Vor genau zwei Jahren hat das polnische Amtsgericht darüber entschieden, dass ein Schwangerschaftsabbruch bei einem schwergeschädigten Fötus nicht mehr erlaubt ist. Somit müssen Frauen Kinder zur Welt bringen, obwohl sie schon vor der Geburt wissen, dass es keine Chance zu überleben hat. Eine Abtreibung ist nur noch erlaubt, wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist oder eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der Frau besteht. Jedoch dürfen Ärtze die Abtreibung aus “Gewissensgründen” verweigern. Nicht ohne Grund ist die Gesetzeslage so, dass nicht die Frau die abtreibt die Strafe bekommt, sondern die Person, die ihr dabei hilft.
So ist es auch bei der Aktivistin Justyna Wydrzyńska, welche sich am 14. Oktober in Warschau vor Gericht dafür verantworten musste, mit einer jungen Frau im Jahr 2020 ihre eigenen Abtreibungsmedikamente geteilt zu haben. Ihr drohen drei Jahre Haft. Am Morgen der Verhandlung haben sich ca. 50 Personen vor dem Gerichtseingang versammelt, um ihre Solidarität zu zeigen. Der Gegenprotest bestand aus 6 Leuten die über Lautsprecher katholische Gebete wiederholten und einem Transporter auf dem Bilder von abgetriebenen Kindern zu sehen waren. Der Prozess wird im Januar 2023 fortgesetzt, ein Urteil wird im Februar erwartet. Doch selbst wenn dieser präzidenzlose Fall nicht mit einer Verurteilung endet, sieht man immer wieder, das dieses System den Frauen nichts zu bieten hat.
Bild: Abtreibungsgegner schlagen mit Transporter vor dem Gerichtsgebäude auf
Das frauenfeindliche Gesetz wurde unter der national-konservativen Regierung der Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) im Bündnis mit der katholischen Kirche durchgesetzt. Es ist ein Angriff auf die Selbstbestimmung der Frau und dient der Aufrechterhaltung des konservativen Frauen- und Familienbild. Schon in den letzten Jahren trugen die Massen, vor allem die Frauen unter ihnen, in großer Zahl ihre Wut darüber auf die Straßen. So auch im Juni, als die Verordnung für ein medizinisches Informationssystem in Kraft trat, in der eine Schwangerschaft in der Gesundheitskartei verzeichnet werden musste und somit praktisch ein “Schwangerschaftsregister” erstellt wurde.
Bild: Proteste im Juni 2022
Doch nicht nur die Frauen aus Polen haben allen Grund sich gegen das System in ihrem Land aufzulehnen: Auch Geflüchteten aus der Ukraine wird der Schwangerschaftsabbruch in Polen verwehrt, es sei denn, sie können eine Vergewaltigung nachweisen. Ebenfalls zu erwähnen ist der Versuch der polnischen Regierung ihre reaktionären Vorstellungen über die Handhabung von Schwangerschaftsabbrüchen auf ihre Nachbarländer Tschechien, Kroatien, Slowenien und Slowakei auszuweiten.
Und die Herrschenden lassen es sich natürlich nicht entgehen, auch mit diesem Thema Wahlkampf zu machen. So versprach der ehemalige Präsident des europäischen Rates Donald Tusk, dass seine konservative Partei, die Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO), nach den Wahlen im Herbst 2023 einer Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zustimmen beziehungsweise diese aktiv vorantreiben würde. Doch von solchen leeren Versprechungen darf sich keine Frau einlullen lassen, und ebensowenig von den Versprechen der bürgerlichen, sowie kleinbürgerlichen Feministinen.
Denn auch Organisationen wie das “Abortion Dream Team”, in der Justyna Wydrzyńska Mitglied ist, werden mit ihrer charity Arbeit nicht zur Selbstbestimmung der Frauen führen. Das kann nur durch die Zerschlagung des Systems durch einen revolutionären Kampf unter proletarischer Führung erlangt werden.