In Deutschland ist man es von den Medien gewohnt, dass sie bei allen möglichen Vorfällen mit Verletzten schnell und allzu oft vorschnell davon ausgehen, dass es sich um einen „islamistischen Terroranschlag“ handele. Als jedoch vergangenes Wochenende ein AfD-Anhänger in eine Menge aus linken Demonstranten fuhr und mehrere teils lebensgefährlich verletzte, da war es ein Verkehrsunfall. Wieder einmal wurde mehr oder minder die Pressemitteilung der Polizei kopiert.

 

„Demonstranten der rechten und linken Szene gerieten außerhalb des Veranstaltungsgeländes aneinander. Dabei wurde im Rahmen eines Verkehrsunfalls eine Person der linken Szene schwer verletzt und in ein Krankenhaus eingeliefert. In der Folge kam zu Aggressionsdelikten gegenüber Beteiligten und Polizeibeamten, die die Abgabe eines polizeilichen Warnschusses erforderte.
Der Vorfall ist der Staatsanwaltschaft in Kiel vorgetragen worden, demnach ermittelt die Polizei gemeinsam mit einem Unfallsachverständigen gegen den Unfallfahrer wegen der Straftat "Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr". Der Beschuldigte ist nach einer ersten Befragung auf der Dienststelle wieder entlassen worden.“ Erste Presserklärung der Polizei (Bad Segeberg)



Wir lernen es kam ein Aneinandergeraten, denn zum Streiten gehören immer zwei – das weiß man schon seit der Grundschule. Im Rahmen dessen – einem Aneinandergeraten – gab es einen Verkehrsunfall. Das passt jetzt nicht ganz zusammen, aber jedenfalls ist klar, die Linken sind nicht ganz unschuldig, und die Rechten sind höchstens fahrlässig gewesen. Es war ein Unfall, kein Anschlag.


„Am Rande einer AfD-Veranstaltung wurde eine Person durch ein Auto schwer verletzt. Linke Demonstranten gehen von Absicht aus. Sie sollen so aggressiv gegenüber der Polizei geworden sein, dass diese einen Warnschuss abgab.

Am Rande einer Auseinandersetzung zwischen Demonstranten der rechten und linken Szene ist ein Mensch bei einem Vorfall mit einem Auto schwer verletzt worden. Die Person, von der Polizei der linken Szene zugerechnet, kam nach dem Vorfall am Samstag in Henstedt-Ulzburg knapp 30 Kilometer nördlich von Hamburg im Kreis Segeberg ins Krankenhaus.“ Die Welt

Für die Springerpresse war es ein „Vorfall mit einem Auto“. Die Linken würden von Absicht ausgehen, waren aber auch sehr aggressiv, sodass die Polizei einen Warnschuss abgeben musste. Also schlimme Leute, diese Linken. Aber zu sehr will man nicht hetzen, weil man die eigene Geschichte selbst für zu unglaubwürdig hält.

„Die Staatsanwaltschaft ermittelt aktuell wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr gegen den Teenager.“ Der Spiegel

Der Spiegel bemüht juristische Begriffe, und benennt den Täter als Teenager. Teenager sind Leute, die zu viel Alkohol trinken, eine erste Beziehung haben, und auch mal Dummheiten begehen. Da kann man schon auch mal wütend werden und in eine Menschenmenge rasen, solche Sachen eben. Jedenfalls ist es keine Amokfahrer, kein Terrorist, und kein Nazi. Statt auf seine Tat oder seine Gesinnung stellt man lieber auf sein Alter ab.

„Laut Polizei hatte es zuvor eine Spontandemo von 50 bis 60 Anhängern der linken Szene und Handgreiflichkeiten gegenüber Besuchern der AfD-Veranstaltung und Polizeibeamten gegeben. Außerhalb des Veranstaltungsgeländes seien "Demonstranten der rechten und linken Szene" aneinandergeraten. Der Heranwachsende gehörte laut einem Polizeisprecher zu einer Gruppe von insgesamt vier jungen Männern, die demnach eigenen Angaben zufolge von der Veranstaltung kam, zu der auch AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen angereist war.“ Der Spiegel

Auch wenn er vorher eine Afd-Veranstaltung besuchte, ist er in der Hauptsache ein Heranwachsender.

Die taz hat sich die Mühe gemacht ein wenig zu recherchieren.

„‘Ich dachte, ich sehe nicht richtig‘, berichtete einer der Betroffenen der taz. Am Ende der Veranstaltung gegen 18.30 Uhr seien vier Besucher der Veranstaltung an ihm und seinem Begleiter vorbeigegangen. Zwei von ihnen seien in einen grauen Pick-up eingestiegen und statt auf die Straße zu fahren auf den Gehweg gebogen. „Und der Fahrer gab Vollgas und raste auf uns zu.“
Die kurze Distanz zwischen dem Auto und den Männern war schnell überwunden. „Etwas konnten wir uns in die Rabatten retten, der Fahrer traf uns dennoch mit der Motorhaube. Wir wurden weggeschleudert“, sagt der 44-Jährige. Beide erlitten Prellungen und Schürfungen am Körper. Sein Begleiter wurde zudem am Kopf verletzt. Er sah noch, wie das Auto weiter auf dem Gehweg raste, eine Frau voll traf und dann auf die Straße fuhr. Sie musste ins Krankenhaus, durch die Prellung am Oberkörper kann sie schwer atmen. Eine Polizistin habe gesagt, dass „die Frau tot“ hätte sein können, will der Betroffene gehört haben.“ Die taz


Das klingt jetzt nicht so ganz nach einem „Verkehrsunfall“, wohingegen ein „Vorfall mit einem Auto“ schon eher zutreffend ist. Denn mehrfacher versuchter Mord (gemeingefährliche Mittel) durch eine Amokfahrt ist wohl irgendwie ein „Vorfall mit einem Auto“.
Da in Anbetracht solcher Gegendarstellungen wie dieser, die sich zahlreich auch in sozialen Medien finden lassen, die Presseerklärung der Bad Segeberger Polizei ziemlich lächerlich und verlogen aussieht, haben sich die Kieler Kollegen gedacht, sie schreiben das nochmal neu.


„Nachdem Samstagnachmittag ein 19-Jähriger am Rande einer Demonstration in Henstedt-Ulzburg mit einem VW Amarok mehrere Personen anfuhr und diese verletzte, haben die Kieler Staatsanwaltschaft und das Kommissariat 5 der Bezirkskriminalinspektion Kiel die Ermittlungen aufgenommen. Ermittelt wird derzeit wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie gefährlicher Körperverletzung.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand soll der 19-Jährige gegen 17:50 Uhr mit einem 18 Jahre alten Begleiter den Wagen in der Beckersbergstraße bestiegen haben und teilweise auf dem Gehweg fahrend auf mehrere Personen zugefahren sein.
Hierbei verletzte er nach jetzigem Ermittlungsstand drei Personen im Alter zwischen 21 und 44 Jahren. Die beiden Männer und die Frau wurden ärztlich versorgt, mussten jedoch nicht stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. Konkrete Zeugenaussagen der drei Verletzten zum Hergang liegen der Polizei bislang nicht vor, da sie keine Angaben machen.“ Zweite Presserklärung der Polizei (Kiel und Staatsanwaltschaft)


Das soll den angerichteten Schaden begrenzen. Dennoch bleibt die Geschichte ein Lehrstück darüber wie die Polizei und die bürgerlichen Medien rechte Gewalt bagatellisieren. Jetzt sind es nicht nur Anschläge von Einzeltätern, jetzt sind es nur noch Unfälle.