Nach der Europawahlen ziehen die ersten „etablierten“ bürgerlichen Parteien ihre Konsequenzen aus den Wahlergebnissen. In den Wahlen zum EU-Parlament haben in Deutschland 14 Prozent der Wähler ihre Stimme an Klein- und Kleinstparteien vergeben, welche auf Abbildungen von Wahlergebnissen häufig als „Sonstige“ angegeben werden. Zu den steigenden Stimmabgaben für solche Kleinparteien kommen zusätzlich noch die sechs Prozent für das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ dazu.

Nun bringt die Landesregierung aus CDU und Grünen zusammen mit der größten Oppositionspartei Nordrhein-Westfalens, der SPD, im Landtag ein gemeinsames Gesetzesvorhaben ein, welches die Sitzverteilung bei den kommenden Kommunalwahlen im Jahr 2025 ändern soll. Nach Ansichten der Grünen würde die Wahlreform dazu führen die „Bevorzugung insbesondere der Kleinst- und Splitterparteien" zu beenden. Eine klar politisch gefärbte Aussage die drastische Konsequenzen hätte, gerade weil es bei Kommunalwahlen keine Fünf-Prozent-Hürde gibt und somit auch kleinere Parteien die Möglichkeiten haben überhaupt in kommunale Parlamente einzuziehen.

Die FDP läuft derweil Sturm gegen das Gesetzesvorhaben und denunziert die Gesetzesänderung als „Machtkartell“ die „kleine Parteien systematisch und massiv benachteiligt" und auch der Westdeutsche Rundfunk schreibt in seine Artikel die Vermutung das es sich bei diesem Vorhaben seitens CDU, Grüne und SPD um den Versuch handelt die Zersplitterung der bürgerlichen Parteienlandschaft zu handhaben und damit die einhergehenden Schwierigkeiten stabile Koalitionen aus den großen bürgerlichen Parteien zu bilden zu dämpfen.

Welche Konsequenzen diese Wahlrechtsreform in der Praxis hätte sieht man daran, wenn man sie auf die letzten Kommunalwahlen im Jahr 2020 in NRW anwendet. Die CDU hätte landesweit ganze 184 Kommunalsitze mehr erreicht. Bei der SPD wären es 84 Sitze mehr und bei den Grünen immerhin noch 51 mehr Sitze in den Kommunalparlamenten. FDP, Linkspartei, AfD und die Kleinparteien hätten mit aktiver Anwendung dieser Regelung dagegen insgesamt 319 Sitze verloren.

Das politische Kalkül der noch mächtigsten bürgerlichen Parteien zeigt auch das Verständnis von bürgerlicher Demokratie welches in der Bundesrepublik praktiziert wird. Es wird alles in die Wege geleitet, um die eigene Macht und die Interessen der großen Monopole des deutschen Finanzkapitals durchzusetzen. Der Vorstoß auf kommunalpolitischer Ebene die Wahlmöglichkeiten jenseits der großen und „etablierten“ bürgerlichen Parteien erheblich einzuschränken zeigt vor allem das Bedürfnis und die Notwendigkeit des deutschen Imperialismus nach Stabilität. Es zeigt auch wie sehr der Parlamentarismus und die bürgerlichen Wahlen eine Farce und durch und durch ein Instrument des Imperialismus sind, um seine internen Widersprüche auszutragen und sein System zu verteidigen. Zunehmend offen auch auf Kosten der Legitimierung der Wahlen durch das Volk, wenn es sogar so weit kommt das mit billigen Tricksereien vorgeschrieben werden soll, wer am Ende regiert.


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