An der Autobahnraststätte Gräfenhausen wird schon wieder wild gestreikt. Wie wir bereits in drei verschiedenen Artikeln berichtet haben, streikten Mitte März rund 60 LKW-Fahrer auf der südhessesischen Autobahnraststätte Gräfenhausen für die Bezahlung ihrer ausgebliebenen Löhne. Die mehrheitlich aus Georgien und Usbekistan stammenden LKW-Fahrer die bei der polnischen Unternehmensgruppe Mazur angestellt waren, die mehrere Transportnehmen unterhält, wurden damals systematisch um ihre Löhne gebracht. Dabei ging es teilweise um Lohnraub in Höhe von 4000 Euro. Die Mazur-Unternehmensgruppe ist dafür bekannt u.a. auch Aufträge für große Monopolkonzerne wie Siemens oder Ikea zu fahren.

Damals errang der Kampf der LKW-Fahrer vor allem darüber bundesweite Aufmerksamkeit das im Anschluss an den Streikbeginn der polnischen Spediteur eine berüchtigte polnische „Detektivfirma“ anheuerte um den Wilden Streik zu brechen. Die „Detektivfirma“ entpuppte sich in der Praxis dann eher als Söldnerunternehmen, welches samt gepanzerten Fahrzeugen und allerlei Lumpen in schusssicheren Westen und paramilitärischen Uniformen zur Raststätte gefahren ist um die Streikenden einzuschüchtern und die LKWs wieder in die Gewalt der Unternehmensgruppe zu bringen. Diese streikenden LKW-Fahrer ließen sich seinerzeit aber nicht von den Drohungen und der Gewalt der Prügelgarde der Mazur-Gruppe einschüchtern und schlugen diese wortwörtlich in die Flucht, bevor die deutsche Polizei beide Seiten trennen musste. Nachdem Scheitern aller Einschüchterungsversuche seitens der Unternehmensgruppe errangen die Trucker dann einen Sieg auf ganzer Linie. Das Unternehmen Mazur verpflichtete sich schriftlich alle ausstehenden Löhne vollständig zu bezahlen. Zusätzlich wurde schriftlich festgehalten das keine rechtlichen Schritte gegen die Fahrer unternommen werden würden.

Nun streiken erneut über 120 LKW-Fahrer auf der Autobahnraststätte in Gräfenhausen. Hinzu kommt das der Wilde Streik auch auf die nahe Autobahnraststätte Pfungstadt-West ausgeweitet wurde. Bei dem Streik der LKW-Fahrer handelt es sich wieder um den Kampf gegen die Unternehmens- und Speditonsgruppe Mazur und wieder geht es um fehlende Lohnzahlungen, dieses mal sogar im Bereich von mehr als 10.000 Euro. Auch dieses mal kommen die 120 LKW-Fahrer mehrheitlich aus unterdrückten Nationen. So sollen unter ihnen wie beim letzten Wilden Streik viele Menschen aus Usbekistan und Georgien, dieses mal kommen auch viele LKW-Fahrer aus Tadschikistan, Kasachstan, Kirgistan, der Ukraine und sogar den Philippinen dazu. Dies zeigt einmal mehr wie die Profite von großen Monopolisten wie Siemens, Ikea, Volkswagen oder LKW Walter auch in den imperialistischen Ländern selber auf den Rücken von Arbeitern aus den unterdrückten Nationen erwirtschaftet werden. Teil dieses Systems welches Speditionen wie Mazur betreiben ist es LKW-Fahrer aus Nicht-EU Ländern als Scheinselbstständige mit sogenannten Müllverträgen zu beschäftigen und damit eine Möglichkeit zu haben sie besonders scharf auszubeuten. Dieses mal geht es den streikenden LKW-Fahrern aber nicht nur um nicht gezahlte Löhne, sondern auch um die miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen unter denen sie existieren müssen. So werden die LKW-Fahrer dazu gezwungen ihre gesetzlichen vorgeschriebenen Pausenzeiten nicht einzuhalten und müssen in ihren LKWs leben.

Wie beim letzten Mal will der DGB die Streikenden LKW-Fahrer angeblich unterstützen. Diese angebliche Unterstützung die durch die DGB-Initiative „Faire Mobilität“ vertreten wird sucht jetzt in Ansprache mit angrenzenden Kommunen einen Streikplatz für die Streikenden. Unter dem Vorwand der mangelhaften hygienischen Versorgungsmöglichkeiten und Unterkünfte sollen die Streikenden in eine Halle oder Großparkplätzen umziehen. Doch auch in den Interviews die der DGB dem FFH-Radio dazu gibt wird klar was der DGB wirklich will, nämlich den Druck den die Fahrer auch auf deutschen Boden erzeugen möglichst raus nehmen. Rastplätze seien laut Hessens DGB-Chef und Berufsdeutschen Michael Rudof dafür da, damit LKW-Fahrer dort rasten könnten und nicht damit sie dort streiken und das gehe so „natürlich“ nicht.

An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass es sich beim diesem wie beim letzten Streik nicht etwa durch einen vom DGB oder einen seiner Mitgliedsgewerkschaften organisierten Streik handelt, sondern um einen sogenannten Wilden Streik. Ein Wilder Streik ist nach Definition ein Streik der von den Arbeitern unabhängig von den Gewerkschaften geführt wird. In der BRD (und manchen anderen Ländern wie den USA) sind Wilde Streiks illegal, da man laut Gesetz dazu verpflichtet ist einen Streik durch eine Gewerkschaft führen zu lassen und zusätzlich auch nur während Tarifverhandlungen gestreikt werden darf. In der deutschen Rechtsprechung geht es dann sogar soweit das Streiks je nach Auslegung nur als sogenanntes „letztes Mittel“ und „verhältnismäßig“ eingesetzt werden dürfen. Deswegen ist der Wilde Streik in Gräfenhausen etwas besonderes. Denn momentan sind alle großen Gewerkschaften in der BRD, sogenannte gelbe Gewerkschaften. Also Gewerkschaften die nicht auf den organisierten Klassenkampf der Arbeiter für ihre Forderungen setzen, sondern auf Sozialpartnerschaft. Also auf Klassenkollaboration und Vermittlung zwischen Kapitalisten und Arbeitern. Das Ergebnis konnten wir in diesem Jahr in mehreren Streiks für Inflationsausgleiche sehen, die wie der Post-Streik von der Gewerkschaftsführung verraten wurden.

Derweil zeigen die Streikenden LKW-Fahrer welche Kampfbereitschaft in dem Wilden Streik liegt, wie man einem Zitat aus dem FFH-Radio entnehmen kann:„ „Als ich gehört habe, es wird wieder gestreikt in Gräfenhausen, habe ich mir gesagt, da mache ich mit", erzählt Vladimer Pilauris. Der stämmige Mann mit den silbergrauen Bartstoppeln und einer dunklen Jacke ist am Ende seiner Geduld angelangt. "Seit fünf Monaten warte ich auf mein Geld", sagt er. Der Arbeitgeber in Polen sei ihm mittlerweile 8.600 Euro schuldig. Er will nur noch das ausstehende Geld und dann nichts mehr mit dem Unternehmen zu tun haben.“