Wir veröffentlichen einen Bericht über den 1. Mai in Berlin, der uns zugeschickt wurde:
Rund um die S-Bahnhaltestelle Ahrensfelde, im Clara-Zetkin-Park und an der S-Bahnhaltestelle Marzahn tauchten in der Nacht zum 1. Mai Fahnen mit Hammer und Sichel darauf auf.
Bei der alljährlichen DGB-Demonstration, die in diesem Jahr am Platz der vereinten Nationen startete, fanden sich laut Polizei 6.000 Teilnehmer ein. Neben dem DGB und seinen acht Mitgliedsgewerkschaften, reihten sich im „klassenkämpferischen“ Block, welcher sich ganz hinten aufstellte, verschiedene Gruppen ein. Unter anderem war ein Transparent und eine Fahne des Roten Bund zu sehen.
Auf der Startkundgebung und auf dem Endplatz wurden Flugblätter mit der Gründungserklärung des Roten Bund verteilt. Ebenso wurde die Erklärung des Internationalen Kommunistischen Bund (IKB) zum 1. Mai verteilt. Die Flugblätter stießen auf großen Zuspruch unter den Teilnehmern und Passanten, und es entstanden einige Gespräche.
Die Demonstration verlief friedlich. Im hinteren Teil der Demo konnten einige kämpferische Parolen angestimmt werden. Doch spätestens am Endplatz entledigte sich die Veranstaltung jeglichem kämpferischen Ton: Vor dem Roten Rathaus standen zahlreiche Bratwurst- und Bierstände, die Stimmung glich der auf einem Rummelplatz. Auch Berlins neuer regierender Bürgermeister Kai Wegner wurde von der Bühne aus auf der Veranstaltung begrüßt – Die Zuschauer begrüßten ihn wiederum mit Buhrufen.
Die Revolutionäre 1. Mai Demonstration startete um 18 Uhr von der U-Bahnstation Boddinstraße, im Bezirk Neukölln. Der angedachte Endpunkt war der Oranienplatz im Bezirk Kreuzberg. Laut Polizei nahmen 15.000 Personen Teil, laut den Veranstaltern 20.000. Auch hier verteilten Aktivisten Flugblätter mit der Gründungserklärung des Roten Bund und der Erklärung des IKB zum 1. Mai.
Die Demoroute verlief über große Hauptstraßen wie die Herrmannstraße, und die Karl-Marx-Allee, aber auch durch engere Seitenstraßen mit Baustellen. Hier sperrte die Polizei, die insgesamt mit etwa 7100 Einsatzkräften unterwegs war, sämtliche Abzweigungen und „sicherte“ stellenweise auch die Häuserwände mit einem großen Aufgebot. Zudem standen Polizisten auf den Dächern und filmten die vorbeiziehende Demonstration ab. Ebenso kreiste ein Helikopter über Neukölln und Kreuzberg.
In der Sonnenallee wurden Aktivisten dabei gesichtet, wie sie aus dem Demonstrationszug heraus Hammer und Sichel Fahnen an Bäumen und Häusern befestigten.
Die Parole „Hoch die internationale Solidarität!“ war besonders oft zu hören, gefolgt von Parolen auf anderen Sprachen, wie beispielsweise türkisch und portugiesisch.
Das sogenannte „MyFest“ wurde dieses Jahr von der Stadt nicht genehmigt, sodass sich besonders in dem ehemals dafür angedachten Gebiet in Kreuzberg viele trinkende Schaulustige unter die Demonstranten mischten. Das „MyFest“ wurde ursprünglich von der Stadt Berlin gefördert, um die eskalierenden 1. Mai-Proteste in den frühen 2000er Jahren zu beruhigen.
Auch die neue „Kotti-Wache“ am Kottbusser Tor lag auf der Stecke zum Oranienplatz. Rund um die U-Bahnhaltestelle Kottbusser Tor sperrte die Polizei mit Gittern und Fahrzeugen alle Wege ab, die nicht auf der Demostrecke lagen, sodass es ein leichtes Spiel war, die Demonstranten von allen Seiten aus einzukesseln. Die Teilnehmer wurden zusammengedrängt, doch die Demo lief weiter. Kurz nachdem die Spitze des Demonstrationszuges an der „Kotti-Wache“ vorbeigezogen war und auf der Adalbertstraße stand, stoppte der Aufzug. Über eine halbe Stunde war für die Leute, die direkt vor der Wache und unter dem U-Bahnbogen eng an eng zwischen lauernden Polizisten standen nicht klar, wie die Situation ist. Schließlich wurde die Demonstration von den Veranstaltern beendet. Als Grund dafür geben sie an, dass die Polizei einen „Kessel“ auf dem Oranienplatz vorbereitet hatte, in welchen sie nicht rein laufen wollten. Wie einige Demonstrationsteilnehmer feststellten, hatten die Veranstalter den gleichen Fehler wie im letzten Jahr gemacht. Auch da gab es an der gleichen Stelle, vor allem unter und um die Kottbusser Brücke herum, eine ähnliche Situation. Einige Demonstranten ließen sich das und die darauf folgenden Schikanen der Bullen nicht ohne weiteres gefallen, und es wurden weiterhin Parolen gegen den Polizeistaat gerufen. Auch das Transparent und die Fahne des Roten Bund war bis zu Letzt in der Menge zu sehen, bis die Polizei handgreiflich wurde, um die Leute vom Platz zu räumen. Sie setzten die gleiche Taktik wie im Jahr zuvor ein: Nachdem die Menschenmenge umkreist war, liefen einzelne Gruppen an Polizisten durch die Menge und entzerrten diese somit. Wenn als nötig erachtet, wurden einzelne Menschen und Gruppen isoliert, und dann zusammengeschlagen, um sie dann festzunehmen. Auch wenn die Polizeipräsidentin Slowik zufrieden von einer vergleichsweise „friedlichen“ Abenddemonstration sprach, wurden 67 Personen festgenommen.