen, ohne Raum für Zweifel, auf, dass: 1) der Volkskrieg ein Krieg der Massen ist; 2) die Guerilla eine Form des Kampfes der Massen ist; 3) um ihn einzuleiten ‚selbst wenn die Situation reif ist, es notwendig ist, dass die Kombattanten solide Verbindungen mit den Massen geschmiedet haben‘; 4) die Vorbereitung ‚die politische Massenarbeit voraussetzt‘; 5) die drei Aspekte – politische Massenarbeit, Aufbau der Partei und bewaffneter Kampf – im Volkskrieg untrennbar verbunden sind; 6) die Partei, das heißt die Politik, der hauptsächliche dieser Aspekte ist; 7) in einem Wort die militärische Arbeit Aufgabe aller Kommunisten und nicht einiger Spezialisten ist.“37
Pomar zeigt auf wie die im Zweilinienkampf errungenen Definitionen nicht konsequent angewandt wurden. Es zeigt auch das unzureichende Verständnis des Maoismus der Partei. Die Kommunistische Partei Peru wandte den Maoismus nur wenige Jahre später, in der Einleitung des Volkskriegs in Peru am 17. Mai 1980, korrekt an und löste hier aufgeworfene Fragen, wie die Militarisierung der Partei, das heißt, der ganzen Partei, des Massencharakters des Volkskrieges, der Feststellung die Politik als Befehl zu nehmen und weiteren.
„Anstatt zu glauben die Vorbereitungsarbeit sei nur auf Basis dieser Konzeption realisierbar, ist es richtig zuerst die politische Arbeit durchzuführen, um die Massenbasis, die für die Entfesselung des Kampfes notwendig ist, mit einer planmäßigen, vorsichtigen, klandestinen und im Kontakt mit der wirklichen Bauernbewegung stehenden Aktion zu schaffen. Zu behaupten diese Arbeit sei im aktuellen Moment wegen der Wachsamkeit des Feindes nicht machbar, erscheint mir falsch. Das wäre das Selbe wie zu dem Schluss zu kommen die Massenarbeit im Allgemeinen, sowie der Aufbau der Partei, seien unter den Bedingungen der faschistischen Militärdiktatur nicht möglich. Aber diesen Schluss wird, wegen seiner Absurdität, niemand von uns akzeptieren.“38
Pomar betont erneut die Verbindung mit den Massen als Notwendigkeit der Einleitung des Volkskrieges und zeigt damit die Bedeutung der strategischen Massenarbeit auch im Kampf für diese Einleitung und auch im Kampf für die Rekonstitution der Partei für die Einleitung des Volkskrieges auf. Auch unterstreicht er, dass diese Massenarbeit unter allen Umständen möglich und notwendig ist. Dies wurde zu dieser Zeit, unter anderem von der linken Liquidatorenlinie der sogenannten „Bolschewiki“ in Peru geleugnet, die sich während der zweiten politischen Strategie „Rekonstitution der Partei für den Volkskrieg“ mit Verweis auf die Militärdiktatur gegen den Volkskrieg stellten.39 Pomar beschreibt auch, wie diese Vorbereitung der Massenbasis auch für die Ausweitung und Entwicklung des bewaffneten Kampfes notwendig ist und dass dies durch die Armee zu lösen ist. Dies ist Teil der zweiten Aufgabe der Armee (Kämpfen, Mobilisieren, d.h. Mobilisieren, Politisieren, Organisieren und Bewaffnen und Produzieren):
„Noch wenn wir, den bewaffnenden Kampf ausweitend, einige Bereiche entfacht und befreit haben, ist die Aufgabe der Guerillagruppen oder der Volksarmee, die in nicht-entflammten Gebieten eingesetzt sind diese politische Basis zu schaffen, durch die Arbeit unter den Massen, so dass dieses sich selbst dazu entschließen, Selbstverteidigungseinheiten, Milizen, Guerillas usw. zu bilden und die Macht zu übernehmen. Wenn wir den umgekehrten Weg nutzen, gehen wir das Risiko ein in Militarismus zu verfallen.“40
