Am Wochenende fand in den Gießener Hessenhallen das „Eritrea-Festival“ statt, wobei es zu Ausschreitungen und Kämpfen von Gegendemonstranten gegen die Polizei kam. Am Samstag wurden nach Presseangaben 28 der über 1000 eingesetzten Polizisten verletzt, jeweils ca. 100 Personen seien in Gewahrsam genommen sowie Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, die Polizei sprach von „massiven Angriffen“ seitens der Protestierenden und setzte Pfefferspray und Knüppel ein. Im Stadtgebiet wurde der Busverkehr ausgesetzt.
Die Proteste fanden statt, weil das Fest der reaktionären Regierung Eritreas als Propagandabühne sowie Finanzierungsquelle dient. Während knapp 2000 Menschen Samstag am Fest teilnahmen, waren für Freitag und Samstag Gegendemonstrationen mit etwa 300 erwarteten Teilnehmern angemeldet. Am Freitag war die Demo durch die Polizei noch gestoppt und aufgelöst worden, am Samstag setzten sich die Protestierenden entschlossen zur Wehr. Bereits letztes Jahr hatte es Angriffe auf das Fest mit Steinen, Schlagstöcken und Messern gegeben, weshalb das Polizeiaufgebot vergrößert und die Veranstaltung zuerst von der Stadt untersagt worden war, bis das Gericht kürzlich diese Entscheidung kippte.
Das faschistische Regime Eritreas mit Isayas Afewerki (offiziell seit 30 Jahren Interimspräsident) hat seine Wurzeln im Revisionismus in der nationalen Befreiungsbewegung, der nach der Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien 1993 die Staatsmacht erlangte und heute, hauptsächlich als Lakai des chinesischen Imperialismus, das Land unter den grausamsten Bedingungen ausverkauft; für erwachsene Männer herrscht in der Regel unbefristeter Zwangsdienst im Militär bzw. als Arbeiter an unfreiwilliger Stelle.
Dass das Gericht einmal mehr die einzige Instanz war, die die bürgerlichen Freiheiten entgegen einer rechtlich fundamentlosen Verordnung verteidigte, woran die Tatsache, dass es eine reaktionäre Veranstaltung ist, nichts ändert, zeigt die Zentralisierung der Macht in die Hände der Exekutive und in dieser Frage besonders die Beschränkung des Parlaments. Dass es der Bourgeoisie wichtig war, das Fest zu verhindern, um weiteren Konflikten aus dem Weg zu gehen, äußert sich in einer Stellungsnahme von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU), der sagt: „Der eritreischen Regierung muss deutlich gemacht werden, dass eritreische Konflikte nicht auf deutschem Boden ausgetragen werden dürfen. Unsere Polizistinnen und Polizisten sind nicht der Prellbock für Konflikte von Drittstaaten.“
Der deutsche Imperialismus muss die Situation handhaben, denn obgleich sich hier die Gelegenheit bietet, die Polizei im Rahmen der Militarisierung in der Anwendung reaktionärer Gewalt gegen die Kämpfe der tiefsten und breitesten Massen zu schulen, muss er vermeiden, das Bild zu erwecken, er unterstütze den „autokratischen Staat“, der neben der Feindschaft mit Äthiopien, bei dem Deutschland der größte Kaffeeimporteur ist, unter anderem auch „schwierige Beziehungen“ zu den USA hat. Dennoch zeigen die Steine, Flaschen und Rauchbomben, die ihnen entgegenflogen, dass die ausgebeuteten und unterdrückten Massen voll Klassenhass sowohl auf die Lakaienherrscher in Eritrea als auch auf die Bourgeoisie in den imperialistischen Ländern sind. Dass diese Tatsache nun von der bürgerlichen Presse für abermals massive Verbreitung von imperialistischem Chauvinismus, um die Arbeiter zu spalten, ausgeschlachtet wird, sollte selbstredend sein.