Am letzten Donnerstag, dem 14. Januar hatte in Mannheim der Auftakt eines Gerichtsprozesses gegen zwei Polizisten begonnen, welche am 2. Mai 2022 in der Mannheimer Innenstadt einen 47 Jahre alten psychisch kranken Mann öffentlich zu Tode prügelten.
Die Ausgangslage war jene, dass der 47 Jahre alte Ante P. welcher unter psychischen Erkrankungen in Form von paranoider Schizophrenie litt und sich in daher in dem nahegelegenen Zentralinstitut für psychische Erkrankungen (ZI) in Behandlung befand, dieses verließ und sich weigerte in die Psychiatrie zurückzukehren. Da sein behandelnder Arzt befürchtete, dass er sich selbst verletzen könnte, rief er die Polizei an, damit sie ihn in die Psychiatrie zurückbringen. Die beiden Cops welche dann bei Ante eintrafen, begannen laut Augenzeugen unvermittelt damit ihm Pfefferspray ins Gesicht zu sprühen, worauf er versuchte wegzulaufen. Allerdings bekamen sie ihn am Marktplatz doch zu greifen und brachten ihn gewaltsam zu Boden. Während sie ihn dort fixierten schlug einer der Bullen Ante mehrfach mit Quarzhandschuhen mit voller Wucht auf den Kopf und ins Gesicht. Anschließend drückten sie weiterhin ihn brutal auf den Boden. Daraufhin kollabiert Ante und ist nicht mehr Ansprechbar. Kurze Zeit darauf stirbt er in der Universitätsklinik.
Als Todesursache wurde durch die Obduktion seines Leichnams eine „Lage- und fixationsbedingte Atembehinderung mit konsekutiver Stoffwechselentgleisung in Kombination mit einem Ersticken durch eine Blutung in die oberen Atemwege“ festgestellt. Oder in einfach gesagt: Die Schläge der Bullen haben bei Ante Blutungen ausgelöst, wodurch Blut in Hals und Rachen gelangte und aufgrund der lang andauernden brutalen Fixierung ist Ante letztlich an seinem Blut erstickt.
Das ist auch, was den angeklagten Bullen vorgeworfen wird. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen einerseits vor, Ante während der Fixierung auf eine Weise fixiert zu haben, welche dazu führte, dass seine Atemwege dabei blockiert wurden. Auf der anderen Seite wird ihnen aber auch vorgeworfen, dass die Gewaltanwendungen in Form von Schlägen und Pfefferspray nicht gerechtfertigt gewesen seien. Demnach wirft die Staatsanwaltschaft einem beteiligten Bullen Körperverletzung mit Todesfolge im Amt und dem anderen fahrlässige Tötung durch Unterlassen vor.
Die Verteidigung der Mörder-Bullen stellte gleich zu Beginn des Gerichtsprozesses die gesamte Anklage in Frage. Die zynische Argumentation der Verteidigung ist dabei, dass der Tod nicht durch die Bullen verursacht wurde. Der Mann sei schwer herzkrank gewesen und das Blut aus der Nase habe den Erstickungstod nicht verursachen können. Und rein zufällig starb Ante, just in dem Augenblick, als zwei Bullen auf ihm knien welche ihm zuvor mit einer Schlagwaffe ins Gesicht und auf den Kopf schlugen.
Als die Gerichtsverhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht Mannheim beginnt, ist das Interesse an dieser groß. Eine Menschenmenge steht vor dem Eingang des Gerichtsgebäudes. Einige protestieren, andere wiederum wollen den Prozess hingegen auch kritisch begleiten. Es kommt zu verschärften Einlasskontrollen. Ein Grund für das große Interesse an der Verhandlung wird an den Protesten liegen, welche nach Antes Ermordung entstanden. Unmittelbar nach Antes Tod gründet sich die Initiative 2.Mai, welche von damals bis heute um Gerechtigkeit für Ante kämpft. Auch fand unmittelbar nach dem Mord am darauffolgenden Wochenende eine große und kämpferische Demonstration in Mannheim statt, über welche hier bereits berichtet wurde. Während der Demonstration kam es aus dieser heraus zu mehreren Angriffen auf die Polizei und auch auf das Polizeirevier in welchem die Mörder von Ante beschäftigt sind, was von vorbeilaufenden Passanten mit lautem Jubel begrüßt wurde.