Pomar spricht auch über die Rolle der Partei und die Notwendigkeit ihrer Präsenz:
„Ich muss betonen, dass die Vorbereitung des bewaffneten Kampfes die Aufgabe der gesamten Partei und nicht nur einiger Spezialisten ist. Das Fehlen der Parteiorganisation in dem Bereich sowie seiner Peripherie, im Süden von Pará ist mehr als ein Mangel – es stellte einen schweren prinzipiellen Fehler dar. Das darf nicht wiederholt werden. Die Partei behindert nicht, sondern erleichtert, befördert, gibt Impuls, organisiert, erhält und lenkt den gesamten Prozess.“41
Der Nukleus des Studiums des Marxismus-Leninismus-Maoismus fasst diese Pomars Analysen der Fehler im Verständnis und der Anwendung des Volkskriegs und des Maoismus so zusammen:
„Der erste und wichtigste davon [begangene Fehler] wurde von Pedro Pomar in seiner Auswertung ‚Über Araguaia‘ [‚Sobre o Araguaia‘] aufgezeigt, präsentiert auf dem Treffen des Zentralkomitees im Juni 1976 und wiederaufgegriffen im Dezember des selben Jahres. Pomar zeigte auf, dass, anders als im Dokument ‚Volkskrieg, Weg des bewaffneten Kampfes in Brasilien‘ [‚Guerra Popular, caminho da luta armada no Brasil‘], festgelegt, was angewandt wurde eine andere Konzeption und nicht Volkskrieg war. In Synthese kann diese Auswertung in folgenden Punkten zusammengefasst werden:
1. Die militärische Frage wurde nicht als Militarisierung der Partei (der gesamten Partei) angenommen, sondern als Aufgabe für Spezialisten, die Militärkommission und die geschaffenen Abteilungen.
2. Sie verfallen dem opportunistischem Kriterium, dass es nicht möglich sei politische Arbeit unter den Massen zu realisieren, mit der Behauptung dies würde die Aufmerksamkeit des Feindes erregen, sie sollte erst nach der Einleitung des bewaffneten Kampfes erfolgen, beschränkt auf die Durchführung solcher Aktionen die dienen die Freundschaft und Sympathie der Massen zu gewinnen.
3. Die Region von Araguaia wurde als Hauptbereich definiert, eine Region in der die Bevölkerung relativ gering war, ziemlich verstreut und praktisch ohne jegliche Erfahrung mit Organisation und Kampf, auch ökonomisch, war.
4. Es wurden keine Parteiorganisation in der Region die entflammt werden sollte aufgebaut, auch nicht in ihrem Umfeld
5. Der bewaffnete Kampf wurde nicht auf dem Land und in der Stadt erhoben, sondern nur auf dem Land, was den Faktor seiner Isolation schuf.
6. Die Dreifachgrenze des Papageienschnabels ist zweifellos eine Region mit großer Bedeutung für den revolutionären Krieg, denn neben vielen günstigen Faktoren aus militärischer Sicht, aus der Sicht des Geländes usw., erhielt sie schon große Migrationsströme von Bauern, als Ergebnis der großen Unternehmen der Militärverwaltung im Amazonasgebiet. Dennoch war seine Bedeutung die eines Sekundärbereiches, nicht die eines Hauptbereiches. Die Region des Nordostens, ‚wo‘ wie Manoel Lisboa42 bestätigte ‚der Hauptwiderspruch akuter war‘, war die Region so sich eine zahlreiche Bauernschaft konzentrierte, tief verbunden mit dem Boden und mit festen kulturellen Bindungen, mit akuten Widersprüchen mit dem Latifundium und dem Staat und mit jüngstem Organisierungsprozess der Bauernliga,innerhalb einer riesigen Region, in der Volkskämpfe verschiedener Art eine lange historische Erfahrung hatten.
Aber das grundlegende Problem, die Hauptursache des Fehlers der Konzeption, das im Prozess von Araguaia sehr deutlich wird und weiter seine tragische Entwicklung bestimmt, ist die ideologische Unzulänglichkeit in der Annahme des Maoismus.
