In Baden Württemberg kam es in den letzten Wochen erneut zu Arbeitskämpfen von Beschäftigten der Universitätskliniken. Die Arbeiter forderten im Rahmen der Tarifverhandlungen mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Mittlerweile sind diese Verhandlungen zwar abgeschlossen, die Forderungen jedoch immer noch nicht erfüllt.

Seit Anfang Juni kam es an den Kliniken mehrmals zu kurzen zeitlich befristeten Warnstreiks. Insgesamt waren an den Unikliniken Freiburg, Ulm, Heidelberg und Tübingen um die circa 2.000 Arbeiter mehrmals an den Streikaktivitäten beteiligt. Allein in Freiburg fand in der letzten Woche eine Demonstration mit 1.000 Arbeitern an der Uniklinik statt. Begleitet wurden die Streiks von den Verhandlungen zwischen den Vertretern der Unikliniken und der Gewerkschaftsführung als angebliche Vertretung der Arbeiter. Die Verhandlungen drehten sich um die Ausarbeitung eines neuen Tarifs für die kommenden Jahre Bereits zuvor gab es Tarifverhandlungen mit den Unikliniken in Baden Württemberg. Diese wurden jedoch bereits zuvor mehrmals abgebrochen, da die Kliniken nicht einlenken wollten und sich weigerten die Forderungen ihrer Beschäftigten zu erfüllen.

Die Forderung, welche von den Arbeitern in der Gewerkschaft aufgestellt wurde, war die nach einem sogenannten „Zukunftspaket“für die rund 30.000 Beschäftigten. Dieses enthielt sowohl die Forderung nach einem höheren Lohn, als auch die nach besseren Arbeitsbedingungen. Elf Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr pro Monat, bessere Ausbildungsbedingungen für die Azubis durch Sicherstellung der durchgeführten Praxisanleitungen, Regeln zur Entlastung der Pflegekräfte wie zum Beispiel die Festlegung der Mindestpersonalausstattung für alle Pflegebereiche und ein Belastungsausgleich für alle Tage, welche man Unter der Mindestbesetzung arbeitet oder unerwartet aus dem Frei geholt wird. Auch die Einführung eines sogenannten Lebensphasenkontos, mit welcher die Beschäftigten Teile ihres Gehalts in freie Zeit umwandeln, wodurch sie sich bei Bedarf mehr freinehmen oder früher in Rente gehen können ist dabei. Fünf Tage sollten den Beschäftigten dabei für jedes Jahr, in welchem sie bei den Unikliniken beschäftigt sind kostenlos auf diesem Konto gutgeschrieben werden.

Zu den Forderungen lässt sich sagen, dass diese äußerst gute Forderungen für den Gesundheitsbereich sind. Insbesondere, da man, wie es jedem bewusst sein sollte, dort das Problem eines enormen Personalmangels hat. Da die Krankenhäuser wie alle Einrichtung im Gesundheits- und Sozialbereich über die Jahre hinweg immer mehr und mehr kaputtgespart wurden, haben sich mit der Zeit auch die Arbeitsbedingungen immer mehr und mehr verschlechtert. Die Folge davon ist, dass immer weniger Leute diesen Job machen wollen und viele, die diesen Job machen aufhören, da sie die Belastungen nicht mehr aushalten. Infolge ist eben genau dieser riesige Personalmangel entstanden, welcher heute in diesem Sektor vorherrscht und die ohnehin schwierige Arbeit der Pfleger noch mehr erschwert und die Gesundheitsversorgung des Volkes verschlechtert. Um diesen Personalmangel tatsächlich in den Griff zu bekommen, müsste der Job sowohl finanziell attraktiver gemacht, als auch die konkreten Arbeitsbedingungen verbessert werden. Das Problem dabei ist allerdings, dass die Kliniken in der Realität kein wirkliches Interesse daran haben, dieses Problem tatsächlich zu lösen, da auch Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser als kapitalistische Unternehmen funktionieren und den Regeln des Marktes unterworfen sind. Die Arbeitsbedingungen auf den Stationen und damit die Gesundheitsversorgung der Patienten zu verbessern würde zulasten der Profite der Krankenhäuser gehen und wird daher von diesen nicht freiwillig umgesetzt werden. Entsprechend ist es folgerichtig solche Forderungen in den Gewerkschaften aufzustellen und die Krankenhäuser durch den entschlossenen Kampf der Beschäftigten dazu zu zwingen, diese zu erfüllen.

