In der vergangenen Woche veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung eine Studie, in der Daten der Krankenkasse DAK ausgewertet wurden, um die durchschnittliche Zahl an Krankheitstagen in verschiedenen Berufsgruppen zu ermitteln. Seitdem wird vor allem über eine Zahl aus der Veröffentlichung berichtet: Die durchschnittliche Anzahl an Krankheitstagen bei Erziehern liegt bundesweit bei 30. Die Zahlen aus Berlin legen da aber nochmal einen drauf, mit durchschnittlich 36 Krankmeldungen im Jahr.
Damit haben Berliner, die in Kitas, Horten oder Kinderheimen arbeiten, den höchsten Krankenstand in Deutschland. Der Durchschnittswert aller Berufsgruppen lag bei rund 20 Tagen. Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass Erzieher in Ostdeutschland öfter krank sind, als in Westdeutschland. Der Anteil der ärztlich attestierten Krankentage, also der Krankenstand, lag mit 9,8 Prozent ebenfalls deutlich höher als der Mittelwert aller Berufsgruppen, welcher bei 5,6 Prozent lag
Am häufigsten fielen Erzieher laut der Studie aufgrund von Atemwegserkrankungen krankheitsbedingt aus. Psychische Erkrankungen sind der zweithäufigste Grund für Krankmeldungen. Insbesondere die Arbeitsunfähigkeitstage infolge psychischer Erkrankungen seien in der Kinderbetreuung in den letzten Jahren stark angestiegen sowie deutlich höher als im Schnitt aller Berufsgruppen, hieß es.
Nach Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung stecken viele Einrichtungen in einem Teufelskreis: „Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt“, erklärte die Expertin der Stiftung für frühkindliche Bildung, Anette Stein. „An gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung ist vielerorts gar nicht mehr zu denken.“
Gegenüber dem rbb24 schilderte eine Erzieherin ihren Alltag wie folgt: „Zudem kann ich meine Arbeit kaum durchführen, da ich häufig für die ganze Gruppe allein zuständig bin und sich mein Fokus verändert. Eine kontinuierliche Arbeit an und mit den Kindern, denen ich zur Seite gestellt bin, ist nicht möglich, da ich andere Aufgaben mitübernehmen muss, damit die Gruppe offenbleiben kann. Oft sind zusätzlich noch Kinder aus anderen Gruppen zu betreuen.“
Um die Ausfallzeiten, die durch Krankheit, Urlaub und Fortbildungen anfallen, aufzufangen, bräuchte es laut Stiftung knapp 97.000 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte zusätzlich, davon 25.000 in Ost- und 72.000 in Westdeutschland. Kostenpunkt: 5,8 Milliarden Euro jährlich, die die Personalsituation zumindest kurzfristig stabilisieren würden, wie die Stiftung vorrechnet.
Erzieher gehören nach wie vor nicht gerade zu den „Gutverdienern“, mit durchschnittlich 2.931 Euro in Berlin. In Ostdeutschland verdienen Erzieher im Übrigen im Durchschnitt vier Prozent weniger als im Westen. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass diese Arbeit als „typisch weiblicher“ Beruf gilt. Etwa 7000 Erzieher betreuen über 35.000 Kinder in berliner KiTas, welche Eigentum des Landes Berlin sind. Das Land Berlin als Arbeitskäufer weigert sich jedoch vehement dagegen, den Lohn anzuheben und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Zuletzt streikten in Berlin immer wieder Arbeiter der landeseigenen KiTas.