Die Skandale um das ehemalige Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen reißen nicht ab.
Erst 2018 wurde der langjährige Leiter und dienstbeflissene Antikommunist Hubertus Knabe entlassen, weil er bei sexueller Belästigung unter Angestellten konsequent weggeguckt hat. Bei so einem Hausherrn ist es kein Wunder, dass unter den Mitarbeitern und Zeitzeugen, die durch das ehemalige Gefängnis führen, einige Rechtsradikale sind. Vermehrt AfD-Anhängern wird hier das perfekte Arbeitsumfeld geboten. Sie können auf tatsächliche oder vermeintliche Verbrechen der Revisionisten zeigen und dabei zum Kreuzzug gegen den Kommunismus rufen.
Fake-Häftling Rainer Schamberger
Eine besonders krasse Blüte des antikommunistischen Opferkults wurde im September publik. Das AfD-Mitglied Rainer Schamberger hat jahrelang unter falscher Identität in Hohenschönhausen gearbeitet. Als angeblicher Ex-Häftling „Olexander Sbutewitsch“ hat er Besucher durch Hohenschönhausen geführt. Denn ehemalige Häftlinge, die Führungen machen, können besonders gut als Kronzeugen gegen vermeintlichen Sozialismus auftreten. Sie nehmen ihre eigene Geschichte als Rechtfertigung, um ideologisch weit auszuholen. Zwischen Erläuterungen zu Haftbedingungen und Häftlingsbiografien kriegt der Besucher Hohenschönhausens bürgerliche Gardinenpredigten über die angebliche menschliche Natur oder die Grausamkeit von Kollektivierung. 1945 verhaftete Naziverbrecher und 1985 verhaftete Punks werden dabei gleichermaßen zu Opfern eines roten „Totalitarismus“ erklärt, gegen den man die parlamentarische Demokratie verteidigen soll. Solange dem Besucher so eine Botschaft mitgegeben wird, erfüllt die „Gedenkstätte“ aus Sicht des Staates ihren Zweck. Da dürfen es gerne auch mal ein paar Chauvinisten mehr sein.