Dies wird allerdings von den bürgerlichen Gewerkschaften in diesem Land nicht gemacht. Was sie stattdessen tun ist, sich mit den Ausbeutern an einen Tisch setzen und irgendwelche faulen Kompromisse zulasten der Arbeiter aushandeln. So auch in diesem Fall.

Ende letzter Woche wurde von Verdi verkündet, dass man die Tarifverhandlungen „erfolgreich“ abgeschlossen und ein Zukunftspaket für die Beschäftigten durchgesetzt hätte. Auch wenn Teile der Forderungen erfüllt wurden liegt dieses „Zukunftspaket“jedoch weit hinter dem Zurück, was Ursprünglich von den Arbeitern gefordert wurde. Es soll nun einen Belastungsausgleich für die beschäftigten geben, bis dieser Belastungsausgleich automatisiert umgesetzt wird soll es für die beschäftigten dann einen automatisierten Belastungsbetrag geben, der wahlweise in Geld oder Freie Tage umgewandelt werden kann und einem Aquivalent von fünf freien Tagen pro Jahr entspricht. Wie genau dieser automatisierte Ausgleichsmechanismus konkret aussieht und ob er tatsächlich die Situation der überarbeiteten Kollegen verbessert oder einfach nur eine leere Publicity-Regelung ist, wird von der Gewerkschaftsführung dabei allerdings nicht ausgeführt. Auch soll es nun eine nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Option auf mehr Geld oder zusätzliche freie Tage geben. Ab fünf Jahren Betriebszugehörigkeit soll es einen freien Tag mehr geben wobei maximal vier freie Tage pro Jahr vorgesehen sind die entweder genommen oder ausgezahlt werden können. Auch dies entspricht nicht den gestellten Forderungen.

Am Weitesten liegt der Tarifabschluss allerdings unter den Forderungen für eine bessere Entlohnung. Dabei haben die Kliniken den bewährten Trick angewendet, dass sie den Lohn nicht allgemein auf einmal erhöhen sondern diese Erhöhung über die nächsten zwei Jahre Stufenweise strecken. Neben einer Inflationsprämie von 1.050 Euro gibt es ab dem Oktober diesen Jahres demnach eine Gehaltssteigerung von 4,3 Prozent, mindestens jedoch 160 Euro. Im Oktober 2025 soll dann die Zweite Stufe mit einer Erhöhung von weiteren 3,7 Prozent erfolgen. Insgesamt ist dies also eine Lohnerhöhung von circa 8 Prozent. Dabei ist aber auch noch nicht klar, wie stark die Inflation und die ökonomische Belastung der Arbeiter bis 2026 angestiegen sein wird.

Das die Arbeiter in den Kliniken in Baden Württemberg nun mehr Lohn bekommen ist natürlich eine gute Sache, aber es ist auffällig, dass die Gewerkschaften wie auch hier bei jeder Tarifverhandlung immer wieder weit hinter den Forderungen ihrer Beschäftigten zurückbleibt. Letztlich arbeiten die bürgerlichen Gewerkschaften in diesem Staat nämlich nicht wie sie es sollten als Kampforganisationen der Arbeiterklasse, sondern vielmehr als Bittsteller, die wie sie es selbst zugeben, versuchen „Kompromisse“ mit den Chefs auszuhandeln und die Kampfbereitschaft der Beschäftigten zu beschwichtigen. In diesem Kontext findet auch die Teilerfüllung von Forderung,statt, denn sowohl die Unternehmen, als auch die Gewerkschaftsführer haben das Interesse, die Beschäftigten soweit ruhig zu halten, um tatsächliche unbefristete Streiks zu verhindern. Gerade die Beschäftigten der Unikliniken haben dabei jedoch schon oft gezeigt, dass sie eigentlich zum Streiken bereit wären.

 

Bild: Arbeiter des Klinikum Ulm währed des Warnstreiks.

Bildquelle: SWR.de