Die Ermittlungen des Generalbundesanwalt zum sogenannten „Bahn-Chaos“ am 8. Oktober 2022 gelten laut Recherchen des WDR als abgeschlossen. Das Ergebnis kann nicht einmal mehr als schlechte Satire bezeichnet werden: „Reine Gier“ und Absichten, Kupfer zu klauen, seien die Absicht der Täter gewesen, als man an zwei Hunderte von Kilometern voneinander entfernten Orten in zwei redundante Glasfaserkabel schnitt und sich dann aus dem Staub machte.

Am frühen Morgen des 8. Oktober 2022 wurden in Herne im Ruhrgebiet und in Berlin in einem mutmaßlichen Abstand von viereinhalb Stunden zwei wichtige Steuerleitungen des Schienennetzes der Deutschen Bahn durchgeschnitten, die redundant verlaufen, d.h. so verlegt sind, dass wenn die eine beschädigt sein sollte, die andere als Ersatz gilt. Daraufhin fiel das Funknetz der Deutschen Bahn in weiten Teilen Norddeutschlands komplett aus. Schon vergangenen Sommer gaben Medien des Staatsrundfunks bekannt, dass Ermittlungen von Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft ergeben hatten, dass es sich nicht wie anfangs vermutet um Sabotage und einen Angriff auf die „kritische Infrastruktur“ gehandelt habe – was jetzt quasi bestätigt wurde. Es soll sich um Kupferdiebstahl gehandelt haben. Tatsächlich bieten Bahnanlagen grundlegend Raum dazu; das Netz der Deutschen Bahn läuft mit 15 Kilovolt Betriebsspannung und entsprechenden Strömen, entsprechend dicke Kabel mit breitem Kupferquerschnitt laufen an den Gleisen entlang und bleiben nach Arbeiten an der Gleisanlage auch mal als Reste liegen. Um diese zu entwenden, müsste man solche lediglich – als Reste oder noch auf der Kabeltrommel, d.h. nicht ans Netz angeschlossen, ausfindig machen und mitnehmen. Das versteht auch jeder Idiot: Verlegte Kabel durchzuschneiden, wie es in Herne und Berlin geschehen ist, wäre in Bezug auf Starkstromkabel nicht besonders klug – wenn Spannung drauf ist, dann knallt es gehörig, ein Lichtbogen entsteht und man stirbt mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit. Aber die Behörden und der Generalbundesanwalt besitzen tatsächlich die Dreistigkeit, zu behaupten, die Angreifer, oder in ihrem Namen „Diebe“, hätten die Glasfaserkabel, die sie – in ihren Worten „unabhängig voneinander“ (!) – eingeschnitten hatten, mit Kupferkabeln verwechselt. Glasfaserkabel bestehen, wie der Name schon sagt, aus Glas, sorgen als Lichtwellenleiter für den Transport von Daten in Lichtgeschwindigkeit, und müssen – abgesehen solcher Unterseekabel etc. z.B. zwischen Amerika und Europa, über die der halbe Datenverkehr des Internets durchläuft – da es nur Daten sind, d.h. eine geringe Energiemenge, nur sehr dünn sein, und sind daher in der Dicke – und in den allermeisten auch in Frage von Form und Farbe – leicht von Starkstromkabeln zu unterscheiden. Trotzdem seien an zwei völlig verschiedenen Orten im Land (der Abstand zwischen den Taten deckt sich ungefähr mit der Fahrtzeit mit dem Auto, wenn man relativ zügig unterwegs ist) zwei „Diebe“, die nichts miteinander zu tun haben, in der gleichen Nacht auf die gleiche Idee gekommen, zu den Bahngleisen zu laufen und extra Kabelschächte zu öffnen (die in der Regel so schmal sind, dass man verlegte Kabel zwar auftrennen, aber nicht mal eine wirtschaftlich brauchbare Länge Kabel raussscheiden und rausziehen könnte), obwohl die wahren „Schätze“ für Diebe auf und neben den Gleisanlagen selbst zu finden sind, und zwei dünne Lichtwellenleiter aufzuschneiden, die dann auch noch redundant verliefen. Was für ein ärgerlicher Zufall!

Der deutsche Imperialismus lügt sich weiter in Grund und Boden. Die gezielte Sabotage gegen das, was er als „kritische Infrastruktur“ bezeichnet, ereignete sich nur kurze Zeit, nachdem die NordStream-Pipeline in der Ostsee angegriffen wurde, was mehr oder weniger belegt eine Aktion des Yankee-Imperialismus war. Beide Aktionen werden im Nachhinein so gut, wie es geht, unter den Teppich gekehrt. Welche Kräfte am 8. Oktober 2022 am Werk waren, ist noch nicht eindeutig – aber in jedem Fall waren es keine Kupferdiebe, sondern jemand mit Zugriff auf äußerst sensible Informationen über das logistische Netz des deutschen Imperialismus. Zumindest vorstellbar ist dabei auch, dass man es eigentlich nicht auf den Personen-, sondern auf den Güterverkehr abgesehen hatte.

 

Titelbild: Stillstand am Hauptbahnhof Hannover am 8. Oktober 2022 (Quelle: tagesspiegel.de)