Im von der FDP geführten Bundesjustizministerium gibt es einen Vorstoß den Einsatz von sogenannten V-Leuten in einem neuen Gesetz erstmal rechtlich besonders zu regeln. Dabei soll es im geplanten Gesetzentwurf vor allem um Dokumentations- und Berichtspflichten gehen die seitens der Exekutivbehörden im Falle des Einsatzes von V-Leuten angewendet werden sollen. Auch sollen zukünftig Richter das Recht gewährt werden Vorbehalte gegen Einsätze von V-Leuten äußern zu können. Zum Beispiel dann wenn die Geldzuwendungen seitens des bürgerlichen Staates für diese V-Leute die primäre Einkommensgrundlage darstellen. Gegen diese Änderungen entwickelt sich nun eine sowohl öffentlich wie intern geführte Diskussion innerhalb der Exekutivapparate des bürgerlichen Staates, bei denen vor allem auch Polizisten aus NRW dagegen „Sturm laufen“ wie der Westdeutsche Rundfunk die Lage beschreibt.
Unter V-Leuten versteht man den Einsatz von sogenannten „Vertrauenspersonen“. Bei diesen Personen handelt es sich nicht um verdeckte Ermittler oder Mitglieder des Geheimdienstes, sondern um Mitglieder von Organisationen und Gruppen die der bürgerliche Staat überwacht und strafrechtlich verfolgt. Bei Lumpenbanden die der organisierten Kriminalität nachgehen bedeutet heißt das, dass es sich bei den V-Leuten um gewöhnliche Kriminelle handelt, also Drogendealer, Zuhälter oder Mitglieder einer Einbrecherbande welche gegen Geld mit dem bürgerlichen Staat zusammenarbeiten um beispielsweise ihre eigene Bande oder andere Strukturen der organisierten Kriminalität ans Messer zu liefern. Allerdings ist das nur ein Einsatzgebiet von V-Leuten. Denn diese „Vertrauenspersonen“ werden beispielsweise auch im Kampf gegen die revolutionäre und revolutionaristische Bewegungen eingesetzt, hierbei handelt es sich also schlicht und einfach um Verräter und Kollaborateure mit dem bürgerlichen Staat. Spitzel welche für Geld gegen die Revolution eingesetzt werden.
Die Diskussionsgrundlage für die Einführung eines solchen neuen Gesetzes welches die Exekutivbehörden in ihrem Umgang mit V-Leuten etwas an die Leine nehmen soll ist aber eine andere Tatsache. Denn diese V-Leute wurden in der Vergangenheit auch gerade in den Führungs- und Unterstützerkreisen von faschistischen Mörderbanden wie dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ und dem Netzwerk rund um den fundamentalistischen Attentäter Anis Amri angeworben. Bei diesen Einsätzen der sogenannten „Vertrauenspersonen“ ist bei der nachfolgenden Aufklärung dieser Strukturen klar geworden das sowohl Polizei als auch Geheimdienste durch ihre V-Leute tief involviert waren in den Aufbau, Finanzierung und Führung dieser reaktionären Strukturen. Und das in einem solchen Maße das es wohl für einige Vertreter der Bourgeoisie „zu bunt“ oder zu offensichtlich wurde wie das passiert ist. Das bedeutet das klar geworden ist das V-Leute nicht nur gegen Geld Informationen über Strukturen rausgeben die der bürgerliche Staat überwachen lässt, sondern auch das die V-Mann-Führer aktive Anweisungen geben welche Rolle, Pläne und Taten die V-Leute in diesen Organisationen durchsetzen sollen. Im Interesse des bürgerlichen Staates.
Das dieser Einsatz nun etwas kontrolliert werden soll ist nun nach WDR-Einschätzungen einigen Ermittlern und Staatsanwälte in NRW ein Dorn im Auge, die ihre Arbeit mit V-Leuten gefährdet sehen. In einer Stellungnahme gehen die Generalstaatsanwälte sogar soweit davon zu sprechen das der Entwurf den Einsatz von V-Leuten praktisch abschaffen würde. Und auch der NRW-Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter nennt den Gesetzesentwurf „einer der übergriffigsten“ die ihm begegnet sind. Schützenhilfe bekommt die Exekutive dabei auch vom deutschen Richterbund, welche eigentlich Vertreter der Judikative sind und in ihrer Kontrollfunktion eine abwägendere Haltung zu dem Thema haben könnten. Doch auch diese echauffieren sich darüber das das Projekt aus dem Bundesjustizministerium den Einsatz von V-Leuten erschweren und gefährden könnte.
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Vorgeschoben wird in diesen Argumentationen vor allem das die Dokumentationspflicht der V-Mann-Führung die eingesetzten Spitzel vor einer Enttarnung in Gerichtsprozessen nicht mehr ausreichend schützen würde und sich deswegen niemand mehr trauen würde seine Dienste an den bürgerlichen Staat zu verkaufen. Real wird es gerade Polizei und Geheimdiensten wohl eher darum gehen nicht mehr vollständig freie Hand dabei zu haben wie und für welche Zwecke sie die V-Leute nutzen.
Der Entwurf aus dem Bundesjustizministerium kann man also gewissermaßen als späte Lehre aus den NSU-Untersuchungsausschüssen interpretieren. Denn während der Jahre der NSU-Aufklärung bzw. Vertuschungsversuche durch die jeweiligen Untersuchungsausschüsse ist es „merkwürdigerweise“ innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums zu einem Massensterben von mindestens neun Zeugen gekommen, darunter auch V-Leute, welche alle auf verschiedene Arten und Weisen Informationen darüber besaßen wie Geheimdienste und Polizei in die Führung und den Aufbau des NSU involviert waren. Seinerzeit war diese Todesserie - man möchte besser sagen Aufräumaktion - so offensichtlich, dass teilweise selbst bürgerliche Medien eine staatliche Beteiligung an Beseitigung von Zeugen und V-Leuten nicht explizit ausschließen konnten.