In der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember soll die Essener Polizei laut ihrem Pressebericht während eines Einsatzes in Altendorf eine afrikanische Bar Ecke Siemenstraße/Altendorfer Straße gestürmt haben. Der Einsatz soll zu einer großen Schlägerei, verletzten Bullen und mehreren Strafverfahren geführt haben.
Altendorf ist ein migrantischer Arbeiterstadtteil in Essen und stark durch Armut geprägt. Immer wieder kommt es dort zu Gewaltsituation, entweder durch Polizeikräfte oder durch verschiedene Lumpenbanden, die dort ihr Unwesen treiben. Besonders auf der Ecke der besagten „Pan-African Survivor“ Bar. Zum Beispiel fand dort im Sommer diesen Jahres eine große Straßenschlacht zwischen verfeindeten Lumpenbanden statt, an der circa 100 Leute teilgenommen haben und die mit einem Messer im Hals von einem von ihnen endete. Aber auch die Bullen geben ihr Bestes, die Straßen unsicher zu machen. So war im Zuge dieser Straßenschlacht das ganze Viertel mehrere Wochen über quasi besetzt durch die Bullen, man hat fast in jedem Moment mindestens einen Wagen die Altendorfer Straße hoch und runterfahren und einen zweiten in einer der Nebenstraßen stationiert gesehen. Der Waschsalon, der sich direkt neben der Bar befindet, war beispielsweise in dem Video vom Fall Adel B. zu sehen, als sich der deutsch-algerische Adel ein Wortgefecht mit den Bullen auf offener Straße lieferte. Während einem psychischen Ausnahmezustand drohte er sich selbst umzubringen und rief deshalb die Polizei als Hilferuf. Kurz darauf ging er, verfolgt von den Bullen, nach Hause, wo er von ihnen durch die Haustür hindurch ermordet wurde. Polizeigewalt und -schikane sind dem Ort, an dem die gestürmte Bar liegt, also keinesfalls fremd.
Der Einsatzbericht der Bullen über den Vorfall sagt eigentlich alles, was man wissen muss. Nicht auf Grund irgendwelcher besonders wertvollen bzw. vertrauenswürdigen Informationen im Bericht selbst, nein. Sondern allein auf Grund der Tatsache, wie die Bullen sich dazu entschieden haben, ihren Bericht zu verfassen und den ganzen Einsatz in Szene zu setzen. Der Titel der Pressemitteilung lautet „Erst Freund, dann Feind – Vom Lebensretter zum Prügelknaben“ und bringt das Framing der Polizei gut auf den Punkt. Zu Beginn schreiben sie erst über ein Heldenmärchen, in welchem sie einem bewusstlosen Mann durch eine perfekt ausgeführte Herzdruckmassage das Leben gerettet haben wollen, bevor sie dann zum eigentlichen Vorfall bei der Bar schreiben. Dabei heulen sie aber auch nur rum, von den Leuten eins auf die Mütze bekommen zu haben. Die tatsächliche Glaubwürdigkeit ihrer einleitenden Retter-Story ist allein deshalb in Frage zu stellen, weil man es viel eher gewohnt ist, dass die Polizei Notarzt und Rettungskräfte bei erster Gelegenheit wegschickt oder sie erst dann die Personen behandeln lassen, wenn es schon längst zu spät ist. Aber ob die Geschichte nun wirklich so stattfand oder nicht, ist dabei nicht das Entscheidende. Anscheinend sehen sich die Bullen genötigt, sich erst als große Lebensretter in Szene zu setzen und versuchen mit ihrem tollen Engagement zu punkten, bevor sie über den Einsatz berichten um den es eigentlich geht, um so verzweifelt ihr Image aufzupolieren und davon abzulenken, dass es sich lediglich um einen weiteren Fall üblicher Polizeischikane gegen das Volk handelt.
Im Gegensatz dazu, wie sich die Bullen selbst inszenieren, tritt die Polizei in Essen in Wahrheit wie eine Besatzungsmacht auf. Das hat sich nicht nur nach dem erwähnten Vorfall im Sommer gezeigt, sondern auch ihr jetziger Einsatz beim „Pan-African Survivor“ ist Ausdruck genau davon. Sie schreiben in ihrem Bericht von der Benutzung des „Einsatzmehrzweckstocks“ und „Reizstoff“ – also Knüppel und Pfefferspray – wenn sie von ihrem eigenen Gewalteinsatz schreiben. Gleichzeitig bezeichnen sie sich aber selbst als die „Prügelknaben“, die ungerechte Gewalt gegen sich erfahren haben. Was sollen das denn für „Prügelknaben“ sein, die selbst kaum die Finger vom Schlagstock lassen können?
Wenn sich die Massen gegen die andauernde Schikane die die Bullen gegen sie ausüben wehren, dann ist das völlig gerechtfertigt. Keine billige Sobstory der Bullen ändert was daran. Sie können sich nicht ewig einfach alles mögliche herausnehmen, wenn sie in unseren Vierteln unterwegs sind, ohne auch ab und zu mal ein wenig Gegenwind erwarten zu müssen.