Ende Juni hielten sich in der BRD über 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf, knapp zwei Drittel davon sind weiblichen Geschlechts. Während die erwachsenen Männer, denen im Alter von 18 bis 60 Jahren die Ausreise aus der Ukraine grundsätzlich verboten ist, in vielen Fällen sich bereits ein bequemes Leben im Imperialismus eingerichtet haben – meist kommen sie natürlich auch aus gehobenen Verhältnissen in der Ukraine – führt der Weg nach Deutschland für die meisten Frauen und ihre Kinder in schwere Ausbeutung und Armut.
Bereits vor einiger Zeit berichteten der NDR und Panorama 3 von unterschiedlichen Ukrainerinnen, die in nicht-offiziellen Jobs ohne Rechte ausgebeutet werden, wie z.B. einer Frau aus dem Westen der Ukraine, die über eine Agentur an den Sohn einer dementen 90-Jährigen aus dem Hamburger Vorort Seevetal vermittelt wurde, um diese als 24-Stunden-Pflegerin zu betreuen. Der Sohn zahlte knapp 1000 Euro an die Agentur, und diese nahm zudem mehr 1600 Euro Zuschüsse von der Pflegeversicherung ein; die ukrainische Arbeiterin, die als unregistrierte Geflüchtete ohne Arbeitserlaubnis gezwungen war, das widerliche Angebot zu dieser Beschäftigung anzunehmen, bekam überhaupt keinen Lohn ausgezahlt. Die Agenturen, die hier die Vermittlung übernehmen, schauen gezielt auf Osteuropäerinnen, und in dieses Zeiten insbesondere auf ukrainische Kriegsflüchtlinge, denen für den Moment jedes Angebot recht ist. So ist die Beschäftigung ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis natürlich illegal und fällt entsprechend nicht unter die Kontrolle des Staates, obgleich die Agenturen gegenüber den unwissenden Frauen Gegenteiliges behaupten. Über einen ähnlichen Fall berichtete der „Report Mainz“ bereits kurz nach Kriegsbeginn: Eine Ukrainerin, die schon einige Monate vor Kriegsbeginn, als die Invasion sich bereits abzeichnete, nach Deutschland gekommen war und anstelle ihrer drei parallelen Jobs in der Ukraine, mit denen sie dort ungefähr 150 Euro im Monat, ohne jeglichen freien Tag verdiente, nun in der 24-Stunden-Pflege arbeitete. Dort zahlten die Kinder der zu pflegenden Person knapp 2400 Euro an die polnische Vermittlungsagentur – 900 Euro davon kamen als Nettolohn für die Frau an. Sie verlor nach Kriegsbeginn für einige Tage den Kontakt zu ihren Kindern und berichtete:
„In Deutschland kann ich wenigstens etwas mehr Geld verdienen. Die Menschen, bei denen ich arbeite, sind schwer pflegebedürftig. Das ist Schwerstarbeit. Ich weine fast jeden Tag, aber ich beiße auf die Zähne. Ich vermisse meine Familie, meinen Sohn.“
Der NDR berichtet auch von einer 51-Jährigen aus der Ostukraine, die letzten Oktober nach Deutschland kam, sich in Hamburg als Geflüchtete registrieren ließ und Arbeit als Putzkraft auf einem Kreuzfahrtschiff in der Meyer Werft in Papenpurg fand, wo bereits im zweiten Monat die Gehaltszahlungen ausblieben. Die gelernte Metallarbeiterin war bei der Firma Akkoc aus Hannover angestellt, welche die Meyer Werft quasi als Subsubunternehmen beauftragte. Drei Monate lang wartete sie auf ihr Geld, untergebracht durch Akkoc in ein altes Haus im niedersächsischen Peine, wo sie sich zeitweise mit vier anderen Frauen ein Zimmer teilen musste. Die genannten Beispiele geflüchteter ukrainischer Frauen haben die Gemeinsamkeit, dass eine Unterkunft stets gestellt ist, d.h. dass garantiert ist, dass die Arbeiterinnen inmitten der miserablen Bedingungen das nötigste, was man braucht, um zu überleben, um am nächsten Tag wieder arbeiten zu können, bekommen, sodass die Agenturen und Subsubunternehmen, die am Ende dem deutschen Imperialismus unterstehen, den Lohn drücken bzw. die Zahlung auslassen können. Mit aller Brutalität dämmen die deutschen Imperialisten, und hier besonders Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Auswirkungen der Krise auf die nationale Ökonomie ein. Unverzichtbar, um das durchzusetzen, ist die Spaltung der Arbeiter nach ihrer Nationalität bzw. „Herkunft“.
Von einem weiteren Fall berichtet das Wirtschaftsmagazin Business Insider (dort sind zudem Kurzberichte über weitere Ukrainerinnen, die in Düsseldorf und Hannover für 97 Cent die Stunde und 200 Euro im Monat als Putz- und Logistikkraft gearbeitet haben, aufgeführt). Eine 20-jährige Ukrainerin, die im März 2022 vor den russischen Panzern aus ihrer Heimatstadt Romny in der Ostukraine geflüchtet war und unterwegs in Polen für vier Euro die Stunde in einer Fabrik gearbeitet hatte, folgte in Deutschland einem Angebot in einer Bäckerei in Esslingen am Neckar eines scheinbar gutherzigen Menschen, Maximilian H., der Geflüchteten aus der Ukraine ein „gutes Leben“ mit 8-Stunden-Tag und täglich 100 Euro Lohn plus Unterkunft „ermöglichen wollte“. Nach kurzer Zeit begann er dann, die drei ukrainischen Frauen dort pausenlos auf Abruf zu beschäftigen, d.h. insbesondere nachts zum Aufbacken der Ware zu schicken,zu jeder Tageszeit sie anzurufen, und den Lohn nicht zu zahlen: „Bezahlt hat er uns nur, wenn wir ihn anflehten, uns Geld zu geben, wenn uns das Essen ausging“. Maximilian H. ließ sie nicht mehr zum Rauchen vor die Tür gehen, sperrte ihren Bereich mit Sichtschutzfolie ab und schließlich sie im Gebäude ein, um die Ausbeutungsverhältnisse vor den Nachbarn zu verstecken. Obgleich er für die Unterkunft 1100 Euro Miete bezahlte, zog er den drei Frauen jeweils 600 Euro Wohnkosten von ihrem Lohn ab, womit der Stundenlohn bei ca. 3,30 Euro lag – 12,50 Euro waren die „Vereinbarung“. Als sich die junge Ukrainerin beschwerte, rastete der Bäcker aus und warf sie unter Androhung körperlicher Gewalt raus.
Die Bäckerei in Esslingen