Wer hat es in seiner Schulzeit nicht auch erlebt; ein Klassensprecher soll gewählt werden und die Klasse entscheidet sich für den Streber, der eh schon wenig Sympathiepunkte hat. Was sollte schon schiefgehen, schließlich wusste man, dass mit diesem Amt keine Kompetenzen, dafür aber nervige Termine verbunden sind. So wie mit dem Klassensprecher ist es um die Demokratie an Schulen auf allen Ebenen bestellt. Die Schülerinnen und Schülern sollen sich Mitentscheidung oder gar Selbstverwaltung einbilden, die Realität wird allerdings von Kultusministerium, Rektorat und Lehrern diktiert.
Referendaren als künftige Klassenlehrer wird in der Ausbildung empfohlen, die Schüler die Klassenregeln selbst ausarbeiten und unterschreiben zu lassen. So würden die Regeln besser eingehalten und es wäre gut weil demokratisch. Die jungen Pädagogen quittieren letzteres mit euphorischem Nicken. Aber was würde passieren, wenn die Schüler die Regeln aufstellen würden, dass sich alle im Klassenraum duzen müssen oder die Schüler über Lerninhalte und Pausen selbst bestimmen können? Solche Regeln, die vom üblichen System Schule abweichen, würden von den Klassenlehrern natürlich direkt kassiert, so gut ist Demokratie dann eben doch nicht.
Auch die Bundesschülervertreter kritisieren, dass sie kaum Entscheidungen durchsetzen können, finanziell nicht ausgestattet werden und im Grunde "Süßigkeitenorgane" seien, die mal ein bisschen Kram verteilen dürfen, aber keinen Einfluss auf den Schulalltag haben. An eine wirkliche Möglichkeit zur Einflussnahme glauben die Schülervertreter kaum.
Dies verwundert kaum, denn Schule im Kapitalismus dient nicht dem Interesse der Schüler, ihre Fähigkeiten allseitig und selbstbestimmt zu entfalten. Schule im Kapitalismus soll das Menschenmaterial möglichst effizient für die Ausbeutung der Lohnarbeit vorbereiten. Tiefgreifende Mitbestimmung ist dafür in Schule und Gesellschaft ein Hindernis, das nicht zugelassen wird. Aber der Kapitalismus und seine fadenscheinigen Lügen sind nicht alternativlos. Im sozialistischen China ging man mit der Kulturrevolution andere Wege und ermutigte die Schüler gegen reaktionäre Autoritäten und Lerninhalte zu rebellieren. Denn „die Jugend ist die aktivste und lebendigste Kraft der Gesellschaft. Sie ist am meisten begierig zu lernen, am wenigsten konservativ im Denken, und dies besonders im Zeitalter des Sozialismus.“ (Vorsitzender Mao)