Die Schwere dieses war so groß, dass auch die tragische Niederlage von Araguaia die Auffassung der Führung anhob. Im Gegenteil wurde, unter Verwendung der opportunistischsten Mittel, versucht die Versuche selbstkritischer Auswertungen zu bremsen, wie Nutzung der gerechten Würdigung des Heldentums der Militanten der Partei in Araguaia, für das Verstecken der schweren, begangenen Fehler. In diesen Schlussfolgerungen kämpften zwei Auswertungslinien gegeneinander, eine kritische und hauptsächlich richtige, von Pedro Pomar und eine andere hauptsächlich technische, damit unzureichend und falsch, formuliert von Ângelo Arroyo und unterstützt in der so opportunistischen Form von João Amazonas, die mit ihrer ‚Würdigung‘ versuchte, die Erfahrung zu begraben, indem er die revolutionäre Linie der Partei änderte.“43
Manoel Lisboa |
Joao Amazonas |
Bedeutung für die Entwicklung der Partei und Rekonstitution
Die Auswertung dieser Erfahrungen wurde auf diesem Treffen begonnen aber nicht abgeschlossen. Auf dem Treffen des Zentralkomitees im Dezember 1976 wurde sie erneut aufgegriffen. Als das Lokal dieses Treffens jedoch an die Polizei denunziert wurde, verübte diese das „Lapa-Massaker“, in dem Kader die am Treffen teilgenommen hatten, an den Orten an denen sie nach dem Treffen absetzt wurden, verhaftet wurden. Pedro Pomar und Ângelo Arroyo waren zu dem Zeitpunkt noch in dem Haus in dem das Treffen stattgefunden hatte und diskutierten über die Erfahrungen von Araguaia. Dort wurden sie brutal ermordet. Auf Pomar wurde mehr als 90mal geschossen. Im Anschluss inszenierten die Polizei eine angebliche Schießerei. Auch João Batista Franco Drummond44 und wurde verhaftet und zu Tode gefoltert. Auch vier weitere Kader wurden verhaftet. Die Führung der KPvonB wurde im Anschluss daran usurpiert durch João Amazonas45, welcher sich zu der Zeit des Lapa-Massakers in Albanien befand. Dieser sabotierte die weitere Auswertung und verwandelte die Partei in eine weitere legalistische Opportunistenorganisation, die den Maoismus, sich hinter Hoxha versteckend, angriff.
Lapa-Massaker
Die Auswertung der Erfahrungen von Araguaia und die Haltung dazu stellt eine Demarkationslinie in der kommunistischen Bewegung in Brasilien da. Im Kampf für diese Auswertung wurde die Partei von Revisionisten usurpiert und auch danach versuchen Opportunisten und Revisionisten in dieser Erfahrung zu nutzen um das vermeintliche Scheitern des Volkskriegs zu propagieren. Auch liefert die Guerilla von Araguaia wichtige Erfahrungen für die Anwendung des Volkskrieges in Brasilien, im Positiven, wie vor allem auch in ihren Fehlern und kann, muss und wird als Quelle für viele Lektionen dienen, wie der Frage der Militarisierung der Partei, gelöst durch die Kommunistische Partei Perus und dem Vorsitzenden Gonzalo, oder das Verständnis der strategischen Massenarbeit im Dienste der Einleitung des Volkskrieges und ihrer Vorbereitung. Der Volkskrieg ist der einzige Weg zur Befreiung und das es eine unausweichliche Aufgabe ist aus Erfahrungen und Fehlern wie diesen zu lernen:
„Unsere vorrangige und dringende Aufgabe ist es in den Anstrengungen zu bestehen, in den Versuchen der Vorbereitung der bewaffneten Arbeit und den Aufständen der Massen, bis der Volkskrieg eine Realität geworden ist, denn es gibt für das brasilianische Volk keine Alternative, das einen hohen Preis zahlen muss um zu lernen zu kämpfen und die Freiheit zu erobern. Die Feinde, sowie die Opportunisten aller Schattierungen versuchen die Volkskräfte von der Suche nach diesem Weg abzuhalten, sie versuchen zu zeigen, dass er dieser keinen Erfolg haben wird. Die wahren Revolutionäre, insbesondere die Kommunisten, sind jedoch jedes Mal überzeugter, dass dieser Weg nicht nur gangbar ist, sondern auch der einzige Weg ist, der in der Lage ist den Sieg der demokratischen und antiimperialistischen Sache ist. Was uns fehlt ist die Lektionen aus den Fehlern zu ziehen, mutig Selbstkritik zu üben, ohne die wir niemals die erlittene Niederlage in den so ersehnten Sieg verwandeln werden.“46
1Pedro Pomar; Über Araguaia; Redebeitrag zur Auswertung der Kämpfe von Araguaia auf dem Treffen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Brasiliens; Juni 1976; eigene Übersetzung