Vor rund einem ¾ Jahr berichteten wir über ein ominöses „Strategiepapier“ des Bundesinnenministeriums, das verschiedene Szenarien hinsichtlich der Corona-Pandemie ersann und verschiedene Handlungsanweisungen für die interne Sicherheit gab. Beispielsweise wird dort angeführt, wie man die Massen mit Urangst gefügig und folgsam macht:

Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden: 1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.“ S.13

Doch mehr noch: in dem Strategiepapier wurde gar als mögliche Folge der Covid-Pandemie der Zusammenbruch des gesamten imperialistischen Wirtschaftssystem in Aussicht gestellt.

Während das interne Strategiepapier bislang nur auf der NGO-Seite „Frage den Staat“ erschien, kann man inzwischen mutmaßen, dass der Druck und die nachgewiesene Authentizität für das Innenministerium so groß geworden ist, dass sie gezwungen wurde, dieses Strategiepapier nun ganz offiziell auf der ihrer eigenen Website des Bundesinnenministeriums zu publizieren: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid19.pdf?__blob=publicationFile&v=6

Und selbst die Springerpresse ist inzwischen auf das höchst brisante Papier aufmerksam geworden und publizierte in ihrer Sonntagsausgabe unter dem Titel „Maximale Kollaboration - Das Innenministerium ließ in der ersten Coronawelle ein Geheimpapier erarbeiten, das die Bedrohung dramatisch darstellte. Es spannte Wissenschaftler für seinen harten Kurs ein – das zeigen interne Dokumente“ darüber. Die nachfolgenden Auszüge sind länger gehalten, weil wir davon ausgehen, dass unsere Leser die Springer-Presse vernünftigerweise weitestgehend meiden und deshalb die WAMS nicht gekauft bzw. gelesen haben. Der Artikel ist zwar inzwischen auch online zu finden, jedoch hinter einer Paywall versteckt.

Kerber [Horst Seehofers Staatssekretär, anm. d. Red.] hatte einen Plan: Er wollte führende Wissenschaftler mehrerer Forschungsinstitute und Universitäten zusammen spannen. Gemeinsam sollten sie ein Papier erarbeiten, das dann als Legitimation für weitere harte politische Maßnahmen dienen sollte, über Ostern hinaus. Er startete per E-Mail einen entsprechenden Aufruf an die Forscher. Nur wenige Tage später hatten diese den Auftrag des Ministeriums erfüllt. Sie lieferten Input für ein als geheim eingestuftes Papier des Innenministeriums (BMI), in dem die Gefahr durch das Coronavirus so dramatisch wie möglich dargestellt wurde, und das sich rasch über die Medien verbreitete. In einem „Worst Case-Szenario“ malten sie aus: Unternähme Deutschland nichts, wären am Ende der Pandemie mehr als eine Million Menschen im Land tot. WELT AM SONNTAG liegt ein umfangreicher Schriftverkehr vor, der zeigt, was genau sich in diesen kritischen Tagen im März 2020 zwischen der Führungsebene des Ministeriums und den Forschern abspielte. Er zeigt vor allem dies: dass Seehofers Behörde es darauf anlegte, die beauftragten Wissenschaftler für den von ihm angestrebten politischen Zweck einzuspannen – und dass diese dem Aufruf gern folgten. Die gut 200 Seiten an E-Mails belegen somit, dass die Forscher zumindest in diesem Fall längst nicht so unabhängig agiertenwie es Wissenschaftler und Bundesregierung seit Beginn der Pandemie stetig betonen – sondern auf ein von der Politik vorgegebenes, feststehendes Ergebnis hinwirkten. Der Schriftverkehr stammt aus dem RKI. Eine Gruppe Juristen, vertreten vom Berliner Rechtsanwalt Niko Härting, hat sie in einer monatelangen rechtlichen Auseinandersetzung mit der Behörde erstritten und der Redaktion zur Verfügung gestellt. Die Dokumente sind an vielen Stellen geschwärzt, und doch verraten sie viel darüber, wie das Innenministerium auf die Forscher einwirkte und wie diese daran mitwirkten, die Lage möglichst bedrohlich darzustellen. (…) Kerber bat um Verschwiegenheit: Was in den kommenden Tagen in diesem kleinen Kreis besprochen werde, solle „außerhalb von operativ tätigen Krisenstabsinstitutionen“ vertraulich gehalten werden. „Ohne Bürokratie. Maximal mutig“, schrieb Kerber – und steigerte die Dramatik seines Tons zum Ende der E-Mail noch einmal: Da man nicht wisse, „ob und wie lange die Netze noch reliabel funktionieren“, sollten die Teilnehmer ihre Telefonnummern und privaten E-Mail-Adressen übermitteln. (…) Die Forscher beschränkten sich nicht nur darauf, Zahlen zu liefern, sondern machten auch konkrete Vorschläge, wie sich etwa „Angst und Folgebereitschaft in der Bevölkerung“ thematisieren ließen, und sie gaben politische Empfehlungen. „Söder liegt intuitiv richtig“, schreibt einer, dessen Name im Dokument geschwärzt ist. „Das sich ausbreitende Ohnmachtsgefühl muss wohl durch den Eindruck eines starken staatlichen Interventionismus in Schach gehalten werden.“ (…) Die E-Mails zeigen noch etwas anderes, vielleicht weitaus Gravierenderes (…) Welche Annahme solle man darüber treffen, wie viel Prozent der Infizierten in Deutschland am Virus sterben? Dieser Wert war nicht leicht zu beziffern, es gab wenig Erfahrung mit dem Virus. Das RKI hatte gerade erst selbst ein Modell veröffentlicht. Demnach würden voraussichtlich 0,56 Prozent der Infizierten in Deutschland am Virus sterben. Das RWI nun plädierte aber dafür, mit einer Todesrate von 1,2 Prozent zu arbeiten. Dessen zuständiger Forscher schrieb, man solle im Papier „vom Ziel her“ argumentieren, nämlich „hohen Handlungsdruck aufzuzeigen“ und vom Vorsichtsprinzip „lieber schlimmer als zu gut“. Staatssekretär Kerber las bei all dem mit.(Welt am Sonntag, 7.2.2021, bzw. https://www.welt.de/politik/deutschland/plus225868061/Corona-Politik-Wie-das-Innenministerium-Wissenschaftler-einspannte.html)

