Genossen haben eine Interview mir einer Auszubildenden geführt, das wir an dieser Stelle veröffentlichen.
Hallo, kannst du dich kurz vorstellen?
Hallo. Ja gerne, ich heiße Paula und bin vor ein paar Jahren als Au-pair, aufgrund der Perspektivlosigkeit in meinem Land wie viele andere Mädchen, nach Deutschland gekommen. Nach viel hin und her habe ich eine Ausbildung in einer Zahnarztpraxis angefangen, um meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Dein Arbeitgeber hat Kurzarbeit eingeführt, wie ist das abgelaufen?
Der Chef ist in die Praxis gekommen, viele von uns haben ihn zum ersten Mal gesehen, und er hat uns gesagt, dass er Kurzarbeit nun anmelden wird, weil er keiner von uns kündigen möchte. Danach wurden alle Mitarbeiter aufgefordert einen Zettel zu unterschreiben. Ich habe in der Runde gefragt, wie das für die Auszubildenden ist und er hat gesagt, dass wir das nicht unterschreiben brauchen wir waren nicht mal auf der Liste. Am nächsten Tag kam der Chef wieder und hat gesagt ich muss doch unterschreiben und hat mir sogar mit der Kündigung gedroht, wenn ich nicht unterschreibe.
Jetzt wurden Stunden gekürzt, aber nicht für alle. Der Chef selber macht keine Kurzarbeit, seine Helferin und eine Frau an der Anmeldung auch nicht. Etwa 10% der Stunden wurden gekürzt, aber ich glaube, dass bei einigen Mitarbeitern mehr als 10% gekürzt wurden. Außerdem müssen wir die Termine so viel wie möglich komprimieren, um einen lückenlosen Arbeitsablauf zu gewährleisten.
Hat man als Auszubildende nicht einen besonderen Schutz vor solchen Maßnahmen wie Kurzarbeit?
Ja, eigentlich dürfen Auszubildende nur auf Kurzarbeit gestellt werden, falls der Betrieb schließen sollte. Trotzdem mussten wir auch den Zettel unterschreiben, falls der Fall sein sollte. Selbst wenn wir auf Kurzarbeit sind muss der Ausbilder uns 6 Wochen unsere volle Ausbildungsvergütung bezahlen, danach wird die auch auf 60% gekürzt. Wer eine Ausbildung gemacht hat weiß, dass die Vergütung in den meisten Ausbildungen nicht besonders hoch ist, wenn ich daran denke jetzt 60% davon zu bekommen
Bedeutet die Kurzarbeit, dass ihr in der Praxis jetzt weniger zu tun habt?
Nein, ich würde nicht sagen, dass wir weniger zu tun haben. Im Gegenteil das bedeutet für uns mehr Stress, die Termine sind sehr eng eingeplant und wir müssen uns hetzen. Außerdem, wenn die Kolleginnen nach Hause geschickt werden, müssen wir ihre Aufgaben übernehmen.Die Person die für die hygienischen Aufgaben zuständig ist, das heißt Reinigung und Sterilisation der Instrumente, arbeitet zwei Tage weniger in der Woche, dann müssen wir Auszubildende das machen. Dazu kommt, dass wir den Kolleginnen bei der Assistenz in der Behandlung helfen, weil sie überlastet sind. Am Anfang wurde jedem Arzt ein Tag gekürzt, aber wenn sie Patienten haben kommen sie doch, aber seine Helferin wird nach Hause geschickt. Dann müssen die Auszubildenden sie ersetzen.
In einer Zahnarztpraxis hat man ja sehr nahen Kontakt zu den Patienten. Das heißt auch, dass das Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus besonders hoch ist. Was unternimmt dein Arbeitgeber, um seine Angestellten davor zu schützen?
Gar nichts, wir arbeiten weiter mit der üblichen Schutzausrüstung: Schutzbrille, Mund- und Nasenschutz und Handschuhe. Wir haben jetzt andere Schutzmasken bekommen zum Verkauf an Patienten oder Passanten, aber nicht für die Mitarbeiter. Mal gucken ob wir auch solche bekommen.
Außerdem gibt es jetzt eine neue Abrechnungsposition für Privatpatienten und diese kann auch bei Kassenpatienten abgerechnet werden für Schutzkleidung des Personals. Also die Patienten müssen für eine Schutzkleidung die wir gar nicht haben bezahlen. Die Chefs wollten angeblich Visiere bestellen, aber die sind nicht lieferbar, ob das stimmt wissen wir nicht. Sie haben sogar auf der Website der Praxis geschrieben, dass sie besondere hygienische Maßnahmen ergriffen haben, z.B Einstellung eines Hygienebeauftragten, was gar nicht stimmt, es gibt keine extra Person dafür. Um die hygienischen Maßnahmen kümmern sich meistens die Auszubildenden. Wir werden auch oft aufgefordert alle Türklinken und Flächen der Praxis zu desinfizieren.
Möchtest du noch etwas sagen?
Ja, ich wünsche mir, ich glaube das wünschen wir uns alle, ein Gesundheitssystem das wirklich für die Gesundheit des Volkes sorgt, nicht ein System das auf maximalen wirtschaftlichen Gewinn gerichtet ist und sich gar nicht für die Gesundheit des Volkes interessiert. Wir sehen, wie in anderen Ländern Menschen auf der Straßen sterben, weil sie sich keine Behandlung leisten können.
Vielen Dank für das Interview.