Wir veröffentlichen den Aufruf des Roten Fraunkomitees Österreich zum Tag gegen Gewalt an Frauen, welcher sich vor allem an jene richtet, die sich heute im Kampf um die Emanzipation der Frau auf der Grundlage des proletarischen Feminismus zusammenschließen: 

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen 2017: Nieder mit dem Patriarchat! Schafft Rote Frauenkomitees!

Heute, am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, gehen rund um die Welt viele tausende Frauen auf die Straße um mit aller Kraft zu zeigen, dass Gewalt gegen Frauen kein Überbleibsel aus der Vergangenheit, sondern bis heute ein Mittel zur Unterdrückung und Ausbeutung der Frauen ist. In jedem Land gibt es heute mehr als genug Gründe, diesen Tag als Anlass dafür zu nehmen, um zu zeigen dass die Frauen sich mit dem herrschenden patriarchalen System nicht zufriedengeben, sondern mehr und mehr entschlossen sind und klarstellen: Eure Gewalt wird zu unserem Kampf!

Mit der Internetkampagne #METOO ist die Debatte rund um die sexualisierte Gewalt gegen Frauen wieder entbrannt. So gerechtfertigt diese Kampagne auch sein mag, ist patriarchale Gewalt gegen Frauen mehr als sexuelle Belästigung vorwiegend weißer, privilegierter Frauen. Auch für Teile der Regierung, der herrschenden Klasse ist #METOO annehmbar, geht es ja „nur“ um die individuelle Gewalt einzelner Männer. Es sind die gleichen Herren und Damen die Anfang Oktober das „Verhüllungsverbot“ beschlossen haben, ein Gesetz das zur verstärken Unterdrückung vor allem der muslimischen Frauen geführt hat. Ebenso sind sie es, die nun auch in Oberösterreich die kostenlose Kinderbetreuung abgeschafft haben, eine Maßnahme die vor allem die ArbeiterInnen wieder zurück in „die eigenen vier Wände“ drängt, ein unvergleichlich größerer Angriff auf die Rechte der Frauen, als es ein gewalttätiger Ehemann je vollbringen könnte. Auch wenn es mit der neuen Regierung höchstwahrscheinlich noch zu gesteigerten Angriffe auf die politischen und wirtschaftlichen Rechte der Frauen kommen wird, so dürfen wir nicht vergessen, dass es die letzte Regierung war, die das „Verhüllungsverbot“ und rechtlich ausgeweitete Möglichkeit des 12-Stunden-Tags eingeführt hat. Das sind nur einige Beispiele die uns klar machen sollten, dass die Gewalt gegen Frauen nicht nur ein „Vergehen“ einzelner Männer ist, sondern eine notwendige Begleiterscheinung der herrschenden Ausbeuterordung, die auf dem Rücken der Frauen ihre Profite aufzupolieren versucht.

Dass all diese Maßnahmen nicht einfach so hingenommen werden, hat vor allem die Großdemonstration vorwiegend muslimischer Frauen Anfang Jänner gezeigt, an der sich über 4.000 Frauen entschlossen beteiligt haben. Sie haben jegliches Vorurteil, von der „schwachen, zurückhaltenden Frau“ hinweggefegt, und klar gezeigt, dass viele Frauen heute schon die staatliche, politische Gewalt als ihren Hauptfeind erkannt haben. Einige selbsternannte „Feministinnen“ die in dieser Frage den Standpunkt der Herrschenden eingenommen haben, oder versuchten „neutral“ zu bleiben, haben sich damit zurecht als gute Diener des Patriarchats bewiesen, die versuchen die Frauen gegeneinander auszuspielen. Es sind vor allem die MigrantInnen und die Arbeiterinnen, die heute am meisten unterdrückt und ausgebeutet werden, ihr berechtigter Zorn und ihre Kraft haucht der Frauenbewegung in Österreich wieder mehr Leben ein und muss allen Feministinnen als wichtige Grundlage für einen verstärkten Kampf gegen das Patriarchat dienen.

Gewalt gegen Frauen drückt sich täglich tausendfach in den „eigenen vier Wänden“ aus und muss da selbstverständlich auch angeprangert und entschlossen bekämpft werden. Doch dürfen wir aber nicht übersehen, dass das Patriarchat sich zwar einerseits in vielen verschiedenen Formen individuell ausdrückt, hauptsächlich jedoch ein hartes Herrschaftsinstrument gegen die Masse der Frauen ist. Dass in der heutigen Frauenbewegung in Österreich so ein starker Fokus auf die individuelle Betroffenheit gelegt wird, spiegelt dabei nur den allgemein schwach entwickelten Klassenkampf in diesem Land wieder. Doch so wie es ist, bleibt es nicht – das weiß auch die herrschende Klasse nur zu gut! Warum sonst erweitern sie die Repressionsbefugnisse in rasendem Tempo, warum sonst lassen sie nun auch das Bundesheer die Aufstandsbekämpfung im eigenen Land trainieren? Sicher nicht weil sie denken, dass sie ruhigen Zeiten entgegengehen. Die herrschende Klasse erkennt die aufziehenden Gewitterwolken der zunehmenden Rebellion am Horizont. Das ist selbstverständlich, denn die Widersprüche zwischen Unterdrückten und Unterdrückern verschärfen sich zunehmend, und damit ist auch die politische und ökonomische Krise, in der das österreichische Kapital steckt, noch lange nicht vorbei. Auch für die Frauenbewegung müssen wir aus dieser Perspektive Schlüsse ziehen. Natürlich ist es der Bourgeoisie, der herrschenden Klasse, gerade in einer solchen Situation sehr gelegen, bürgerlich-individualistische Ansichten in der Frauenbewegung zu verbreiten, zu vertiefen und zu stärken. Sie wollen damit verhindern, dass die Frauenbewegung im Klassenkampf ihrer historischen und politischen Rolle bewusst wird: nämlich dass sie eine klare Position gegen die kapitalistische und imperialistische Ausbeutung und Unterdrückung bezieht, dass sie sich klar dazu bekennt, dass das Patriarchat nur umzuwerfen ist, mit der Umwerfung aller Ausbeutung und Unterdrückung durch das Kapital, was bedeutet, dass wir nur auf dem Weg zum Kommunismus, nur durch die Diktatur des Proletariats und der damit einhergehenden Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln, die Waffen finden können, mit denen wir unsere patriarchalen Ketten sprengen werden.