Sosehr es von den Herrschenden in solchen Fällen auch immer wieder versucht wird darzustellen, so war die Ermordung von Ante jedoch kein Einzelfall und das schon gar nicht in Mannheim. Erst acht Tage später starb dort wieder ein Mensch bei einem Polizeieinsatz. Wiedereinmal handelte es sich um jemanden in einem psychischen Ausnahmezustand. Besagte Person soll ein Messer gehabt und gedroht haben sich damit selbst zu verletzen. Um dem wohl zuvorzukommen, schossen die anwesenden Bullen kurzerhand auf ihn. Kurze Zeit danach starb die Person. Laut dem Obduktionsbericht der Staatsanwaltschaft starb er aber angeblich nicht an den Kugeln der Polizei, sondern an Verletzungen, welche er sich zu diesem Zeitpunkt mit dem Messer selbst zufügte. Die Ermittelungen wurden eingestellt.
Dazu schreibt die Initiative 2. Mai: „Wir glauben, dass im ersten Fall die Ermittlungen nur fortgeführt wurden, da die Polizeiversion aufgrund von etlichen Handyvideos und veröffentlichten Zeugenaussagen unhaltbar wurde. Der zweite Fall wurde aufgrund fehlender Öffentlichkeit einfach eingestellt.“
Erst vor ein paar Wochen machte erneut ein Fall öffentliche Schlagzeilen, in welchem ein Mann im Mannheimer Stadtteil Schönau von den Cops auf offener Straße erschossen wird. Der Mann hieß Ertekin und er befand sich zum Zeitpunkt seines Todes ebenfalls in einer psychischen Ausnahmesituation. In einer Hand hielt er ein Messer, was die Bullen zum Anlass nahmen, ihn von mehreren Metern Entfernung aus, mit vier Schüssen zu erschießen. Nachbarn welche diesen Vorfall beobachteten Bezeichneten die Aktion der Bullen in der bürgerlichen Presse als eine „regelrechte Hinrichtung. Auch darüber wurde hier berichtet.
Das es also im Fall von Ante zu einem Prozess gegen die Täter kommt, ist keine Normalität. Wir haben eine lange Liste von Beispielen bei welchen dies nicht so ist. Es sei erinnert an Fälle wie der von Mehmet B, Qosay K, Giorgos Z. Oder auch der Fall von Adel B, wo die Bullen nach wie vor Personen und Proteste angreifen, welche diesen Fall öffentlich als Polizeimord denunzieren.
Im Fall von Ante ist ein wichtiger Faktor, dass der Mord öffentlich mitten in der Innenstadt stattfand und die Polizei dabei von zahlreichen Menschen live gesehen und auch gefilmt wurde. Der zentrale Grund dafür, dass es überhaupt so weit kam, dass ein Prozess stattfindet, war aber nicht nur allein die Aufmerksamkeit, welche die zahlreichen Videos des Mordes in den sozialen Medien auf sich zogen, sondern vor allem auch der entschlossene Kampf gegen die Gewalt der Polizei und die erhobene Forderung nach Gerechtigkeit für ihre Opfer. Ohne diesen Kampf wäre es wahrscheinlich nicht einmal so weit. Doch allein der Fakt, dass nun die mordenden Bullen vor Gericht stehen bedeutet nicht, dass es auch Gerechtigkeit für Ante geben wird. Was wir am Beispiel des jahrelangen bekannten Prozesses nach dem Mord an Oury Jalloh sehr deutlich sehen können, ist, dass der Staat in seinen verschiedenen Institutionen, sowohl in Polizei als auch in Justiz, mit allen Mitteln versucht seine prügelnden und mordenden Kettenhunde zu schützen. Ob es also in diesem Fall tatsächlich zu einer Verurteilung der Täter kommen wird bleibt abzuwarten. Die einzige Möglichkeit dafür das es so geschehen wird besteht darin, nicht locker zu lassen, im Widerstand keinen Meter nachzugeben und weiterhin mit aller Entschlossenheit um Gerechtigkeit für Ante P. zu kämpfen.