Der Hamburger Jungfernstieg gilt als einer der prächtigsten Orte Hamburgs, er ist ein Anziehungspunkt für Touristen und die Reichen, die sich in den teuren Restaurants und Cafés rundherum aufhalten. Der schöne Ausblick auf die Alster lädt im Sommer aber auch viele junge Menschen dazu ein, an der Promenade zu sitzen und abends das ein oder andere Getränk zu trinken. Doch Jugendliche, die in Gruppen auf den Treppen am Jungfernstieg sitzen, Musik hören und Alkohol trinken, passen dem Hamburger Senat überhaupt nicht ins Bild der prachtvollen Flaniermeile für Bonzen.
Um den Jugendlichen das Leben schwer zu machen und sie vom Jungfernstieg zu vertreiben, patrouilliert die Hamburger Polizei mit großem Aufgebot am Jungfernstieg und kontrolliert und schikaniert die Jugendlichen. Hierfür wurde auf Order des Senats sogar die „Soko Alster“ von der Polizei gegründet. Dazu spielen die Lokalnachrichten – ob Bild, Mopo, Hamburger Abendblatt oder NDR – eine wichtige Rolle bei der Rechtfertigung der Polizeischikane, die vor allem auf imperialistischem Chauvinismus und Arbeiterfeindlichkeit basiert. So ziehen die Medien einen Fall vom letzten Wochenende heran, bei dem ein Jugendlicher von einem anderen mit einem Messer verletzt wurde. Aus diesem Fall konstruiert die bürgerliche Lokalpresse die Existenz von regelrechten „Jugendgangs“ von denen eine aus dem Arbeiterviertel Jenfeld kommen soll und dessen Mitglieder laut Presse junge Ausländer sind. Ausländer aus den Arbeitervierteln sollen also diejenigen sein, die den Jungfernstieg zu einem Hort der Gewalt und der Kriminalität machen – dieses Bild vermitteln die bürgerlichen Medien nun.
Auch die parlamentarische Opposition – insbesondere die CDU – treibt die chauvinistische Hetzte voran und fordert vor allem mehr Polizeipatrouillen. Diese nutzten sie insbesondere dafür, um politisches Kapital aus der Situation zu schlagen und forcieren eine vehementere Reaktionarisierung und eine stärkere Militarisierung der Hamburger Innenstadt. Zu welchen neuen Mitteln der Senat nach dem Fall vom letzten Wochenende, der darauf folgenden Hetze in der Presse und dem zusätzlichen politischen Druck durch die Opposition greifen wird, bleibt abzuwarten. Schaut man sich aber an, was der Senat in den letzten Monaten am Hauptbahnhof aufgebaut hat, wird deutlich, in welche Richtung die Reise geht.
Die Situation am Jungfernstieg macht klar, dass die Jugend – primär die Jugend aus den Arbeitervierteln – an den schönen und prominenten Orten Hamburgs nicht willkommen ist. Ist man ein Jugendlicher aus der Arbeiterjugend und womöglich auch noch Migrant, hat man an Orten wie dem Jungfernstieg, wenn es nach der Stadt geht, nichts verloren. Trifft man sich dort trotzdem, muss man damit rechnen, von der Polizei schikaniert und vertrieben zu werden. Laut der Hamburger Polizei wurden am letzten Samstag allein 14 Jugendliche am Jungfernstieg kontrolliert und festgenommen, obwohl – das gesteht sich die Hamburger Polizei selbst ein – keiner in Zusammenhang mit der Messerstecherei an dem Abend gesetzt werden konnte.