Diese Einsicht ist, im Gegensatz zur Selbstbezogenheit und zum Individualismus des bürgerlichen „Feminismus“, weltweit betrachtet gar nicht besonders „exotisch“. Sehen wir uns die am weitesten entwickelten revolutionären Kämpfe in internationalem Rahmen an: die Volkskriege in Indien, Peru, der Türkei und auf den Philippinen, dann sehen wir, dass keiner dieser Volkskriege auskommt ohne die überragende Beteiligung hunderttausender Frauen, sowohl als „einfache“ Kämpferinnen, als auch in der Führung dieser Revolutionen. Kämpfen diese Frauen etwa nicht einen Kampf, von dem es viel zu lernen gibt und der uns zum Beispiel gereichen sollte? Wir glauben schon! Sollten wir nicht auch etwas aus der Geschichte im eigenen Land lernen, aus den Kämpfen der PartisanInnen, ohne deren Taten viele Siege gegen den Nazifaschismus gar nicht möglich gewesen wären? Durchaus! Für viele der inmitten der Partisanen- und Volkskriege stehenden Frauen war und ist es nicht ungewöhnlich, dass sie, bevor sie zu bewussten Kommunistinnen oder Revolutionärinnen wurden, das Patriarchat in seinen ekelhaftesten und gewaltvollsten Ausdrücken auch individuell erlebten. Gerade diese Erlebnisse waren und sind jedoch nicht selten Grund dafür, das ganze patriarchale Schweinesystem gewaltsam umwerfen zu wollen, sich zum Kampf gegen das ganze politische System zu entschließen, das notwendigerweise mit dem Patriarchat einhergeht. Dieser Kampf gegen den Imperialismus und Patriarchat, ist ein Kampf der in Bezug auf die Frauenbewegung klar bedeutet: „Die Befreiung der Frauen, kann nur das Werk der Frauen sein!“, was einerseits heißt, dass wir Frauen uns selbst zusammenschließen, unsere Geschicke in die eigenen Hände nehmen und eigene Führerinnen hervorbringen müssen. Andererseits geht es gerade deshalb auch darum, die gemeinsamen Interessen der Unterdrückten und Ausgebeuteten zu sehen, den Klassenkampf klar zu sehen und diesem gemeinsamen Interesse folgend auch die proletarische Revolution, die Errichtung des Sozialismus als Ziel zu definieren. Dieses Ziel erfordert die Kommunistische Partei, die auch Führerin der Frauenbewegung sein muss, als Avantgarde des Proletariats. Unseren Kampf gegen alle Formen und Ausdrücke des Patriarchats von diesem Kampf zu „trennen“ versuchen, den Proletarischen Feminismus als etwas vom Klassenkampf und der Ideologie „Unabhängiges“ zu betrachten, führt jedoch ins gerade Gegenteil und lässt die Quelle patriarchaler Gewalt unangetastet.

Eine wichtige Lehre für den Kampf der Frauen gegen das Patriarchat sollte in diesem Jahr besonders die russische Revolution, die Große Sozialistische Oktoberrevolution 1917, sein. Diese brachte gerade deshalb entscheidende, noch nie davor gesehene Fortschritte im Kampf für die Emanzipation der Frauen, weil die Frauen als gewaltige Kraft der Revolution den alten Staatsapparat zerschlagen haben und gemeinsam mit dem Proletariat die neue Ordnung aufgebaut haben. Dieses große Ereignis sollte allen Feministinnen heute als gutes Beispiel dafür dienen, dass all ihre Anstrengungen, all ihre Arbeit auf die Eroberung der politischen Macht ausgerichtet werden muss und in diesem Sinne die Frauenbewegung zu entwickeln.

In Österreich gab es in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen der Frauenbewegung eine neue Qualität zu verleihen, und mit der Schaffung von Roten Frauenkomitees einen Ausdruck des proletarischen Feminismus in Österreich zu schaffen. All jene die heute die Emanzipation der Frauen anstreben, und vor allem jene die sich schon auf der Grundlage des Proletarischen Feminismus zusammengeschlossen haben, tragen eine besondere Verantwortung dafür überall dort wo die Voraussetzungen dafür vorhanden sind die Roten Frauenkomitees zu erweitern und zu reorganisieren, damit den Kampf für die weitere Entwicklung der Frauenbewegung im Dienste der Revolution mit ganzer Entschlossenheit voranzutreiben.

 

Rotes Frauenkomitee (Österreich)

November 2017