Inzwischen ist jedem Mensch klar, dass die bürgerliche Politik zu jedweder Lüge und Schandtat bereit ist. Seien es vermeintliche Massenvernichtungswaffen im Irak (Irakkrieg), oder Artillerieschüsse von vietnamesischen Kriegsschiffen (Vietnamkrieg) – nachweisliche Lügen dienten den Imperialisten seit Jeher um Angriffskrieg für ihre Profite zu legitimieren. Und wenn jetzt die Springer-Presse der Auffassung ist, dass das Bundesinnenministerium die Brachialkeule ‚Corona‘ nutzt um schärfere Maßnahmen durchzubringen, um die Massen hierzulande zu schützen, dann muss der Beweggrund des Ministeriums mindestens mit einer großen und gesunden Packung Skepsis und Zweifel begegnet werden.

Denn weitaus naheliegender ist, dass das Bundesinnenministerium ‚Corona‘ und ihre Wissenschaftler benutzt um das hier angeführte Strategiepapier zu entwickeln und psychologische Kriegsführung anwenden, nicht um Covid-19 tatsächlich einzudämmen, sondern um den restriktiven Überwachungsstaat weiter auszubauen und sich eine Unzahl an Befugnissen und das de facto Regieren der Exekutive zu ermöglichen. Denn das dem bürgerlichen Staat herzlich wenig an der tatsächlichen Eindämmung von ‚Corona‘ liegt, zeigen die Maßnahmen zur Genüge. Denn wie wir wissen, dürfen wir weiter auf der Arbeit schuften, aber gegen die Verhältnisse demonstrieren ist mit Verweis auf die Hygiene-Maßnahmen verboten. Was der bürgerliche Staat also viel wahrscheinlicher gemacht hat, ist sich eine Batterie an Befugnissen zuzulegen und als noch autoritärerer, mit verstärkter Machtkonzentration die kommende Rebellion bekämpfen zu können und ‚Corona‘ hierfür als Steigbügelhalter, d.h. Legitimation, nutzt. Um es deutlich zu sagen: diesem Staat liegt nichts, aber auch gar nichts, an den tatsächlichen Bedürfnissen der Massen. Im Gegenteil sieht man unlängst deutlicher denn je, wie restriktiv und gewalttätig noch jede Gegenmeinung gegen diesen Staat zusammengeknüppelt wird.

Was wird aber außerdem deutlich? Dass bürgerliche Wissenschaft nicht über den Klassen steht, dass es keine ‚neutrale‘ Wissenschaft gibt. Deshalb sagte der Vorsitzende Mao bereits vor über 80 Jahren weitsichtig und absolut richtig: „In der Klassengesellschaft lebt jeder Mensch in einer bestimmten Klassenlage, und es gibt keine Ideen, die nicht den Stempel einer Klasse trügen.“ (Mao, Über die Praxis). Es gilt folglich alles, und besonders jede bürgerliche Amtshandlung, kritisch aus der Perspektive des Proletariats, alsomithilfe der Methode des dialektischen Materialismus, zu überprüfen und der Bourgeoisie und ihrer Wissenschaft keinen Vertrauensvorschuss zu geben sondern alles selbst einer Analyse zu unterziehen. Freilich: Naturwissenschaften liegen oftmals richtig, aber dennoch werden sie in den direkten und unmittelbaren Dienst der bürgerlichen Politik für konkrete Zwecke gestellt, weshalb sich der Klassencharakter ganz offen und ihr massenfeindlicher Nutzen zeigt. Nichts anderes war es nach dem zweiten Weltkrieg mit der Erfindung der Atombombe und der ersten Anwendung auf Hiroshima und Nagasaki, die den imperialistischen Nutzen von physikalische Wissensdurchbrüchen einträchtig illustriert, anstatt das errungene Wissen in den Dienst des Volkes zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu stellen.

Die Corona-Pandemie ist eine Realität. Das zu leugnen wäre absurd, insbesondere wenn man die Berichte der Genossen aus Lateinamerika, oder Geschichten von hiesigen Krankenschwestern aus den Stationen bekommt. Jedoch muss deutlich gesagt werden, dass die Corona-Pandemie durch den bürgerlichen Staat ausgeschlachtet und instrumentalisiert wird, um ihre Macht auszubauen. Die Herrschenden fürchten sich vor der kommenden Rebellion im Zuge der gerade anschwellenden Wirtschaftskrise. Deshalb benutzen sie unter dem Deckmantel von ‚Corona‘ jede Möglichkeit die Repression zu erhöhen und die Überwachung auszubauen. Dafür scheuen sie auch vor Dramatisierung und gefälschten Zahlen nicht zurück, wie die hier zitierte WAMS einträchtig belegt.