Wir puplizieren hiermit eine Presseerklärung des Bündnis für den 1. Mai in Bremen.

 

Der 1. Mai lässt sich nicht verbieten

Der 1. Mai ist eine der populärsten Traditionen der jüngeren Menschheitsgeschichte, entstanden in einer Zeit, in der der aufstrebende Kapitalismus Millionen von Arbeitern schuf und seitdem in bitterster Armut hält.

 

Dieses Jahr jährt sich der 1. Mai zum 130. Mal. Seit seinem Entstehen treibt dieser Tag jedes Jahr bis heute Millionen von Menschen, darunter Arbeiter, Jugendliche, fortschrittliche Intellektuelle und Gewerkschafter auf der ganzen Welt auf die Straße. Jahr auf Jahr richten sich die Demonstrationen am 1. Mai gegen menschenunwürdige Lebensbedingungen, niedrige Löhne, repressive Gesetzgebungen und dergleichen mehr. Der 1. Mai ist somit nicht nur eine Tradition, sondern eine kämpferische Tradition für die Rechte und für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Millionen von Menschen.

 

Auch dieses Jahr waren bereits wieder in etlichen Städten in der BRD Kundgebungen und Demonstrationen zum 1. Mai angemeldet. Doch das war vor dem Eintreten der sogenannten Corona-Krise. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) konnte sich nicht genug beeilen, alle seine angemeldeten Versammlungen - und somit der Tradition des 1. Mais - abzusagen. Gegen wenige Unbeugsame wurden in allen Bundesländern mit einem ganzen Paket von Maßnahmen sogenannte Allgemeinverfügungen oder Rechtsverordnungen erlassen. Alle diese Maßnahmen werden mit der aktuellen Pandemie des SARS-CoV-2 (Corona-Virus) gerechtfertigt. Seitdem lässt sich beobachten, dass immer mehr der Grundrechte, die im Grundgesetz festgehalten sind, eingeschränkt oder komplett ausgehebelt werden. Laut den Aussagen einiger Juristen ist wahrscheinlich nicht einmal mehr die Hälfte der Grundrechte in der deutschen Verfassung in Kraft.

 

Von all den Grundrechten ist besonders Artikel 8 des Grundgesetzes, das heißt das Versammlungsrecht, eingeschränkt und teilweise sogar komplett aufgehoben. Das heißt, was wir sehen, ist eine Einschränkung der demokratischen Rechte, die es zuletzt vor dem Ende des 2. Weltkriegs gegeben hat. Seitdem sich die Exekutive, also die ausführende Gewalt, über die Allgemeinverfügung und Rechtsverordnung immer mehr selbst bemächtigt hat und die Gewaltenteilung zu einem großen Teil ausgehebelt wurde, häufen sich auch Meldungen aus der gesamten Bundesrepublik über Verbote, Nichtgestattungen und unverhältnismäßige Polizeieinsätze gegen Versammlungen unterschiedlicher Art. Dies hat sich auch innerhalb der letzten vier Wochen eindrücklich in Bremen gezeigt. Während bereits eine Kundgebung am 21. März, das heißt vor dem Erlass jeglicher Allgemeinverfügungen oder Rechtsverordnungen, vom Ordnungsamt unter Berufung auf das Corona-Virus untersagt worden ist, und dieses Verbot mit einer unverhältnismäßigen Machtdemonstration der Polizei durchgesetzt wurde, hat sich dieser Trend auch in den Wochen danach fortgesetzt. Obwohl sich die Rechtsverordnung der Hansestadt Bremen nach §32des Infektionsschutzgesetzes bezüglich des Versammlungsrechtes liberal gibt, wurden Protestkundgebungen von Flüchtlingen gegen den unzureichenden Infektionsschutz in der Erstaufnahmestelle in der Lindenstraße trotz Einhaltung von Mindestabstand etc. durch ein Zusammenspiel von Ordnungsamt und Polizei untersagt und unterbunden; viele Beteiligte wurden mit Bußgeldstrafen belegt. Auch andere Proteste gegen die menschenunwürdige und unhygienische Unterbringung von Flüchtlingen in Griechenland wurden teilweise völlig unverhältnismäßig von der Bremer Polizei unterbunden. Der entsprechende Passus über die Versammlungsfreiheit in der Bremer Rechtsverordnung bedeutet nichts anderes, als eventuelle Anmeldungen von Versammlungen und die Gewährleistung des Versammlungsrechts – inklusive seiner Einschränkung und Aushebelung – in die Willkür der Bremer Ordnungsbehörden zu übergeben. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in der vergangenen Woche diese restriktive Politik gegenüber der Versammlungsfreiheit in der Bundesrepublik ausdrücklich gerügt und für unzulässig erklärt. Trotz gelegentlicher Änderungen einiger Landesregierungen in der Handhabung der Versammlungsfreiheit werden angemeldete Versammlungen weiterhin in einem Maße jenseits jeglicher Verhältnismäßigkeitmit Auflagen überzogen, sodass das Versammlungsrecht nur noch eine leere Hülle darstellt. In Hinblick auf den kommenden 1. Mai betrachten wir diesen Umgang mit dem fundamentalen Recht auf Versammlungsfreiheit in Bremen mit größter Sorge.

 

Trotz des allgemeinen Bruchs des DGB mit der (eigenen) Tradition, am 1. Mai zu demonstrieren, wurde auch für dieses Jahr die traditionelle 1.Mai-Demonstration angemeldet. Die Demonstration beginnt um 10:30 Uhr an der Kreuzung Osterdeich / Lüneburger Straße (Weserterrassen) und führt von dort durch das Bremer Viertel über die Sielwallkreuzung zum Domshof, wo die Abschlusskundgebung stattfindet. Aufgrund der diesjährigen Situation möchten wir ausdrücklich alle Pressevertreter sowie jeden Einzelnen, dem etwas an den demokratischen Rechten gelegen ist, einladen, an dem Aufzug teilzunehmen und/oder den Umgang der Bremer Ordnungsbehörden mit der Versammlungsfreiheit zu beobachten und zu dokumentieren. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen unter dieser Mailadresse zur Verfügung:

 

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Bündnis für den 1. Mai 2020 in Bremen