Am vergangenen Samstag trafen in der 2. Bundesliga Hansa Rostock und der HSV im Ostseestadion aufeinander und trennten sich mit 2:2. Für die Hamburger ein kurzer Weg, für den der Regionalzug reicht – an diesem Tag wurde es für 855 Hamburger Fußballfans und ca. 150 weitere Unglückliche aber ein deutlich längerer Ausflug, weil die Bundespolizei ihre Schikane auf die Spitze trieb und einen ganzen Fan-Zug im Bahnhof des Hamburger Randbezirk Bergedorf anhielt und mit ca. 400 Beamten die Fans drangsalierte und alle Identitäten feststellte.
Der Vorwand: Man suche 60 „Gewalttäter“, bei denen es im vergangenen September mit Anhängern von Borussia Dortmund auf der Durchreise im Mannheimer Bahnhof zu einem kleinen Plausch gekommen war. 31 davon sind die Bullen nun der Meinung, identifiziert zu haben, u.a. aufgrund des Einsatzes sogenannter „Super-Recognizer“, Polizisten, die sich auf das Merken von Gesichtern spezialisiert haben.
Schon in Rostock, wo einige HSV-Lumpen gegen einen Stadionimbiss randaliert hatten und es weitere Auseinandersetzungen, Flaschenwürfe etc. zwischen Hamburg-Fans und Polizisten gab, pferchte die Polizei am Bahnhof nach dem Spiel massenhaft Fans vor der Abfahrt des Zuges zusammen, wobei Panik aufkam. In Bergedorf dann wurde der Regionalexpress um 19:45 Uhr gestoppt, etwas später ließ man verlauten „Der Zug hält hier und fährt nicht mehr weiter. Alle werden jetzt kontrolliert.“. Um 20:10 Uhr begannen die Kontrollen, erst um 2:20 Uhr in der Nacht waren die letzten durch. In der Zeit mussten die knapp tausend Insassen in der Hitze des überfüllten Zuges, ohne Trinkwasser und unter Verwehrung von Toilettenbesuchen und sanitätischer Hilfe („Gibt's nicht“ – so sollen sich die Bullen ausgedrückt haben) ausharren. Mehrere Menschen sollen Kreislaufprobleme bekommen haben und z.T. kollabiert sein; Minderjährige wurde ohne Rücksicht durchfilzt; Leute sollen aus Panik und Schmerz geschrien haben. „Die Polizei war sehr aggressiv gegenüber den HSV-Fans, von Anfang an wurde sehr wenig kommuniziert“, berichtet ein anonymer Fan gegenüber „t-online“. „Da wusste die rechte Hand nicht, was die linke macht. Ein Polizist schubste mich weg und sagte, dass ich zurück in die Reihe gehen soll. Ich sagte nur, dass sein Kollege mich gerade hierher geschickt hat.“ Auch Frauen seien kontrolliert worden, obwohl entsprechend der Tatvorwürfe in Mannheim ausschließlich Männer gesucht wurden. Darüber seien die Polizeikräfte vor Ort nicht informiert gewesen – was man sich wohl gut vorstellen kann. Ein junges Mädchen sei sogar daran gehindert worden, einige Stationen vor Bergedorf auszusteigen, weil die Kontrolle in Bergedorf anstehe.
Der HSV Supporters Club will nun gegen die Einsatzleitung klagen und bittet alle Betroffenen um Gedächtnisprotokolle. An dieser Stelle muss man sich wieder vor Augen führen, dass die Reaktion solches Vorgehen fast immer in anderen Bereichen austestet, um sie später gegen die revolutionäre Bewegung anzuwenden. Parallelen zu diesem rechtswidrigen Einsatz, bei denen große Personenmengen aufgrund des Vorwurfs des Landfriedensbruchs stundenlang unter miserablen Bedingungen festgehalten und kontrolliert werden, gibt es z.B. auch bei den Lina-Protesten in diversen Städten der BRD am 31. Mai letzten Jahres, wo unzählige, ohne eine Straftat begangen zu haben, für einen langen Abend im Polizeikessel und darüber hinaus landeten.
Quelle: t-online.de (beide Bilder)